zum Hauptinhalt
Imane Khelif beim Kampf gegen Angela Carini.

© IMAGO/ABACAPRESS/IMAGO/Blondet Eliot/ABACA

Der Fall Imane Khelif: Bei dem Durcheinander an Regularien verlieren am Ende alle

Die algerische Boxerin wird in den sozialen Medien attackiert. Dabei kursieren allerhand Falschinformationen. Und es zeigt sich ein Grundproblem von Olympia.

Inga Hofmann
Ein Kommentar von Inga Hofmann

Stand:

Das Internet kocht. Nach dem Sieg der algerischen Boxerin Imane Khelif gegen die Italienerin Angela Carini bei den Olympischen Spielen toben in den sozialen Medien Hunderttausende Menschen, die das Frausein der Algerierin infrage stellen und fordern, sie von Olympia auszuschließen. Allen voran die Buchautorin Joanne K. Rowling und X-Eigentümer Elon Musk.

Dabei kursieren nicht nur allerhand Falschinformationen. Überdies ist es wieder einmal eine Sportlerin, die ihr Frausein beweisen muss, nachdem sie eine starke Leistung erbracht hat. Nach dem Motto: Sie performt überragend, also kann sie doch gar keine Frau sein. Dabei musste gerade Khelif sich den Weg an die Spitze in der männerdominierten Sportart hart erarbeiten.

Aber von vorne: Imane Khelif wurde bei der WM im vergangenen Jahr ausgeschlossen, weil sie dem Welt-Boxverband zufolge den DNA-Test nicht bestanden haben soll. Statt der XX-Geschlechterchromosomen sollen bei ihr XY-Geschlechterchromosomen nachgewiesen worden sein. Das betrifft einer Studie zufolge 6,4 von 100.000 Frauen. Sollte das stimmen, wäre Khelif womöglich intergeschlechtlich. Bewiesen ist das aber nicht. Fest steht: Sie wurde als Mädchen geboren, ist laut Pass eine Frau und identifiziert sich selbst als Frau.

Die Teilnahme ist in jedem Fall rechtmäßig

Bei Olympia spielen Chromosomen beim Boxen ohnehin keine Rolle: Dort gibt es diesbezüglich keinerlei Voraussetzungen, die man erfüllen muss, um teilnehmen zu dürfen. Dass Khelif in Paris in den Ring steigt, ist in jedem Fall rechtmäßig. Bei den Spielen in Tokio trat sie schließlich auch an, damals schied sie bereits im Viertelfinale aus.

Das ist dem X-Mob aber egal: Sie bezeichnen Khelif als Mann und fordern Bilder aus ihrer Kindheit, die beweisen sollen, dass sie tatsächlich als Mädchen zur Welt kam. Auch in einigen Medienberichten wird Khelif fälschlicherweise als trans bezeichnet.

Die Algerierin ist bei Weitem nicht die Erste, von der gefordert wird, ihr Frausein unter Beweis zu stellen. Ein ähnliches Schicksal ereilte die namibischen Leichtathletinnen Christine Mbomba und Beatrice Masiling. Nachdem sie bei einem Wettbewerb so schnell gelaufen waren, dass sie binnen kürzester Zeit zu den Topfavoritinnen avanciert waren, wurden Zweifel daran geäußert, dass es sich bei den beiden tatsächlich um Frauen handelte.

Der Welt-Leichtathletikverband veranlasste Chromosomentests und schloss die Athletinnen von Olympia aus. Denn die Ergebnisse entsprachen nicht den Vorgaben des Verbandes, die weitaus schärfer gefasst sind als in anderen Sportarten.

Dahinter steckt auch das Grundproblem: Das Internationale Olympische Komitee überlässt es den einzelnen Verbänden, darüber zu entscheiden, wer bei den Frauen antreten darf. Dadurch ist es zu einem völligen Durcheinander an Regularien gekommen und letztlich sind in diesem Spiel alle Verlierer: Khelif, über die sich jetzt Hass sondergleichen ergießt. Und auch die Gegnerin, deren Unverständnis über die unterschiedlichen Regularien durchaus nachvollziehbar ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })