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Sport: Das Tor zur Welt

Die Berlinale widmet sich heute mit 45 Kurzfilmen der Kultur des Fußballs

Berlin - Der Junge legt sich den Ball zurecht: etwas nach links, ein bisschen nach vorn. Drei seiner Freunde beobachten ihn, auch sie sind konzentriert. Dann läuft der Junge an. Man kann sehen, wie sein Fuß gegen den Ball tritt, wie seine Augen die Flugbahn verfolgen, und dann, endlich, wie seine Arme zum Jubel hochschnellen. Der Junge ballt die Fäuste, wirft sich auf den Acker, schreit. Nur seine drei Freunde rennen weg. Der Junge hat eine Kuh angeschossen, die sich jetzt drohend vor ihm aufbaut.

So gefährlich kann Fußball sein.

Der Kurzfilm aus Indien wird am heutigen Dienstag in Berlin uraufgeführt. Er ist Teil des Programms „Shoot Goals! Shoot Movies!“, mit dem sich die Berlinale der Kultur des Fußballspiels widmet. 45 Kurzfilme aus 29 Ländern laufen am Abend vor einem geladenen Publikum im Haus der Kulturen der Welt. Danach soll das Programm auf Weltreise gehen. „Wir werden die Kurzfilme in Schulen und Goethe-Instituten zeigen und auch eine DVD produzieren“, sagt Thomas Struck, der die Beiträge für den Talent Campus der Berlinale ausgesucht hat. „Und bei der Fußball-Weltmeisterschaft werden sie sicher auf Großbildleinwänden zu sehen sein.“

Das Filmprojekt ist Teil des Kulturprogramms der WM 2006. Zur heutigen Premiere werden deshalb unter anderem Organisationschef Franz Beckenbauer und WM-Kunstkurator André Heller erwartet. Die Premiere ist nach der Aufstellung des Fußball-Globus in den Austragungsorten der zweite Höhepunkt des Rahmenprogramms.

Viele der kleinen Filme können sich in jedem großen Kino sehen lassen. Ob es das Kurzporträt des Torwarts des palästinensischen Nationalteams ist, der mit Stolz eine Niederlage nach der anderen kassiert; oder ein paar Kinder aus Sri Lanka, denen der Fußball in ein Minenfeld fällt; oder eine mexikanische Schule, in der Blinde mit einem raschelnden Ball spielen – das Programm zeigt mit Leichtigkeit die Tiefe eines Spiels auf, in dem es um mehr geht als um Tore.

Auch deutsche Filmemacher zeigen, wie viel Herz man an den Ball verlieren kann. Da rennt eine Berliner Mädchenmannschaft spielend durch die Straßen der Stadt, und der schwule Hertha-Fan Sören Lang berichtet über seine zweite Liebe. Am beeindruckendsten aber ist die Dokumentation eines Fußballspiels mit den Augen einer alten Dame, die auf der Tribüne des 1. FC Köln sitzt. Nur ihr Gesicht ist zu sehen: ein Gesicht, das hofft, sich ärgert, schimpft, weint – und doch wieder hofft.

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