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Berlin von oben Blick von der Siegessäule auf das Brandenburger Tor und das Rote Rathaus.

© IMAGO/Wolfgang Maria Weber/imago

DOSB beschließt weiteren Fahrplan: Was für Berlin als deutschen Olympia-Bewerber spricht – und was dagegen

Kurze Wege, kompakte Spiele und möglichst hohe Zustimmungswerte sind wichtig für die Kür des deutschen Olympia-Bewerbers. Berlin hat hier noch Arbeit vor sich, doch einiges spricht für die Hauptstadt.

Stand:

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat am Samstag mit fast 100 Prozent Zustimmung jene Kriterien verabschiedet, nach denen entschieden werden soll, welche deutsche Stadt oder Region sich international um Olympische und Paralympische Spiele für 2036, 2040 oder 2044 bewirbt.

DOSB-Präsident Thomas Weikert sprach nach dem Beschluss von „vier sehr starken Bewerbungen“, aus denen am Ende „die stärkste als Sieger hervorgehen“ werde. Die neuen Vorgaben machen zugleich deutlich, dass die vier Bewerber mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen in den Wettbewerb gehen.

Für Berlin ergibt sich daraus ein differenziertes Bild. Die Hauptstadt bringt eine enorme internationale Sichtbarkeit mit, was in den neuen Vorgaben ausdrücklich als Teil der „internationalen Dimension“ bewertet wird. Gleichzeitig zeigen die Kriterien, dass Berlin in den kommenden Monaten vor allem in der operativen Planung gefordert ist. Hier liegt München aktuell vorne, weil es ein deutlich kompakteres Konzept vorgelegt hat.

Trotzdem glaubt Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner: „Berlin hat sehr gute Chancen. Wir haben schon bei der Vorstellung des Konzepts Berlin+ im Mai dieses Jahres gesagt, dass wir das Konzept weiterentwickeln wollen und werden. Als Hauptstadt und Sportmetropole Deutschlands hat Berlin eine internationale Strahlkraft – und genau das wollen wir bei den Olympischen Spiele zeigen.“

Olympisches Dorf soll mehr Athleten beherbergen

Die Bewertung des DOSB gliedert sich in fünf Bereiche: internationale Wettbewerbsfähigkeit, nationale Akzeptanz, sportfachliche und operative Eignung, Vision und Nachhaltigkeit sowie Kosten. Besonders entscheidend ist die operative Eignung. In ihr fließen die Reisezeiten der Athletinnen und Athleten, das Eventpotenzial der Austragungsorte sowie die Qualität der Infrastruktur ein. Die Wegezeiten besitzen das höchste Gewicht innerhalb dieses Blocks.

In Berlin soll ein Olympisches Dorf für 16.000 Sportlerinnen und Sportler neben dem Messegelände zwischen den S-Bahnhöfen Grunewald und Westkreuz entstehen. Damit ließen sich knapp 75 Prozent der Athletinnen und Athleten unterbringen. Die Vorgabe des DOSB liegt bei mindestens 70 Prozent, München plant mit rund 90 Prozent, Köln/Rhein-Ruhr sogar mit 95 Prozent.

Wir müssen uns unser Konzept dahingehend ansehen, wie wir noch mehr zusammenführen können und für noch mehr Kompaktheit sorgen.

Kaweh Niroomand, Berlins Olympiabeeauftragter

Dass Berlins ursprünglicher Plan mit deutlich dezentraleren Spielen angepasst werden muss, weiß auch Berlins Olympiabeauftragter Kaweh Niroomand: „Wir müssen uns unser Konzept dahingehend ansehen, wie wir noch mehr zusammenführen können und für noch mehr Kompaktheit sorgen“, sagt er. Allerdings wolle man an der Grundidee einer nationalen Bewerbung unter Beteiligung von vier Bundesländern festhalten. Klar sei allerdings, „dass wir die Konzentration der Athleten in Berlin erhöhen wollen. Da gucken wir, wie wir nachbessern können.“

Ein zweiter Blick gilt der räumlichen Struktur. Der DOSB hat bereits in der ersten Prüfphase festgestellt, dass kompakte Konzepte Vorteile besitzen und Doppelstrukturen reduziert werden müssen. Für Berlin bedeutet das, stärker innenstadtnah zu planen, etwa am Tempelhofer Feld, am Spreeufer, an der Straße des 17. Juni oder in etablierten Arenen innerhalb des S-Bahn-Rings. Diese Flächen bieten kurze Wege und sind für große Veranstaltungen erprobt.

Auch die nationale Akzeptanz fließt in die Bewertung ein. Bundesweit unterstützen laut einer Forsa-Umfrage aus dem November 72 Prozent der Befragten eine Olympiabewerbung. In München haben sich zuletzt 66,4 Prozent der Bevölkerung für Olympia ausgesprochen, Hamburg und Rhein-Ruhr stimmen im kommenden Frühjahr ab.

Wie Berlin im Vergleich dasteht

Berlin kann aufgrund der Landesverfassung kein Referendum durchführen und muss politische Zustimmung daher über Beschlüsse, Bürgerdialoge und repräsentative Umfragen organisieren. Das ist ein Faktor, der im Vergleich weniger Punkte bringt und angesichts der Gefahr eines möglichen Volksbegehrens gegen Olympia nach den Abgeordnetenhauswahlen im September 2026 sogar entscheidend werden könnte. Niroomand hofft, dass sich der DOSB „nicht von der Drohung einer Anti-Gruppe“ beeinflussen lässt, weiß aber um das Risiko.

Ein Vorteil der Hauptstadt liegt in der sportartspezifischen Bewertung. Die deutschen Spitzenverbände prüfen die Konzepte ebenfalls und beziehen dabei ihre Erfahrungen ein. Berlin hat in den vergangenen Jahren zahlreiche internationale Sportgroßereignisse ausgerichtet und genießt bei vielen Verbänden eine gute Reputation. Dieser Punkt dürfte in der Detailbewertung hilfreich sein.

Im Bereich der internationalen Wettbewerbsfähigkeit besitzt Berlin klare Vorteile, auf die die Stadt setzen kann: „Wir wären aus dem Stand in der Lage, sowohl die touristische wie die sportliche Seite zu meistern, weil wir die sportliche Infrastruktur genauso haben wie die benötigten Hotelkapazitäten“, sagt Niroomand. Klar ist: Keine der anderen Bewerberstädte verfügt über eine ähnlich starke globale Marke, was in den Kriterien direkt berücksichtigt wird.

Unter dem Strich bringt Berlin internationale Strahlkraft und organisatorische Erfahrung, muss aber im Bereich der Kompaktheit, der zentralen Unterbringung und der Akzeptanz in der Bevölkerung noch Pluspunkte sammeln. Die nun beginnende Phase wird entscheidend dafür sein, ob Berlin im finalen Auswahlverfahren im September 2026 konkurrenzfähig genug erscheint.

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