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Chancenlos gegen Union Saint-Gilloise: Das europäische Abenteuer des 1. FC Union endet im Achtelfinale
Wie beim 3:3 im Hinspiel leistet sich der 1. FC Union auch in Belgien untypische Fehler und dieses Mal fehlt nach vorne die Überzeugung. Saint-Gilloise steht verdient im Viertelfinale.
Stand:
Der europäische Wettbewerb, so heißt es, hat manchmal seine ganz eigene Logik. An Abenden in Liverpool oder Barcelona, wo das Unmögliche plötzlich möglich wird. Und eben auch an Abenden wie am Donnerstag in Brüssel, wo eine Mannschaft ausgerechnet in einem der größten Spiele ihrer Vereinsgeschichte eine der schlechtesten Leistungen der Saison abruft.
Das Abenteuer Europa ist für den 1. FC Union beendet. Der „Reisekader“ auf den Rängen muss zumindest bis in die nächste Saison auf internationale Destinationen verzichten. In einer bisher traumhaften Saison kann man einen Traum nun endgültig begraben. Mit einer 0:3 (0:1)-Niederlage bei Royale Union Saint-Gilloise sind die Berliner am Donnerstag aus der Europa League ausgeschieden und haben eine große Chance auf das Viertelfinale verpasst. Vor allem über das Wie wird man sich in Berlin wohl noch einige Zeit ärgern. „Das war nicht so Union-like. Wenn wir kompakter und aggressiver agiert hätten, hätten wir ein paar Situationen besser wegverteidigt. Es war aber sehr schwierig“, sagte Kapitän Christopher Trimmel.
So zahnlos wie in Brüssel ist Union in dieser Saison selten aufgetreten, und irgendwie wusste keiner so wirklich, warum. An der Kulisse lag es wohl nicht, obwohl das Stadion nicht ausverkauft war. Ihre bisherigen Europa-League-Heimspiele hatte Saint-Gilloise in der Nachbarstadt Löwen gespielt. Dass sie jetzt zwar in ihrer eigenen Stadt, dafür aber im Stadion des verhassten Rivalen Anderlecht spielten, gefiel nicht allen „Unionisten“ und einige Ultras boykottierten das Spiel sogar. Doch es war trotzdem laut, im Heimblock wie im Gästeblock. Nur auf dem Feld zündete es nicht.
Nach dem verrückten 3:3 im Hinspiel wollte Union eigentlich zu den Grundlagen zurückkehren. Im Vergleich zum Remis gegen Wolfsburg nahm Trainer Urs Fischer nur eine Änderung vor: Für Niko Gießelmann durfte Jerome Roussillon auf der linken Außenbahn starten. Im Sturm spielte Sven Michel zum zweiten Mal in Folge von Beginn an.
Doch auch in Belgien war die defensive Wackeligkeit der letzten Wochen deutlich zu spüren. Schon nach sechs Minuten rutschte Diogo Leite in gefährlicher Position aus, sodass Saint-Gilloise plötzlich mit drei gegen eins im Berliner Strafraum stand. Nur durch eine tolle Parade von Frederik Rönnow und einen Pfostentreffer von Victor Boniface verpassten die Gastgeber um das 1:0.
Mit einem direkten Freistoß hatte Union nur wenige Minuten später seine erste Möglichkeit. Etwas überraschend trat Michel statt Josip Juranovic an und schoss den Ball direkt in die Mauer, bevor der Nachschuss des Kroaten vorbei segelte.
Die Nervosität und die individuellen Fehler konnten die Köpenicker aber nicht abschütteln. Sie blieben anfällig und wurden in der 18. Minute bestraft. Robin Knoche und Leite verloren den Ball wieder unnötig, diesmal allerdings in einer noch gefährlicheren Position, und der Brüsseler Kapitän Teddy Teuma schoss den Ball zum verdienten 1:0 an Rönnow vorbei.
„Ici, ici, c’est Saint Gilles!“ sangen daraufhin die Heimfans in halbironischer Anlehnung auf ihr ungewohntes Umfeld. Irgendwie fingen sie aber an, zu glauben, dass auch Anderlecht für sie zum Glücksort werden könnte. Union konnte hingegen glücklich sein, dass es zur Halbzeitpause nur 0:1 stand. Als sich die Berliner vor dem Gang in die Kabine zu ihrer üblichen Trinkrunde an der Seitenlinie sammelten, hatten die Berliner aschfahle Gesichter.
Union brauchte eine 180-Grad-Wendung in der zweiten Halbzeit. Stattdessen bekamen sie mehr des Gleichen. Nach einer guten Stunde kam dann der entscheidende Schlag. Leite vollendete seinen schwierigen Abend mit einem weiteren Ballverlust, die Belgier tanzten wieder in den Strafraum, und Lazare Amani bejubelte seinen eleganten Abschluss mit einem Salto.
Kurz darauf fing es im Heimblock mit den „Olé“-Rufen an. Union hatte noch 20 Minuten, um sich zu retten, doch die Hoffnung war längst minimal. „Union ist eine große Mannschaft, aber sie spielen sehr physisch und mit langen Bällen. Wir wussten schon, was sie vorhatten, und sie konnten gegen uns wenig kreieren“ sagte belgische Mittelfeldspieler Senne Lynen.
Als Janik Haberer in der Schlussphase nach einer Fehlentscheidung des Schiedsrichters mit der zweiten Gelben Karte vom Platz musste und Loic Lapoussin in der Nachspielzeit ein weiteres Tor drauflegte, saßen die Berliner gefühlt schon im Flugzeug nach Hause.
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