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„Der Fußball ist sicher“ meinen zumindest die Fans, die am Sonntag durch die Leipziger Innenstadt zogen.

© Reuters/Christian Mang

Demonstration in Leipzig für Fanrechte: Der Fußball ist sicherer denn je – und doch droht eine Eskalation

Die organisierte Fanszene protestiert gegen geplante Sicherheitsverschärfungen rund um deutsche Fußballstadien. Doch nicht nur Politik und Verbände überziehen bei diesem Thema.

Jörg Leopold
Ein Kommentar von Jörg Leopold

Stand:

Während die deutschen Fußball-Männer um die WM-Teilnahme bangen, sorgen sich die organisierten Anhänger hierzulande um die Zukunft der Fankultur.

Einen Tag vor dem Spiel Deutschland gegen die Slowakei in Leipzig gingen dort am Sonntag rund 10.000 Fans verschiedener Vereine auf die Straße, um gegen die geplante Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen in deutschen Stadien zu protestieren.

„Fußballfans sind keine Verbrecher“, skandierten sie oder „Gegen alle Stadionverbote“. Dabei traten auch verfeindete Gruppierungen zusammen auf – das große Ganze eint die Masse auch der Ultras in Deutschland. Ihre Meinung ist klar: „Der Fußball ist sicher“.

Erklärte Feindbilder der Fans sind Politiker und Verbandsfunktionäre, die über personalisierte Tickets, Gesichtsscanner und eine Ausweitung von Stadionverboten nachdenken. Im Dezember könnten die Pläne auf einer Innenministerkonferenz der Bundesländer beschlossen werden.

Beide Seiten stehen sich dabei unversöhnlich gegenüber – und überziehen hier wie da. Die Fans, wenn sie pauschal erklären, dass Pyrotechnik von allen Stadionbesuchern gewollt wird und ignorieren, dass der Fußball durchaus ein Gewaltproblem hat. Wobei sich das immer mehr auf die An- und Abreise zu und von einem Spiel verlagert.

Die Politik wiederum dramatisiert die Zustände, verurteilt auch die vielen friedlichen aktiven Fans pauschal und will die an der Basis geleistete Arbeit der Vereine oft gar nicht zur Kenntnis nehmen. Dieses Diktat von oben schürt die Wut zusätzlich.

Klar ist: In den Stadien gibt es nicht nur organisierte Fans. Viele Zuschauer stören sich an dem Alleinvertretungsanspruch der aktiven Ultraszenen. Es würde diesen Anhängern nicht schaden, wenn sie die normalen Besucher eines Fußballspiels genauso ernst nehmen würden wie sich selbst.

Anders als von so manchem politischen Hardliner suggeriert, ist der Stadionbesuch dabei heute viel sicherer als noch vor 40 oder 50 Jahren. Familien können sich gerade in den Profiligen bedenkenlos ein Spiel anschauen. Hier würde ein bisschen weniger Aktionismus guttun.

Um sich wieder anzunähern, müssten beide Seiten aufeinander zugehen und nicht auf Maximalforderungen beharren. Das allerdings scheint derzeit utopisch und so droht, die eigentlich sichere Lage rund um die deutschen Stadien unnötig zu eskalieren.

„Wenn wir Ultras zusammenstehen, kann uns niemand aufhalten“, hieß es am Ende der Demonstration am Sonntag. Dabei klingen Sätze wie diese eher nach Konfrontation denn Entspannung. Dabei wäre es dringend geboten, miteinander zu reden und nicht vorab Tatsachen zu schaffen.

Am Ende würde das sonst womöglich dazu führen, dass der Fußball nicht unbedingt sicherer wird, sich dafür aber von der eigentlich gewollten Fankultur verabschieden muss. Allen, denen der Fußball wirklich am Herzen liegt, dürfte es vor beiden Szenarien grausen.

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