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Schön war die Zeit. Die Fans von Borussia Mönchengladbach freuen sich auf die Europa League – auch weil sie gute Erinnerungen an den Wettbewerb haben, der einst Uefa-Cup hieß und den die Gladbacher zuletzt 1979 mit Berti Vogts (im getauschten Trikot) holten.

© Imago

Europa League: Borussia Mönchengladbach ist der Geschichte verpflichtet

Die Europa League hat in Deutschland nicht den besten Ruf. Bei Borussia Mönchengladbach ist das anders. Der Klub und seine Fans freuen sich auf den Wettbewerb.

Der Pott ist schon da. Drei Tage gastiert der Uefa-Pokal in Mönchengladbach. Die Fans können sich mit ihm fotografieren lassen, und wenn für die Mannschaften von Borussia Mönchengladbach und dem FC Villarreal an diesem Donnerstag (19 Uhr, live bei Sky) die neue Saison der Europa League beginnt, wird die Originaltrophäe auch im Stadion präsentiert werden. Dass der europäische Fußballverband Mönchengladbach für eine kleine Promotionveranstaltung zum Start des Wettbewerbs auserkoren hat, ist kein Zufall. Überall wird über die Europa League gelästert, nur bei Borussia Mönchengladbach nicht.

Man kennt das ja: Vor der Saison wollen – konservativ geschätzt – zwölf von achtzehn Bundesligisten in die Europa League; haben sie es geschafft, fängt das große Wehklagen über den Wettbewerb und die mit ihm verbundenen Unannehmlichkeiten an. In Mönchengladbach ist das anders. „Ich kämpfe doch nicht das ganze Jahr dafür, dass ich dabei bin, um mich nach einem halben Jahr über die Dreifachbelastung zu beschweren“, sagt Borussias Sportdirektor Max Eberl. „Wir sind stolz, dabei zu sein, wir freuen uns darauf.“

Die Vorfreude lässt sich auch mit einer Zahl belegen: 5190. Für das Spiel beim FC Zürich in zwei Wochen erhalten die Gladbacher 5190 Eintrittskarten. Zugestanden hätten ihnen 1300, fünf Prozent der Stadionkapazität. Selbst die 5190 sind längst vergriffen, 10.000 hätten locker verkauft werden können. Schon vor zwei Jahren, bei Borussias erster Europacupteilnahme seit 1996, haben 10.000 Fans das Team zum Spiel bei Lazio Rom begleitet. Bei den vier Heimspielen lag die Zuschauerzahl immer jenseits der 40.000er- Marke, zwei waren ausverkauft.

Gladbach gewann den Wettbewerb als erster deutscher Klub

Der große Zuspruch hat selbst die Uefa überrascht. Vor zwei Jahren hat sie eigens eine Delegation aus Marketing- und PR- Leuten nach Mönchengladbach geschickt, um das Phänomen zu ergründen: Wie ist dieser Zuspruch zu erklären? Was macht Borussia anders als andere? Natürlich spielt die lange Abstinenz von der internationalen Bühne eine Rolle. „Die Sehnsucht der Leute war sehr groß“, sagt Sportdirektor Eberl. „Das spürt man schon.“ Zumal die Borussen eine persönliche Beziehung zu diesem Wettbewerb haben. Sie waren nicht nur der erste deutsche Klub, der den Uefa-Pokal, den Vorläufer der Europa League, 1975 gewinnen konnte, sie waren auch der einzige, dem dies ein zweites Mal (1979) gelungen ist. Dazu erreichten die Gladbacher bei ihren ersten vier Teilnahmen immer das Finale. „Wir kennen unsere Vergangenheit, und wir wissen, dass sie eine Verpflichtung ist“, sagt Borussias Präsident Rolf Königs.

Es gibt viele Vorbehalte gegen die Europa League: der ungewohnte Donnerstagstermin, das unattraktive Teilnehmerfeld, die geringen Einnahmemöglichkeiten. Max Eberl widerspricht: „Für einen Verein wie Borussia ist dieser Wettbewerb sehr interessant.“ Auch finanziell. Und was die sportliche Attraktivität betrifft – da sollte die Bundesliga nicht allzu laut tönen: Seitdem Werder Bremen 2009 das Finale des Uefa-Cups erreicht hat, schaffte es nur noch ein Bundesligist, der HSV 2010, ins Halbfinale.

Franz Beckenbauers Verdikt vom Cup der Verlierer hat sich längst verselbstständigt. Hier die Könige, da die Bettler. Doch so einfach ist das nicht. Natürlich spielen in der Champions League die ganz Großen wie Bayern, Real oder Barça, aber eben auch Malmö FF, Ludogorets Razgrad und NK Maribor. In der Europa League sind in diesem Jahr immerhin Inter Mailand, der FC Sevilla, der SSC Neapel, Tottenham und der FC Everton vertreten, der an diesem Donnerstag den VfL Wolfsburg empfängt (21.05, live bei Kabel 1 und Sky).

„Dieser Wettbewerb ist zu schade, um ihn hinter der Champions League zu verstecken“, sagt Gladbachs Sportdirektor Eberl. „Die Champions League wird immer das Zugpferd bleiben, aber die Europa League sollte beim Fernsehgeld nicht völlig leer ausgehen.“ Borussias Sportdirektor hält es für „elementar wichtig“, dass es diesen Wettbewerb gibt. „Die Europa League bietet gerade den Vereinen, die in ihrer Liga nicht Meister oder Zweiter werden, die Chance, sich weiterzuentwickeln.“ Die Gladbacher sind das beste Beispiel. Vor zwei Jahren galten sie noch als Überraschungsgast im Europapokal, inzwischen haben sie sich fürs Erste im oberen Drittel der Bundesliga etabliert.

In der vorigen Saison hat das Renommee des Wettbewerbs in Deutschland auch darunter gelitten, dass Freiburg und Frankfurt ihre Teilnahme an der Europa League mit der Verstrickung in den Abstiegskampf der Bundesliga bezahlen mussten. Auch die Gladbacher haben vor zwei Jahren erfahren, dass der Europacup Auswirkungen auf die Leistungen in der heimischen Liga haben kann – es müssen aber nicht zwangsläufig negative Auswirkungen sein. „Damals sind wir holprig in die Bundesliga gestartet und haben dann mit Erfolgserlebnissen in der Europa League auf den richtigen Weg zurückgefunden“, sagt Max Eberl.

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