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Felix Magatz: Dem Paradies ganz nah

Wenn es etwas gibt, von dem Felix Magath noch mehr versteht als von Fußball, dann ist es die Kunst des Understatements. „Wir fühlen uns in der Außenseiterrolle sehr wohl, und das soll auch so bleiben“, sagt der Trainer des VfL Wolfsburg vor dem Spitzenspiel gegen Bayern München am Samstag.

Dann zieht er die Mundwinkel fast unmerklich nach oben und schiebt nach: „Zumindest bis Samstagnachmittag.“

Wer Felix Magath derzeit erlebt, erlebt einen Menschen, der wirkt, als ob er sein Glück gefunden hat. „Fürs Paradies fehlen mir nur noch die Engel“, sagt er und schmunzelt. So ausgeglichen wirkt der 55-Jährige, dass er sich sogar hinter seinen Gewohnheiten hervorwagt. Auch hinter der, kein Spiel für wichtiger zu erklären als ein anderes. Seine verblüffende Einschätzung zum Duell mit seinem früheren Klub: „Es ist ein besonderes Spiel. Ich kann es nicht mehr wegreden.“ Womöglich kann der überzeugte Realist das auch deshalb nicht mehr, weil sogar er zu seiner eigenen Überraschung inzwischen glaubt, dass sein Team den Titel holen könnte: „Erwartet habe ich den Erfolg so früh nicht.“

Seit 2007 regiert Felix Magath nun als Trainermanager in Wolfsburg. Dass ihm nicht wie etwa einst bei den Bayern ständig irgendwer reinrede, sei die Basis des Erfolgs, sagt er. Von Volkswagen unterstützt, darf er hier seine Vorstellungen vom Fußball in Eigenregie ausleben und hat bisher 33 Spieler für etwa 50 Millionen Euro verpflichtet. Das funktioniert, weil Magath ein gemäßigter Alleinherrscher ist, der tatsächlich regiert, statt sich ständig selbst Denkmäler zu bauen. Und nicht in die Rehhagel’sche Falle des Glaubens an die eigene Unfehlbarkeit tappt: „Ich versuche, mich ständig zu hinterfragen und zu verbessern.“

Zum Beispiel im Umgang mit den Spielern. Magath mag als Schleifer verschrien sein, versteht sich aber vor allem als sensibler Dirigent komplexer Gruppendynamiken. „Ich bin so gut wie jeden Tag beim Team, um die Stimmungslage zu fühlen“, erklärt er. „Ich will wissen: Was geht da vor, wo gibt es Störungen? Da muss man auf dem Laufenden sein und reagieren.“

Der Vizeweltmeister von 1986 achtet auch darauf, dass der Erfolg der Wolfsburger nicht als One-Man-Show verkauft wird, sondern als Gemeinschaftsprojekt. Magath wird regelrecht misstrauisch, wenn sich Lob an ihn heranschleicht. „Ich nehme das zur Kenntnis, aber ich lasse mich nicht davon einschläfern und bleibe weiter wachsam“, sagt er, während er mit wachen Augen von rechts nach links blickt. „Ich habe ja einiges erlebt, ich weiß nicht mehr so genau, bei welchem Verein das war.“ Wieder leichtes Schmunzeln. „Da wurde mir ein Vertrag auf Lebenszeit in Aussicht gestellt, und zwei Monate später hatte ich alles falsch gemacht.“ Mit ein wenig Glück wird er diesen Verein am Samstag hinter sich gelassen haben – und dem Paradies einen Schritt näher gekommen sein. Christian Hönicke

Christian Hönicke

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