zum Hauptinhalt
Na logo: Selbst um das Vereinswappen von Berlin United gibt es zurzeit Streitigkeiten. Die Rechte daran hält der zurückgetretene Präsident Stefan Teichmann.

© Matthias Koch/Imago

Chaos bei Berlin United: „Ansonsten kannst du den Verein verlassen“

Fast alle Spieler und der Präsident sind weg. Trotzdem soll es bei Berlin United weitergehen. Die Frage ist nur: Wie? Beim Berlin-Ligisten gibt es darüber Zank.

Vor zwei Wochen stand Berlin United vor einem Scherbenhaufen. Nach dem Rücktritt von Präsident Stefan Teichmann Ende Juni war auch die Mehrheit der Spieler des Teams aus der höchsten Berliner Liga gegangen. Einen Plan, wie es bis zum Saisonstart Mitte August weitergehen sollte, gab es nicht. Erinnerungen wurden wach an Club Italia, den Vorgängerverein von United: Dort war ebenfalls der Präsident zurückgetreten, der vom Profifußball geträumt hatte. Nach seinem Rücktritt ging ein Großteil der Berlin-Liga-Mannschaft, und die Mannschaft stieg 2013 mit einer Bilanz von sechs Punkten und 6:233 Toren ab.

Nicht mit Berlin United, dachte sich wohl Schiedsrichter-Obmann Martin-Lukas Bauer – und nahm sich der Sache an. Was folgte, könnte auch als Drehbuch für einen komischen Low-Budget-Film herhalten. Bauer, der seit dem 1. Juli auch einen Vertrag als Jugendkoordinator besaß, übernahm die Rolle des Trainers und Sportdirektors, warb um Spieler und Trainer für Sichtungstrainings – und versammelte am vergangenen Donnerstag tatsächlich erstmals mehr als 20 Kandidaten auf dem Platz.

[Wenn Sie die wichtigsten Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Bauer wollte bis zum ersten Sichtungstraining sogar schon über eine prominente Werbeagentur, die gute Kontakte zum Getränkemulti Red Bull pflegt, Geld akquirieren. Mit dem Inhaber der Agentur ist er gut befreundet. Ein Ziel, das Bauer schon länger verfolgt, sollte so endlich umgesetzt werden: der Aufbau einer Frauen- und Mädchenabteilung. Rein formal ein Schritt, zu dem er befugt ist: Schließlich hat Bauer am 18. Juni einen Vertrag als Jugendkoordinator unterschrieben. Der Vertrag ist auch von Teichmann und Vizevorstand Giovanni Bruno unterzeichnet.

Letzterem passte das Vorgehen Bauers allerdings gar nicht. Bauer sei „von seinen Aufgaben freigestellt“, teilte Bruno deshalb am Montag mit. Mit den Aufgaben sei er niemals betraut worden. Bauer wusste zu dem Zeitpunkt allerdings noch nichts davon – und erfuhr es durch ein Telefonat mit dem Tagesspiegel. Erst am Abend schrieb Bruno dann eine Nachricht an Bauer, in der er ihm mitteilte, dass er Schiedsrichter-Obmann bleiben könne. „Ansonsten kannst du den Verein verlassen“, schrieb Bruno. Bauer zufolge sei dies Brunos erste Nachricht an ihn seit vier Wochen gewesen.

"Keine ausreichende Anzahl an Spielern, die in den Kader aufnehmen"

Die Sichtungstrainings von Bauer hätten noch „keine ausreichende Anzahl an Spielern gezeigt, die wir in den Kader für die neue Saison aufnehmen werden“, sagt Bruno nun. Um diese zu suchen, wolle sich der Verein „komplett neu aufstellen“: „Dazu werden wir uns professionelle Unterstützung sichern und zwar nicht nur bei der Fußballkompetenz, sondern auch bei der Managementkompetenz.“ Deshalb laufen bereits Gespräche mit möglichen neuen Sponsoren aus dem Westen der Republik. Diese Sponsoren wollen angeblich investieren und sollen sogar bereit sein, alle etwaigen Schulden des Vereins zu begleichen.

Wie weiter? Präsident Stefan Teichmann ist bei Berlin United zurückgetreten.
Wie weiter? Präsident Stefan Teichmann ist bei Berlin United zurückgetreten.

© Matthias Koch/imago

Langfristig soll das Ziel die Oberliga sein. In der kommenden Saison sei das allerdings nicht machbar, sagte Bruno bereits in der vergangenen Woche. Er sei zufrieden, wenn das Team es schaffe, die Klasse zu halten. Allerdings soll eine Bedingung der Sponsoren sein, dass sich Präsident Teichmann komplett aus dem Verein zurückzieht. Das fordert auch Bauer, der den Verein mit einigen anderen Schiedsrichtern verlassen wird. „Teichmann hat alles getan, um den Verein zugrunde zu richten“, sagt Bauer. Er wird Schiedsrichter-Obmann bei seinem früheren Verein 1849 Berlin.

[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Genau dazu könnte es allerdings kommen, wie Vizevorstand Bruno verrät. Mitte August soll es eine Mitgliederversammlung geben, „in der unter anderem über Stefan Teichmann als Vorstand entschieden wird“. Nach einem endgültigen Rückzug von Teichmann aus Vorstand und Verein, den dieser angekündigt hatte, klingt das nicht gerade. Ein Rückzug würde außerdem nur den Berlin United FC betreffen, der im Juni 2018 aus dem Club Italia hervorging. Im Vereinsregister gibt es nämlich noch einen zweiten Verein, der bereits im Februar 2018 gegründet wurde: den Berlin United e.V.

Teichmann hat sich auch die Rechte am Logo von Berlin United gesichert

In diesem ist Stefan Teichmann alleiniger Vorstand – und hat sich über diesen Verein auch die Rechte am Logo von Berlin United gesichert. Weil er auch glaubt, dass ihm Gelder für das Engagement als Trainer und Sportdirektor der vergangenen Wochen zustehen, erwägt Martin-Lukas Bauer nun, rechtliche Schritte gegen Teichmann und Bruno einzuleiten. „Ich habe nichts dagegen, wenn ein Vizevorstand keine sportlichen Kompetenzen hat“, sagt Bauer etwa über Bruno, „aber ich habe etwas dagegen, wenn er dann noch vereinsschädigend handelt.“

Das Sichtungstraining, das Bauer für Dienstag angesetzt hatte, ist nach seiner Beurlaubung natürlich hinfällig. Der Co-Trainer, den er angeworben hatte, wird allerdings dabeibleiben. Denn es gibt schon einen neuen Plan, nun von Giovanni Bruno. Vom kommenden Montag bis Mittwoch soll es Sichtungstrainings geben – mit neuen Spielern, die sich über die Website melden können. Geleitet werden soll das Training von Alexander Klitzpera, ehemaliger Fußballprofi unter anderem bei Arminia Bielefeld und Alemannia Aachen. Das teilte Bruno dem Tagesspiegel mit.

Bis zum Trainingsstart am Montag sind es allerdings noch ein paar Tage – und in denen kann bei Berlin United bekanntlich noch einiges passieren.

Zur Startseite