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DFB-Team kämpft sich ins Viertelfinale: Mentalität allein wird für den Titel nicht reichen
Beim 2:1-Sieg über Dänemark zeigt sich, dass das DFB-Team inzwischen Rückschläge wegstecken kann. Spielerisch bleiben allerdings Fragezeichen.

Stand:
Es ist nicht allzu lange her, dass dem DFB-Team der Frauen fehlende Resilienz vorgeworfen wurde und dass ihm die Fähigkeit abgehe, auch nach Rückschlägen zurückzukommen und Spiele noch zu drehen.
Bei der Weltmeisterschaft 2023 und dem Gruppenaus wurde die fehlende Überzeugung später als ein Grund für das Ausscheiden ausgemacht, und auch die jüngste Nations-League-Phase war von unsicheren Halbzeiten geprägt.
Am Dienstagabend aber hat die große Mentalität dem deutschen Nationalteam ins Viertelfinale der Fußball-Europameisterschaft verholfen.
Gegen Dänemark überstand es in Basel zwei VAR-Entscheidungen gegen sich – das Aberkennen eines Tors und die Zurücknahme eines Elfmeters – und gewann durch Tore von Sjoeke Nüsken und Lea Schüller mit 2:1 (0:1).
Unsicherheit in Halbzeit eins
„Heute war ein sehr, sehr schwieriges Spiel, mit vielen Sachen, die man so im Fußball gar nicht berechnen kann. Als Spielerin ist es da nicht immer einfach, im Rhythmus zu bleiben“, sagte Klara Bühl, die zur Spielerin des Spiels gekürt wurde.
Früher hätte das DFB-Team ein solches Spiel vielleicht nicht mehr gedreht. [...] Dennoch darf man bei aller Euphorie den spielerischen Aspekt nicht vernachlässigen, der nach wie vor ausbaufähig ist.
Tagesspiegel-Redakteurin Charlotte Bruch über das 2:1 der deutschen Frauen gegen Dänemark
Bundestrainer Christian Wück lobte sein Team später besonders für dessen Siegeswillen, den Kampfgeist und die Einstellung, nie aufzugeben. Und es stimmt, in den entscheidenden Phasen war die Nationalelf vom Kopf her da. Trotzdem kam in Halbzeit eins wieder diese typische Unsicherheit auf, wodurch Dänemark kurzzeitig näher am 2:0 war als Deutschland am Ausgleich.
Früher hätte das DFB-Team ein solches Spiel vielleicht nicht mehr gedreht, und es ist wichtig, festzustellen, dass es auch anders kann. Schließlich zählt die mentale Stärke zu einer der wichtigsten Qualitäten in einem Turnier.
Dennoch darf man bei aller Euphorie den spielerischen Aspekt nicht vernachlässigen, der nach wie vor ausbaufähig ist. Schon gegen Polen wirkte das Offensivspiel Deutschlands recht eindimensional, und auch gegen die Däninnen wurden entweder unpräzise Flanken geschlagen oder auf individuelle Momente einer Klara Bühl gehofft. Nach wie vor bestehen Probleme gegen tief stehende Gegner. Zwar kam das deutsche Team zu 27 Abschlüssen, davon gingen allerdings nur fünf aufs Tor.
Im Laufe des Turniers noch eine spielerische Variabilität in der Offensive zu entwickeln, erscheint unrealistisch. Durch das Erreichen der K.o.-Phase könnte sich dieses Thema aber möglicherweise von allein erledigt haben. Im Viertelfinale wartet der erste richtige Topgegner und damit aller Voraussicht nach eine Nation, die selbst den Ball haben möchte und nicht nur Deutschland gestalten lässt. Das könnte dem Team von Trainer Wück und schnellen Spielerinnen wie Bühl oder Jule Brand entgegenkommen.
Klar ist auch, dass Deutschland nach dem Sieg über Dänemark zufrieden sein kann und den Viertelfinaleinzug feiern darf.
Doch weil das deutsche Team mehr als nur das Viertelfinale will, muss sich Trainer Wück hinterfragen, ob eine gute Mentalität allein für einen EM-Titel reicht.
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