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1-A-Leistung. Mariama Jamanka aus Reinickendorf und ihre Anschieberin Lisa Buckwitz (l.) waren eigentlich nur das deutsche B-Team.

© Arnd Wiegmann/Reuters

Olympia in Pyeongchang: Bob-Gold für die Hammerwerferin

Die ehemalige Leichtathletin Mariama Jamanka rast im Zweierbob zu Gold. Dabei hatte vieles gegen die Berlinerin gesprochen.

Spannender hätte sie es nicht machen können. Vier Hundertstel Vorsprung hatte Mariama Jamanka mit Anschieberin Lisa Buckwitz vor dem finalen Lauf auf die US-Amerikanerin Elana Meyers Taylor mitgebracht, doch schon nach dem Start war der zu einem Rückstand geworden. Aber dann bewies die Reinickendorferin, dass niemand den Bob mit mehr Gefühl durch die 16 Kurven im Olympic Sliding Centre steuern kann. Stück für Stück holte sie auf – trotzdem lag sie bis zur letzten Zwischenzeit zurück.

Erst im Ziel leuchtete die grüne Eins auf. Olympiasieg. Während das deutsche Team auf sie zustürmte, konnte es die 27-Jährige offenbar nicht glauben. Sie blieb im Bob sitzen, die Hände über dem Kopf, Tränen in den Augen.

Erst vor drei Jahren gab sie ihr Weltcup-Debüt

Mit diesem Gold hatte niemand gerechnet, zu viel hatte gegen Jamanka gesprochen. „Ich bin vor allem Mensch, nicht Leistungssportler. Einfach ,Normalo’“, sagte sie dem Tagesspiegel vor dem Abflug nach Südkorea. Eigentlich ist die Berlinerin Hammerwerferin, erst vor fünf Jahren saß sie erstmals im Potsdamer Bob, 2015 folgte ihr Weltcup-Debüt in Königssee. Da sie keine Vergangenheit im Rodelbereich hatte wie viele andere Pilotinnen, musste sie sich das Bahngefühl und die Linien schwer erarbeiten. „Manchmal bin ich verzweifelt und konnte nicht immer alles zeigen“, sagte sie rückblickend. Ein Weltcuprennen konnte die Tochter eines Gambiers und einer Deutschen nie gewinnen.

Und so entschied Bob-Cheftrainer René Spies, vor Olympia ihre Anschieberin Annika Drazek – die schnellste deutsche Anschieberin – aus Jamankas Bob zu nehmen. Spies beorderte Drazek in den Schlitten von Stephanie Schneider, um so die aus seiner Sicht beste deutsche Pilotin mit der besten Anschieberin fahren zu lassen. Schneiders Anschieberin, die gebürtige Berlinerin Lisa Buckwitz vom SC Potsdam, kam zu Jamanka und bildete das B-Team bei Olympia.

"Alkohol wird fließen"

Doch bereits zur Halbzeit hatten Jamanka und Buckwitz vor den US-Amerikanerinnen geführt. Auch die Weltcupführende und zweifache Olympiasiegerin Kaillie Humphries aus Kanada hatte noch in Lauerstellung gelegen. Doch Jamanka und Buckwitz hielten dem Druck über Nacht in Führung zu liegen auf bemerkenswerte Weise stand. „Wir haben uns einfach überhaupt keine Platte gemacht, sind locker geblieben und haben unser Ding durchgezogen“, sagte Anschieberin Buckwitz im Ziel dem ZDF. „Man denkt einfach nur an sich“, fügte Jamanka an, die ankündigte, dass im deutschen Haus jetzt „der Alkohol irgendwie fließen“ werde.

Von so viel Coolness war auch René Spies überrascht. „Was Mariama und Lisa hier gegen die erfahrenen Athleten geleistet haben, ist unvorstellbar. Ich bin fassungslos“, sagte Spies. Mit dem A-Team Schneider/Drazek auf Rang vier konnte er sich nach dem Zweierbob-Sieg von Francesco Friedrich bei den Männern über das nächste starke Bob-Ergebnis freuen. In Sotschi war das Team ohne Medaille geblieben. Eine Schmach, die für Diskussionen über die hohen Sportfördermittel für den Bobverband gesorgt hatten.

Party in Reinickendorf?

Besser vorbereitet als Spies war offenbar Reinickendorfs Bezirksbürgermeister, Frank Balzer, der bereits wenige Minuten nach dem Wettkampf seine Glückwünsche übermittelte. „Dass eine junge Frau aus Reinickendorf im Eiskanal von Pyeongchang den Zweierbob zum Olympiasieg steuert, macht uns stolz und glücklich“, sagte der CDU-Politiker. Sportstadtrat Tobias Dollase fügte hinzu: „Vielleicht gelingt es uns, Jamanka in diesem Jahr dann zur Meisterehrung in Reinickendorf zu bekommen.“ Ein Normalo ist Mariama Jamanka seit Mittwoch nicht mehr.

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