
© IMAGO/Ulmer/Teamfoto
DFB-Team bei der Europameisterschaft: Der Wille ist da, das Spielniveau fehlt noch
Trotz des Viertelfinaleinzugs gegen Dänemark bleiben spielerische Zweifel am DFB-Team. Die starke Mentalität kaschiert erneut, dass Wücks Elf noch keine überzeugenden Lösungen im Offensivspiel findet.
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Aktuell wird ein Fußballspiel oftmals anhand seiner Statistik bewertet. Blickt man ganz nüchtern auf die Zahlen beim Spiel zwischen den deutschen und den dänischen Fußballerinnen, könnte man von einem souveränen und verdienten Sieg der Deutschen sprechen. Während Dänemark nur fünf Torschüsse verzeichnete, kam Deutschland auf 27 Abschlüsse. Bei der Passquote, gewonnenen Zweikämpfen und erfolgreichen Dribblings führt Deutschland ebenfalls deutlich.
Dass das DFB-Team im zweiten Gruppenspiel der EM mit 2:1 (0:1) gewann, geht also völlig in Ordnung. Und doch bleibt nach dem Auftritt am Dienstagabend in Basel der Eindruck zurück, dass es sein Potenzial noch immer nicht ganz ausnutzt.
„Es war ein Sieg der Mentalität. Uns war klar, dass die Däninnen uns das Leben sehr schwer machen werden und wir sind unheimlich glücklich, dass wir das noch umgebogen haben“, sagte Wück. Sein Team hatte sich nach dem Gegentreffer in Halbzeit eins und zwei VAR-Entscheidungen, die zu Ungunsten seines Teams ausfielen, zurückgekämpft. „Es war für mich unheimlich wichtig, auch mal dieses Gesicht der Mannschaft zu sehen, weil wir es aus spielerischer Sicht nicht hinbekommen haben“, sagte Wück.
Die beiden jüngsten Spiele, in denen das deutsche Team unter anderem Herausforderungen wie die Verletzung von Kapitänin Giulia Gwinn überstehen musste, dürfte dem Selbstvertrauen gutgetan haben. „Es ist keine Überraschung, dass es harte Spiele sind, aber wir haben uns mit zwei Siegen eine sehr gute Ausgangslage geschaffen für das letzte Spiel“, sagte etwa Laura Freigang.
Sie und ihre Teamkolleginnen übten allerdings auch Selbstkritik. „Es war nicht so einfach, in unser Offensivspiel reinzukommen, weil die Däninnen extrem diszipliniert verteidigt haben und sehr kompakt vor dem Sechzehner standen“, erklärte Freigang. Dem deutschen Team habe in vielen Momenten eine Lösung gefehlt, um durchzubrechen.
Erneut setzte Bundestrainer Wück auf Flanken und das, obwohl schon gegen Polen kaum eine davon ankam. Auch diesmal fanden nur drei der 28 Versuche ihr Ziel. Für den 52-Jährigen ist das trotzdem kein Grund zu versuchen, auf andere Weise ein Tor zu erzielen.
Vielmehr möchte er im Training den Fokus darauf legen, dass die Hereingaben präziser werden. „Wenn Druck da ist, wenn Nervosität dazukommt, müssen wir es hinbekommen, auf unser höchstes Level zu kommen. Und da sind die Passqualität und der erste Kontakt das Erste, was auffällt“, meint Wück. „Das ist der Unterschied zwischen den absoluten Spitzenmannschaften, wenn ich jetzt an Frankreich und Spanien denke.“
Das deutsche Team schöpft sein Potenzial nicht aus
Laut Christian Wück muss sich das deutsche Team vor diesen Nationen nicht verstecken, weil man Spielerinnen auf Top-Niveau habe, wie Klara Bühl, Jule Brand oder Lea Schüller. Während Bühl trotz ihrer zehn geblockten Schüsse für Energie im deutschen Spiel sorgte, war von Schüller und Brand lange Zeit gar nichts zu sehen. Für Letztere fehlte die Unterstützung auf der Außenbahn durch Carlotta Wamser, Schüller wurde durch das Flankenspiel zu sehr auf ihre Kopfballstärke reduziert.
Dass der Nationalelf mit Kampfgeist trotzdem noch das Comeback nach dem Rückstand gelang, ist eine wichtige Qualität für den weiteren Turnierverlauf. Klar ist aber auch, dass die beiden Tore vom dänischen Team begünstigt wurden und nicht eine Folge der spielerischen Klasse Deutschlands waren. Vor dem Ausgleichstreffer holte Dallmann clever den Elfmeter raus, den Sjoeke Nüsken sicher verwandelte.
Wenn eine Spielerin eine ernste Kopfverletzung hat, muss man abpfeifen und Verantwortung übernehmen.
Andreé Jeglertz, Trainer von Dänemark, über die Entstehung des 2:1
Das zweite Tor entstand aus einer unglücklichen Situation, bei der Dänemarks Emma Færge ihrer Mitspielerin Emma Snerle ins Gesicht schoss und so erst Brand und schließlich Schüller an den Ball kam und traf. „Wir brauchen klarere Regeln in solchen Situationen. Wenn eine Spielerin eine ernste Kopfverletzung hat, muss man abpfeifen und Verantwortung übernehmen“, sagte Dänemarks Trainer Andreé Jeglertz über die Situation, nach der Snerle sichtlich angeschlagen ausgewechselt werden musste.
Optimistisch stimmt diesmal die Defensivleistung des deutschen Teams. In Halbzeit zwei ließ es keinen einzigen Schuss zu und verteidigte auch die wenigen Konter der Däninnen souverän.
Einzig Ann-Katrin Berger sorgte für Puls bei Trainer Wück, als sie dreimal zum Dribbling gegen eine dänische Angreiferin ansetzte. „Ich werde mich mit ihr an einen Tisch setzen, damit wir andere Lösungen finden, sonst werde ich nicht alt“, sagte Wück. Für ihn dürfte dabei auch schon der Blick in Richtung des dritten Gruppengegners Schweden gehen, auf das Deutschland am Samstagabend trifft (21 Uhr, ZDF). Denn dort dürfte man nun auf Bergers Ausflüge vorbereitet sein.
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