
© dpa/Arne Dedert
„Wir wollen mutig nach vorn gehen“: Neuendorf für vier weitere Jahre als DFB-Präsident wiedergewählt
Der 64-Jährige hatte beim DFB-Bundestag keinen Gegenkandidaten. Die Zukunft beginne jetzt, kündigt er an. Neuendorf will auch gegen Gewalt und Rassismus im Fußball vorgehen.
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Kontinuität beim Deutschen Fußball-Bund: Bernd Neuendorf führt den DFB für weitere vier Jahre als Präsident an. Der 64-Jährige wurde auf dem 45. Ordentlichen Bundestag des weltgrößten Sportfachverbandes in Frankfurt am Main einstimmig bis Ende 2029 im Amt bestätigt und kündigte an: „Die Zukunft beginnt jetzt.“
Nach turbulenten Jahren der „Konsolidierung und Transformation“, die Neuendorf als „erfolgreiche Wurzelbehandlung“ bezeichnete, will der DFB-Boss in seiner zweiten Amtszeit mehr gestalten als verwalten. Es gehe darum, den eingeschlagenen Weg konsequent fortzusetzen. „Wir treten jetzt in eine neue Phase ein – in eine Phase der Gestaltung. Wir wollen mutig nach vorn gehen – und das stringent und planvoll“, verkündete Neuendorf.
„Wir haben den DFB in jeglicher Hinsicht stabilisiert und konsolidiert – atmosphärisch, finanziell, inhaltlich, sportlich. Der DFB hat seine Reputation wieder hergestellt. Er wird wieder als verlässlicher Player wahrgenommen“, rief Neuendorf in der Eventhalle auf dem DFB-Campus den 253 Delegierten zu.
Wir werden 2029, also am Ende der kommenden Wahlperiode, schuldenfrei sein.
Bernd Neuendorf, alter und neuer DFB-Boss
In seiner ersten Amtszeit hatte Neuendorf einige Krisen zu moderieren. Da waren zunächst die peinliche Spielführer-Debatte und das blamable Vorrunden-Aus bei der WM 2022 in Katar, wo der DFB sowohl auf als auch neben dem Platz keine gute Figur abgab.
Die sportlichen Aufräumarbeiten führten zur Trennung von Bundestrainer Hansi Flick und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff. Auch Frauen-Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg musste nach dem enttäuschenden Vorrunden-Aus bei der WM 2023 vorzeitig gehen.
Bei der Auswahl der neuen Führungspersönlichkeiten im sportlichen Bereich bewies der ehemalige Journalist und Staatssekretär im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport in Nordrhein-Westfalen ein gutes Händchen. Mit Sport-Geschäftsführer Andreas Rettig holte er einen jahrelangen DFB-Kritiker ins Boot.
Die zum Direktor der Nationalmannschaft berufene Fußball-Legende Rudi Völler und Bundestrainer Julian Nagelsmann hauchten der DFB-Auswahl neues Leben ein, die Frauen befinden sich unter Bundestrainer Christian Wück wieder im Aufschwung.
Unter Neuendorfs Führung hat sich zudem das in der Vergangenheit oft verhärtete Verhältnis des Verbandes zur Deutschen Fußball Liga normalisiert. Man habe gemeinsam bewiesen, „dass der Fußball handlungsfähig ist“, stellte Neuendorf fest. DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke lobte „den Wandel, der da stattgefunden hat“ und bekräftigte: „Wir haben gelernt, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Mir hat das die letzten dreieinhalb Jahre Spaß gemacht.“
Noch wichtiger: Auch finanziell steht der DFB, der 2022 ein strukturelles Defizit von jährlich 20 Millionen Euro verzeichnete, wieder besser da. „Im Hinblick auf die Finanzen standen wir an einem gefährlichen Kipppunkt“, sagte Neuendorf im Rückblick und verkündete stolz: „Wir haben den DFB auf eine wirtschaftlich solide Basis gestellt. Wir werden 2029, also am Ende der kommenden Wahlperiode, schuldenfrei sein.“
Und nicht nur das: Neben der kompletten Tilgung des 75-Millionen-Euro-Kredits für den Bau des DFB-Campus will der Verband bis zu diesem Zeitpunkt Rücklagen von mehr als 100 Millionen Euro bilden, kündigte Schatzmeister Stephan Grunwald an.
Hilfreich sein wird dabei der neue Ausrüstervertrag mit Nike, der dem DFB dem Vernehmen nach 100 Millionen Euro einbringen soll. Mit den Einnahmen will Neuendorf vor allem den Bereich Nachwuchs/Amateure stärken. Schon jetzt investieren der DFB und seine Landesverbände rund 125 Millionen Euro pro Jahr in den Amateurfußball. „Ein kraftvolles Statement, wie ich finde“, sagte Neuendorf und appellierte: „Daran sollten wir festhalten.“
Neuendorf will gegen Rassismus vorgehen
Vor seiner Wiederwahl hatte Neuendorf einen Null-Toleranz-Kurs des DFB im Umgang mit Gewalttätern angekündigt. „Ich sage es deutlich: Wenn wir wollen, dass Fußball an den Wochenenden weitgehend ohne behördliche Auflagen und Verfügungen gespielt werden kann, wenn wir als Fußballverbände zukünftig handlungsfähig bleiben wollen, dann müssen wir Gewalttätern auch Grenzen aufzeigen und dort, wo die Vernunft aussetzt, – so leid es mir tut – auch Sanktionen aussprechen“, sagte der DFB-Boss.
Ein solches striktes Vorgehen gelte auch „für rassistische und antisemitische Äußerungen und Beleidigungen – sowohl in den Stadien als auch im Netz. Das ist und bleibt vollkommen inakzeptabel“, bekräftigte der 64-Jährige und forderte: „Die Spalter und Hetzer, die Verschwörungstheoretiker, die ewig schlecht Gelaunten: Sie dürfen nicht über unsere Zukunft entscheiden und über das gesellschaftliche Klima im Land.“
Die Botschaft des Verbandes sei deshalb eindeutig und klar. „Für dieses Gedankengut darf es keinen Platz geben – weder im Fußball noch sonst irgendwo in unserer Gesellschaft. Rassismus, Diskriminierung und menschenverachtendes Verhalten sind weder mit unserer Verfassung noch mit den Werten des Sports und schon gar nicht mit den Grundsätzen des DFB vereinbar“, sagte Neuendorf.
Grundsätzlich sei der Besuch von Fußballspielen in den Stadien und auf den Amateurplätzen in Deutschland zwar sicher. Gleichwohl komme es aber immer wieder zu Gewaltvorfällen, „die wir alle nicht sehen und an die wir uns schon gar nicht gewöhnen wollen“, appellierte Neuendorf. (dpa)
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