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DBS-Präsident Beucher hört auf: Unermüdlicher Einsatz für Menschen mit Beeinträchtigung
Nach 16 Jahren im Präsidentenamt tritt Friedhelm Julius Beucher nicht mehr zur Wiederwahl an. Er hat den Behindertensport in Deutschland vorangebracht und will ihn auch künftig unterstützen. Eine Würdigung.
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In der paralympischen Welt war Friedhelm Julius Beucher über viele Jahre eine Art Familienvorstand. Er kennt hier alles und jeden: Sportler, Funktionäre, Unterstützer, Unternehmer, Journalisten.
Legendär seine Interviews an den Abenden der Paralympischen Spiele im Deutschen Haus – ein Ende fand er stets nur schwer, er kostete jeden Moment aus. Immer fiel ihm noch eine originelle Bemerkung ein, eine Anekdote von insgesamt acht Paralympics, die er als Präsident des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) miterlebt hat.
Unvergessen die Geburtstagsparty von Mathias Mester während der Spiele in Rio de Janeiro 2016. Um Mitternacht sprang Beucher in voller Montur an der Hand des Speerwerfers in den Hotelpool.
Nun trat er beim Verbandstag des DBS nicht mehr zur Wiederwahl an, bleibt aber noch solange kommissarisch im Amt, bis das neue Präsidium handlungsfähig ist.
Vom Bergischen Land aus, wo der langjährige SPD-Bundestagsabgeordnete seinen Wahlkreis hatte und regelmäßig feucht-fröhliche Busfahrten zum Kölner Karneval organisierte, regierte er den DBS und bestimmte dessen Geschicke.
Unermüdlich setzte er sich ein für die Belange von Menschen mit Beeinträchtigungen und verbesserte deren Möglichkeiten, an barrierefreien Sportangeboten teilnehmen zu können. Er prangerte Missstände an, wieder und wieder, und wird dies auf dem langen Weg zu einer Gleichbehandlung wohl weiter tun.
An der Seite des ukrainischen Verbandes
Funktionärssprache und falsche Zurückhaltung lagen Beucher nie. Russlands Angriff auf die Ukraine wurde in der deutschen Sportlandschaft von ihm wohl mit am schärfsten verurteilt. Seit dem Einmarsch 2014 auf der Krim steht der DBS fast brüderlich an der Seite des ukrainischen Verbands. Vor den vergangenen Spielen in Paris war es vor allem Beucher, der im Weltverband – am Ende vergeblich – für einen weiter andauernden Ausschluss der Russen kämpfte.
In diesem Sommer wird der langjährige DBS-Präsident 79 Jahre alt – und einige potenzielle Nachfolger verzweifelten schon an der Entschlossenheit Beuchers, immer weiterzumachen. Noch bei den Spielen in Paris hatte er eines Abends im Deutschen Haus angekündigt, erneut kandidieren zu wollen. Aber womöglich hat er fein registriert, dass sich die Begeisterung darüber selbst bei seinen Fans in Grenzen hielt.
Beucher war von Beginn an auch ein großer Unterstützer der „Paralympics Zeitung“, die der Tagesspiegel seit den Spielen in Athen 2004 alle zwei Jahre veröffentlicht. Er erkannte früh das Potenzial des Projekts, die Paralympische Idee zu verbreiten.
Als die „Paralympics Zeitung“ 2010 in San Francisco mit dem „World Young Reader Prize“ ausgezeichnet wurde, war er natürlich dabei. Auf der Dachterrasse seines Hotels schrieb er stolz Postkarten, vor sich die Gewinnerstatue, es war auch ein bisschen seine geworden.
Zu großer Form lief er meist bei den Jurysitzungen zum German Paralympics Media-Award der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung auf. Im Kreis „seiner“ langjährigen Mitstreiter fühlte er sich erkennbar wohl. Mit großer Leidenschaft plädierte er für seine Favoriten, zur Not gegen alle anderen, und setzte sich nicht selten Dank seiner sympathischen Begeisterungsfähigkeit durch.
Friedhelm Julius Beucher nicht zu mögen, fällt schwer. Umso schöner, dass er zwar als Präsident des DBS aufhört, aber nicht als oberster Unterstützer in der Funktion des Ehrenpräsidenten. Im Behindertensport hat Beucher seine Berufung gefunden.
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