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Deutsches U-20-Nationalteam im Eishockey : Flüchtet, so schnell es geht!
Klassenerhalt in der U-20-WM geschafft, aber daheim nicht mal zweite Wahl. Deutschlands Eishockeytalente bekommen in der DEL kaum eine Chance. Wie sich für sie gegensteuern lässt.

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Am Donnerstag hat Rio Kaiser mit dem deutschen U-20-Team bei der U-20-WM in Kanada durch ein holpriges 4:3 gegen Kasachstan den Klassenerhalt geschafft, einen Tag später verkündete sein Arbeitgeber Eisbären Berlin aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), dass der 18 Jahre alte Verteidiger künftig für die Peterborough Petes in der Ontario Hockey League spielen wird, also in Kanada. Besser ist es für Kaiser, denn in Berlin hätte er sich spielerisch nicht weiterentwickeln können. Da bekam er weniger Einsatzminuten als in vier Spielen bei der U-20-WM, Kaiser stand in sieben Partien bei den Eisbären gerade mal zwölf Minuten und 46 Sekunden auf dem Eis.
Sein Nationalmannschaftskollege Maxim Schäfer, am Donnerstag im Spiel gegen Kasachstan Doppeltorschütze und später als bester Deutscher geehrt, harrt in Berlin noch in Sturmreihe vier aus. Er hat bislang satte 59 Minuten Eiszeit bekommen, in 16 von 31 Spielen der Eisbären. Die DEL-Klubs setzten halt auf erfahrene Kräfte. Erst kürzlich haben sie in Düsseldorf den 35 Jahren alten US-Amerikaner Ryan McKiernan verpflichtet, weil er nun einen deutschen Pass hat. Der talentierte U-20-WM-Spieler David Lewandowski dagegen war schon früher nach Übersee geflüchtet.
Das Dilemma für den deutschen Nachwuchs, der an der Schwelle zum Profitum steht, ist nicht neu: Während sie in Schweden, Tschechien oder Finnland gern auf junge Spieler setzen, werden die Nachwuchskräfte in der DEL oder DEL2 wohl aus wirtschaftlichen Zwängen und fehlendem Mut und Geduld als Pflichtprogramm gesehen, den Jungs helfen auch alle Förderlizenzregelungen nichts. Wer etwas werden will und nicht Tim Stützle oder Moritz Seider heißt, hat keine Chance.
Und so geraten sie bei einem U-20-Turnier wie in Kanada, inszeniert als große Spielerbörse für die National Hockey-League (NHL), dann immer mehr in die Defensive. Selbst gegen Teams wie Lettland (3:4 nach Verlängerung) oder Kasachstan. Deutschlands A-Team der Männer kam gegen diese Gegner bei der WM 2024 zu Kantersiegen (8:1 gegen Lettland, 8:2 gegen Kasachstan). Sicher schwer zu vergleichen, aber Indikator dafür, dass an der Basis etwas falsch läuft, andere Länder aufholen und die Deutschen aufpassen müssen. Nur der Klassenerhalt kann bei Nachwuchsturnieren dauerhaft nicht der Anspruch sein.
Dafür, dass sie so sensationell schlecht gefördert werden in den Ligen ihres Landes, haben die deutschen Nachwuchsspieler beim U-20-Turnier von Ottawa noch sensationell gut mitgehalten. Wenn sie später noch etwas werden wollen im Eishockey, kann man ihnen nur raten: Flüchtet aus Deutschland nach Übersee, so schnell es geht.
Auch wenn es schließlich für die NHL nicht reichen sollte, zurückkommen kann man dann in die DEL als gestandener Spieler, von Leon Gawanke bis Lukas Kälble haben das zuletzt einige Profis vorgemacht und in vielen kleinen Eishockeynationen machen sie das schon lange so.
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