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Das deutsche Team feiert Bronze

© imago/Beautiful Sports/IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/Wunderl

Bronze für deutsche Rollstuhlbasketballer: Merci Bercy

Die Männer sichern sich im Spiel um Platz drei mit einem Sieg gegen Kanada die Bronzemedaille. Die Frauen beenden die Paralympics mit einer Niederlage und landen auf dem sechsten Platz.

Von Tim Hensmann

Stand:

„Ich kann es irgendwie noch gar nicht so richtig fassen, dass wir es jetzt wirklich geschafft haben“, sagte Rollstuhlbasketballer Thomas Böhme nach dem historischen Sieg und der ersten Medaille bei seinen vierten Paralympics. „Ich habe es so lange versucht und wir sind bisher nie über das Viertelfinale hinausgekommen. Und jetzt haben wir die Medaille.“

Für die deutschen Rollstuhlbasketballer stand am Samstag das letzte Spiel in der Bercy Arena an, und die Stimmung war überwältigend: 15.000 Menschen klatschten im Takt, während „Freed from Desire“ von Gala durch die Lautsprecher dröhnte. Die amerikanischen Kommentatoren trugen mit ihren tiefen Stimmen zur elektrisierenden Atmosphäre bei. Nach der Silbermedaille bei den Paralympics 1992 in Barcelona strebte das deutsche Team im Kampf um Platz drei erneut nach einem Podestplatz und ging mit großen Erwartungen in das Spiel.

Der Start verlief jedoch holprig: Beide Mannschaften hatten in den ersten Minuten Mühe, ins Spiel zu finden. Doch dann drehte Kanada auf. Vor allem einer machte den Unterschied: Patrick Anderson. „Wir haben in der ersten Halbzeit keinen Weg gefunden, Patrick Anderson zu stoppen. Er hat uns gezeigt, warum er als der König des Rollstuhlbasketballs gilt“, erklärte Trainer Michael Engel nach dem Spiel.

In der Anfangsphase brachte Anderson es bereits auf sieben Punkte und zog mit seinem Team schnell auf 11:2 davon. Die Deutschen wirkten überrascht. „Kanada hat so gut gespielt, wir hatten einfach keinen Zugriff“, sagt Spieler Nico Dreimüller. Am Ende des ersten Viertels lagen die deutschen Rollstuhl-Basketballer mit 11:17 zurück. Zu viele Würfe aus vielversprechenden Positionen verfehlten den Korb.

Ich kann es noch gar nicht glauben, dass wir Bronze haben und dass es jetzt vorbei ist.

Nico Dreimüller

Zu Beginn des zweiten Viertels kämpfte sich das deutsche Team bis auf zwei Punkte heran (15:17) . Doch die Kanadier stellten schnell den alten Abstand schnell wieder her, führten kurz darauf mit acht Punkten Vorsprung (29:21). Die Partie wurde zunehmend körperlicher, Fouls häuften sich, und die Intensität auf dem Feld stieg merklich. Zur Halbzeitpause lag Deutschland mit 27:35 zurück, während Kanada weiterhin die Kontrolle behielt.

Nach der Halbzeit entwickelte sich ein enges Spiel, das am Ende des dritten Viertels wieder völlig offen war: Mit 48:47 führten die Kanadier. Die Stimmung in der Bercy Arena kochte, die Fans trommelten lautstark mit ihren Füßen und feuerten die Teams an.

Im letzten Viertel gelang es den Deutschen erstmals, die Führung zu übernehmen (49:48). Die Verteidigung stand nun stabil, und vorne trafen sie sicher. Schnell bauten sie den Vorsprung auf sieben Punkte (55:48) aus, während die Kanadier zunehmend unter Druck gerieten.

Die Stimmung auf der deutschen Bank war euphorisch, besonders als Thomas Böhme mit einem wichtigen Dreier den Vorsprung auf zehn Punkte ausbaute. Böhme, der mit 36 Punkten herausragte, führte die Mannschaft souverän zum Sieg. Kanada konnte nicht mehr gefährlich werden, und Deutschland setzte sich am Ende mit 75:62 durch.

„Ich kann es noch gar nicht glauben, dass wir Bronze haben und dass es jetzt vorbei ist“, sagte Dreimüller. „Micha hatte vor zwei Tagen gesagt, wir hätten drei Spiele mit 20 Punkten oder mehr verloren. Dass wir jetzt Bronze gewinnen, das glaubt uns niemand – und mir geht es gerade genauso.“

Die deutschen Frauen landeten auf Platz sechs.

© imago/Beautiful Sports/IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/Wunderl

Nach dem Spiel lagen sich die Spieler in der Mitte des Spielfelds in den Armen und feierten ausgelassen. Fahnen schwenkend und nach unzähligen Umarmungen ging es anschließend in die Kabine, wo – laut Dreimüller – die ersten Bierflaschen geöffnet wurden, während andere noch in der Dopingkontrolle verweilten.

Vor dem Eingang der Arena sammelten sich rund 50 Fans und die Feierlichkeiten nahmen ihren Lauf. „Oh, wie ist das schön!“ – Familien, Freunde und sogar die deutsch-französische Einheit der Polizei sangen gemeinsam. Trainer Michael Engel, der neben dem Bronze-Sieg auch seinen 40. Geburtstag feierte, wurde als einer der ersten bejubelt und erhielt von den Fans ein Geburtstags-Ständchen.

Während die Männer draußen ausgelassen ihren Sieg feierten, begaben sich die ersten Fans bereits wieder zurück in die Arena. Dort traten die deutschen Rollstuhlbasketballerinnen im Spiel um Platz 5 gegen Großbritannien an. Das Spiel, das zwischenzeitlich ausgeglichen war, verlor die Mannschaft am Ende mit 39:48.

Zufrieden mit dem sechsten Platz war die deutsche Frauenmannschaft, die mit Medaillenhoffnungen gestartet war, nicht. „Sechster Platz klingt einfach doof“, sagte Kapitänin Mareike Miller nach dem Spiel. Es gebe Teams, die das ganze Jahr über zusammen trainieren, professioneller sowie teils auch erfahrener sind. „Das spiegelt sich letztlich im Ergebnis wider, dass wir im Vergleich hinten anstehen“, fasste Miller zusammen.

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