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Frances Tiafoe hatte beim Laver Cup am Samstag viel Spaß.

© Reuters/Annegret Hilse

Update

Das US-Tennis ist wieder im Aufwind: Tiafoe, Fritz und Shelton überzeugen beim Laver Cup

Die Zeiten, in denen US-Amerikaner im Tennis dominierten, sind lange her. Doch jetzt gibt es Hoffnung. Beim Laver Cup zählt Kapitän John McEnroe gleich auf drei Landsleute in seinem Team Welt.

Stand:

„Wenn ich Spaß habe, bin ich gefährlich“, sagte Frances Tiafoe am Samstag nach seinem Sieg im Laver Cup für Team Welt gegen Europas Daniil Medwedew. Und Tiafoe hatte tatsächlich viel Freude, umgekehrt galt das auch für die Zuschauer in der Berliner Uber Arena, die der US-Amerikaner immer wieder zum Lachen und Staunen brachte.

Tiafoe ist mit seinen 26 Jahren schon eine Art Routinier in der Mannschaft von John McEnroe. Beim Laver Cup ist er zum fünften Mal dabei. 2017, bei der ersten Austragung, bestritt er das Eröffnungsmatch. Damals war er die Nummer 72 der Weltrangliste, sieben Jahre später ist er auf dem Tennisplatz immer noch ungestüm, ja zuweilen sogar wild. In jedem Falle ist Tiafoe ein herausragender Entertainer und damit wie gemacht für einen Wettbewerb wie den Laver Cup.

Dass er es war, der 2022 Roger Federer den Abschied von der Tennisbühne zumindest ein kleines bisschen vermieste, als er mit Partner Jack Sock im Doppel nach abgewehrtem Matchball gegen Federer und Rafael Nadal noch das Doppel gewann, gehört zur Geschichte des Laver Cups. Am Samstag zollte ihm der legendäre Schweizer nach dem Match mit zwei erhobenen Daumen Respekt. Lange böse sein kann man einem wie Frances Tiafoe ohnehin nicht.

Gegen Medwedew streute er immer wieder Stopps ein und grinste danach – egal, wer zuvor den Punkt gemacht hatte. Einmal rannte er sogar auf die andere Seite des Netzes und lieferte sich ein Schein-Wortgefecht mit Medwedew. Alles Spaß natürlich, aber auch damit kann man den Gegner schon einmal nerven. Und Tiafoe tut das in Berlin nicht nur, wenn er selbst auf dem Platz steht. Kein anderer Spieler zeigt so viel Energie beim Anfeuern der Kollegen. Tiafoe tanzt bei spektakulären Punkten schon mal vor der eigenen Bank oder klatscht alles und jeden ab.

Das kommt gut an bei den Zuschauern. Und inzwischen ist Tiafoe nicht mehr der einzige US-Amerikaner, der zur erweiterten Weltspitze gehört. Taylor Fritz ist sogar noch einen Schritt weiter, er schaffte es vor zwei Wochen bei den US Open als erster männlicher Tennisprofi seines Landes nach 15 Jahren wieder in ein Grand-Slam-Finale. Am Abend stand die Viertelfinalrevanche gegen Alexander Zverev in der Berliner Arena an, gegen den Deutschen hatte sich Fritz in New York durchgesetzt und ihn auch schon zuvor in Wimbledon bezwungen.

Doch auch diesmal siegte Fritz, beim 6:4 und 7:5 profitierte er allerdings auch von vielen Fehlern seines Gegners. Bereits am Freitag hatte er zusammen mit Ben Shelton im Doppel beim Laver Cup gegen Zverev und Carlos Alcaraz gewonnen.

Überbewerten wollte er seine jüngsten Erfolge im direkten Duell gegen Deutschlands besten Tennisspieler aber nicht. „Bei uns geht es immer hin und her“, hatte der 26 Jahre alte Kalifornier schon vor dem Mannschaftswettbewerb in Berlin gesagt, ohne dabei eine Miene zu verziehen. Am Samstag konnte er sich nach seinem erneuten Sieg gegen Zverev aber ein Lächeln dann doch nicht verkneifen.

Ben Shelton ist das vielleicht größte US-Tennistalent

Der überragende Spieler im Doppel tags zuvor allerdings war Ben Shelton. Der Sohn des früheren Profis Bryan Shelton begeisterte das Publikum mit knallharten Aufschlägen von über 220 km/h und einer bemerkenswerten Präsenz am Netz. Kein Wunder, dass John McEnroe große Stücke auf ihn hält – und das nicht nur, weil Shelton wie sein Kapitän beim Team Welt Linkshänder ist.

Im Nick Kyrgios’ Podcast „Good Trouble“ wurde kürzlich darüber diskutiert, wer in Zukunft zusammen mit Jannik Sinner und Carlos Alcaraz die neuen „Big 3“ im Männertennis bilden könnte. McEnroe nannte Ben Shelton. „Er war mit zehn Jahren nicht nur auf Tennis fokussiert, er spielte auch American Football. Er ist ein unglaublicher Athlet“, lobte McEnroe. Allerdings brauche Shelton noch ein paar Jahre, um sein bestes Niveau zu erreichen.

Ben Shelton (l.) und Taylor Fritz siegten am Freitagabend im Doppel gegen Alexander Zverev und Carlos Alcaraz.

© Imago/Ostseephoto

21 Jahre ist der Mann aus Atlanta erst alt, bis 2022 hatte er noch kein Tennismatch außerhalb der USA bestritten. Seine Entwicklung ist rasant und welch großes Potenzial er mitbringt, wurde nun auch in Berlin wieder deutlich.

Shelton ist 1,93 Meter groß, verfügt über eine krachende Vorhand und dazu die Gabe, immer wieder ans Netz vorzurücken. Gerade im Doppel ist er so ein äußerst unangenehmer Gegner. McEnroe – zuvor am Freitag von Andrea Petkovic im Interview auf dem Platz als „bester Doppelspieler der Geschichte“ bezeichnet – war nach dem Sieg gegen Zverev und Alcaraz dann auch voll des Lobes. „Das war unglaublich und toll mit anzusehen“, lobte er. Wobei heute ganz anders Doppel gespielt werde als zu seiner Zeit.

Am Samstag musste Shelton dann auch im Einzel gegen Carlos Alcaraz ran. Der Spanier zeigte ihm beim 6:4 und 6:4 die Grenzen auf und es wurde durchaus deutlich, wie weit voraus der Wimbledonsieger seinem US-Gegner noch ist. Trotzdem sieht die Zukunft für die Amerikaner wieder deutlich rosiger aus. Dank Taylor Fritz, Frances Tiafoe, dem in Berlin verletzt fehlenden Tommy Paul – und eben Ben Shelton.

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