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Biathlon-Weltmeisterin nach zahllosen Rückschlägen: Das schier unglaubliche Comeback der Franziska Preuß
Die Bayerin wurde während ihrer Karriere immer wieder von Infekten ausgebremst, mehrfach musste sie auch mentale Auszeiten nehmen. Dass die WM in der Schweiz ihre Festspiele sind, hat seine Gründe.
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Nachdem Denise Herrmann-Wick 2023 ihre Karriere beendet hatte, stellte sich die Frage, welche deutsche Biathletin fortan die Frontfrau des Deutschen Skiverbandes (DSV) sein könnte. Selina Grotian, die im März 21 Jahre alt wird, nahm damals gerade erst Anlauf für ihre Karriere bei den Erwachsenen. Vanessa Voigt oder Janina Hettich-Walz zählten am ehesten zu den potenziellen Nachfolgerinnen.
Während Hettich-Walz demnächst ihr erstes Kind erwartet, hatte Voigt immer wieder mit seelischen und physischen Leiden zu kämpfen und musste zuletzt ihr Pensum reduzieren. Bei der WM in Lenzerheide derzeit ist sie nicht dabei. Dafür steht Franziska Preuß nun im Zentrum der Aufmerksamkeit.
Die WM-Wettkämpfe in der Schweiz sind bislang ihre Festspiele. Nach Bronze in der Mixed-Staffel und Silber im Sprint gewann sie nach einem nahezu perfekten Rennen Gold in der Verfolgung. Am Dienstag besteht die Chance auf eine weitere Medaille im Einzel über 15 Kilometer (15.05 Uhr, ZDF und Eurosport).
Preuß wurde immer wieder von Infekten geplagt
Aufgrund der bisherigen Leistungen in diesem Winter ist diese Krönung fast eine logische Konsequenz, Preuß führt nach vielen Podestplätzen auch den Gesamtweltcup an. Nach dem Verlauf ihrer bisherigen Karriere allerdings kommt diese anhaltende Leistungsexplosion etwas überraschend. Denn Preuß musste so viele Rückschläge hinnehmen in ihrer Karriere, dass eine solche Konstanz nur schwer vorstellbar war. „Ich bin echt durch einige Täler gegangen, aber ich habe nie den Glauben verloren“, sagt sie nach dem Goldlauf. „Es ist egal, was kommt, ich bin jetzt einfach glücklich.“
Vor zehn Jahren, bei der WM im finnischen Kontiolahti, gilt Preuß als großes Talent, sie gewinnt Gold mit der Staffel, Silber im Massenstart. Zusammen mit der späteren Biathlon-Dominatorin Laura Dahlmeier, die knapp sieben Monate älter ist, zählt sie als große Hoffnung der deutschen Biathletinnen, die nach dem frühen Karriereende von Magdalena Neuner 2012 einen Umbruch vollziehen mussten.
Und es schien auch abgehakt, was sie im Jahr zuvor bei ihrer olympischen Premiere erlebt hatte. Nach einem 41. Platz im Sprint und einem 40. Platz im Verfolgungsrennen wollte Preuß auf einen Start im Einzelrennen in Sotschi verzichten. Auf Drängen der Trainer hin startete sie doch und wurde nach fünf Schießfehlern in der dritten Runde völlig aufgelöst aus dem Rennen genommen. Neuner berichtete einst davon, Preuß hätte das Einzelrennen „mit einem Nervenzusammenbruch“ beendet und die Trainer hätten sie „dazu genötigt, dass sie da läuft“.
Gesundheitliche Probleme machten Preuß aber fortan immer wieder zu schaffen, sodass sie stets ihren Rhythmus verlor und sich immer wieder unter größten Anstrengungen zurückkämpfen musste, gerade auch zu den Olympischen Spielen. Nachdem sie die Saison 2016/2017 wegen gesundheitlicher Probleme vorzeitig beendet hatte, kam sie gerade noch rechtzeitig für die Spiele in Pyeongchang 2018 in Form und verpasste dort als Vierte im Einzel nur knapp eine Medaille.
Eine Operation bringt die Wende
2022 gewann sie zwar Bronze mit der Staffel, allerdings hatte sie die Qualifikation sprichwörtlich auf den letzten Drücker geschafft. Was ihren Körper und ihre Psyche offenbar so sehr gefordert hatte, dass sie im Januar 2023 vorzeitig aus dem Weltcup aussteigen musste. Auch die Heim-WM in Oberhof fand ohne sie statt „Ich war nicht mehr bereit für den Sport“, sagte sie dem Portal „Biathlonworld“ später.
Nachdem auch die WM im vergangenen Jahr wegen Erkältungssymptomen flach gefallen war, unterzog sie sich im Frühjahr einer Operation an der Stirnhöhle, was für eine erhebliche gesundheitliche Verbesserung sorgte. „Ich glaube, der Game-Changer war jetzt einfach mal gesund bleiben“, sagte sie gegenüber dem ZDF.
Zudem legt sie mittlerweile großen Wert darauf, ihren eigenen Plan auch beim Training durchzuziehen. So nimmt sie inzwischen nicht mehr an allen DSV-Lehrgängen teil. Im vergangenen Sommer war sie zum Beispiel mit ihrem Vater nach Lenzerheide gereist, um an ihrem Schießen zu feilen.
Im jetzt anstehenden Einzel ist die Schießleistung entscheidend. Und mit der Sicherheit am Schießstand, die sie bei der Verfolgung zeigte, gehört sie als neue Frontfrau des deutschen Biathlon-Teams mit Sicherheit auch hier zu den Favoritinnen auf den Sieg.
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