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Zum Ausrasten. Barcelona-Fans feiern das beinahe unglaubliche Comeback ihres Teams.

© Pau Barrena/AFP

Historische Aufholjagd des FC Barcelona: Der Fußball bleibt immer ein bisschen anarchisch

Das 6:1 des FC Barcelona gegen Paris St. Germain zeigt vor allem eines: Fußball ist nur bedingt beeinflussbar, egal, wer an der Seitenlinie steht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Sebastian Stier

Drei Wochen ist es her, da war Luis Enrique so ziemlich der schlechteste Fußball-Trainer der Welt. Kritisiert von den eigenen Spielern, zerrissen von der Presse. Weil sich seine Mannschaft leblos präsentiert hatte, hieß es, er erreiche als Chef seine Untergebenen nicht mehr. Weil seine Mannschaft grausam schlecht Fußball spielte und keine Antwort auf das aggressive Pressing des Gegners hatte, hieß es, er sei vor allem aus taktischer Sicht ein Desaster.

Ganz anders Unai Emery. Der wurde gefeiert für seinen mutigen Spielstil. Einer mit Plan war Emery. Ein Ahnungsloser Enrique. Und nun? Nach dem Rückspiel und 6:1 Tore später? Ist Emery der Trottel und Enrique der Held? Ist es nicht die Schuld des Pariser Trainers, dass er seine Mannschaft sich von Beginn an in der eigenen Hälfte verbarrikadieren ließ? Warum glaubte er plötzlich nicht mehr an die eigenen Stärken und ließ seine Spieler nur reagieren?

Und wie konnte es sein, dass Enrique, der taktisch angeblich Ahnungslose, Paris mit einem 3-4-3-System überrumpelte, indem gerade der ansonsten mit weniger Spielzeit bedachte Rafinha glänzte? Rafinha war Enriques Überraschung für Emery. Die Wahrheit liegt in einer Mitte, die der Fußball gerade verliert. Oder war Carlo Ancelotti vor sechs Wochen nicht noch ein Langweiler, unter dem sich die Bayern wieder von Sieg zu Sieg duseln müssen?

Weder Enrique noch Emery sind nach dieser historischen Nacht von Barcelona bessere oder schlechtere Trainer. Wenn Mannschaften mit so außergewöhnlichen Einzelspielern aufeinander treffen, wie es in der Champions League spätestens ab dem Achtelfinale der Fall ist, passieren eben außergewöhnliche Dinge. Mal positiv, mal negativ. Nicht alles ist immer erklärbar und schon gar nicht logisch. Auch wenn der Trend dahin geht, Fußball in alle Sequenzen zu zerlegen und zu verwissenschaftlichen, hat sich das Spiel sein anarchistisches Wesen bewahrt. Das ist die eigentliche Nachricht aus Barcelona. Selbst Trainer können darauf nur bis zu einem gewissen Punkt Einfluss nehmen.

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