zum Hauptinhalt

Sport: Deutsche Eishockeyliga: Aufschwung Öst

Wedemark: Flaches Land. Eishockey?

Wedemark: Flaches Land. Eishockey? Na ja. "Kühe, Schweine, Wedemark!", brüllen die gegnerischen Fans, egal, wo Olle Öst mit seiner Mannschaft auftritt. Manchmal fragt sich der Schwede immer noch, was ihn dort hin verschlagen hat, in die niedersächsische Provinz. Hannover Scorpions heißt sein Verein, aber das ist ein bisschen geprahlt. Hannover ist weit weg und nur Namensgeber für den Klub aus der Wedemark, der in der Landgemeinde Mellendorf zu Hause ist.

Vor gut drei Wochen hat der Dorfverein der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) bei Öst angerufen. Abends um halb zehn war das. Die Scorpions suchten einen Nachfolger für ihren erfolglosen Trainer Kevin Gaudet. Öst, ein 57-jähriger Schwede, antwortete spontan: Kommt nicht in Frage. Dann hat er überlegt, und die Lebensgefährtin hat gedrängelt: "Warum machst du das nicht, du hast doch nichts zu verlieren." Kurz vor Mitternacht griff Öst zum Telefonhörer und sagte zu. Drei Tage später leitete er bereits das Training in der Mellendorfer Halle, die ein wenig großspurig Icehouse heißt. Und was seitdem passiert ist, kann sich sehen lassen. Vor Öst waren die Scorpions acht Punkte von einem Play-off-Rang entfernt, inzwischen haben sie sechs Zähler Vorsprung auf Platz neun. Sechs von acht Spielen gewonnen - was hat Öst anders gemacht als Vorgänger Gaudet? "Wir trainieren ordentlich, spielen diszipliniert. So wie in Schweden."

Olle Öst hat aufgeräumt, nicht zum ersten Mal in seiner Laufbahn als Trainer. 1987 löste der Schwede beim damaligen Bundesliga-Aufsteiger BSC Preussen wenige Wochen nach Saisonbeginn den glücklosen Lorenz Funk ab. Öst verhinderte den Abstieg und führte die Berliner bis zu seinem Weggang im Jahre 1990 zwei Mal in die Play-offs. Zuvor hatte er bereits von 1978 bis 1980 den Berliner Schlittschuh-Club trainiert. Später diente Öst als Berater den Preussen und deren Nachfolge-Klub Capitals. Auch am zwischenzeitlichen Aufstieg der Berliner Eisbären war Öst beteiligt. Er fädelte manchen Spielerwechsel ein und sorgte in der Vorsaison auch dafür, dass sein Landsmann Kent Forsberg Trainer in Hohenschönhausen wurde."Berlin", sagt Öst, "ist fast wie meine zweite Heimat. Ich bin drei oder vier mal pro Jahr hier." In jüngster Vergangenheit sogar häufiger, besonders bei den Capitals. Öst hat nämlich nicht nur den berühmten Koffer in Berlin, sondern auch zwei Spieler. Er ist Berater von Verteidiger Norgren und Stürmer Sjögren, die beide bei den Capitals spielen.

Heute können die beiden ihrem Berater demonstrieren, was sie derzeit so drauf haben. Öst wird allerdings nicht auf der Tribüne sitzen, sondern hinter der Bande des Berliner Gegners stehen. Denn heute treten die Scorpions zum Gastspiel bei den Capitals an (Spielbeginn 19.30 Uhr, Eissporthalle Jafféstraße). Fürchtet der Hannoveraner Trainer Interessenskonflikte mit dem Berater Berliner Spieler? "Ich sehe da kein Problem", sagt Öst. Er könne doch nicht all seine Geschäfte auf Eis legen, nur weil er für ein paar Monate einen Vertrag als Trainer hat. "Ich spiele mit den Scorpions erst mal die Saison durch. Was ich danach mache, weiß ich noch nicht." Und die Mechanismen des Geschäftes, die kenne er nur zu gut: "Ein paar Niederlagen, und du bist gefeuert."

Nicht zuletzt deshalb hatte sich Öst Anfang der neunziger Jahre nach anderthalb glücklosen Jahren als Trainer in Mannheim hinter die Kulissen verzogen und war vor allem als Manager beim schwedischen Erstligisten Leksands IF aktiv. Dort hat er in der zurückliegenden Saison aufgehört. Zum Glück für die Scorpions. Denn der eigentliche Grund für Östs Engagement in der Wedemark ist denkbar simpel: "Ich habe mich gelangweilt." Lieber in der Provinz arbeiten als in Leksand Däumchen drehen. Es hätte auch ein anderer Klub sein können, die Sorpions haben einfach zum richtigen Zeitpunkt angerufen. Für einen guten Job ist Olle Öst immer zu haben.

Auch abends um halb zehn in der niedersächsischen Provinz.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false