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Endlich darf er mal ein Autogramm in der Heimat schreiben. Stanley-Cup-Sieger Nico Sturm beim Empfang im Augsburger Rathaus. Oberbürgermeisterin Eva Weber schaut zu, ob der Sohn der Stadt auch alles richtig macht beim Eintrag ins Goldene Buch.

© IMAGO/Jan Huebner

Die Eisbären empfangen San Jose: Im Schwitzkasten der NHL

Für die Berliner kommt das Testspiel gegen die Sharks zum ungünstigen Zeitpunkt. Überhaupt ist die NHL nicht nur ein Segen für das deutsche Eishockey.

Stand:

Es ist absurd. Die Eisbären Berlin haben gerade erst ihren schlechten Start in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) am Sonntag mit dem 5:2 gegen die Düsseldorfer EG am Sonntag korrigieren können und nun am Mittwoch ein wichtiges Spiel in der Champions Hockey League vor Augen: Nur mit einem Sieg gegen HC Mountfield Hradec Králové aus Tschechien können sie die nächste Runde erreichen. Doch als Vorbereitung auf diese Partie haben sie 24 Stunden vorher noch ein sportlich sinnfreies Spiel gegen die San Jose Sharks aus der National Hockey-League (NHL).

Einige NHL-Teams touren zu Saisonbeginn durch Europa, dabei gibt es nicht nur schon erste Punktspiele (San Jose spielt zwei Mal gegen die Nashville Predators in Prag), sondern zuvor noch Testspiele. Verkauft wird der ganze Bums als „NHL Global Series Challenge“ und natürlich zu deftigen Preisen, für das Spiel in der Mercedes-Benz Arena am Dienstag (Beginn 20 Uhr/ProSieben Maxx) kann der NHL-Fan Karten zu Preisen von 41,50 bis 107,50 Euro ergattern.

Das ist happig, aber immer noch wenig im Vergleich zu anderen internationalen Events in der Berliner Arena: Wer etwa ein Konzert der Kpop-Superstars Black Pink im Dezember besuchen will, der zahlt dafür zwischen 227 und 666 Euro.

Insofern ist die NHL in Berlin ein Schnäppchen, auch wenn das Spiel gegen San Jose für die Eisbären zum falschen Zeitpunkt kommt und kaum ausverkauft sein dürfte. Bei San Jose spielt mit dem Augsburger Nico Sturm zwar ein deutscher Angreifer, sogar ein Stanley-Cup-Sieger (Sturm holte dieses Jahr den NHL-Titel, noch mit Colorado) aber der dürfte kaum einen Eisbären-Fan hinter dem Ofen hervorlocken. Die NHL ist zwar für das deutsche Eishockey ein Segen, weil sie auch Stars aus Deutschland produziert, aber auch ein Fluch, weil die in Deutschland dann keiner kennt und live sehen kann.

Leon Draisaitl etwa kann in Edmonton kaum auf die Straße gehen. Der Starspieler der Oilers dürfte in Kanada einen Bekannheitsgrad von defensiv geschätzt 99 Prozent haben. In seiner Heimatstadt erkennt ihn die Mehrheit der Menschen dagegen nicht, wie er oft erzählt.

Etabliert in der NHL. Sturm (links) noch im Trikot der Colorado Avalanche.

© dpa

Toni Kroos (Fußballstar, kennt jeder im Lande) hat Draisaitl daher kürzlich in seinem Podcast „Einfach mal Luppen“ den Tipp geben, „ einfach den Helm auf der Straße aufzusetzen. Vielleicht erkennen Dich die Leute dann.“ Tim Stützle (inzwischen Millionenverdiener in Ottawa) oder Moritz Seider (Detroit Red Wings, zuletzt zum besten Neuling in der NHL gekürt) sind in Deutschland außerhalb der Eishockeyszene ebenfalls unbekannte Sportgrößen.

Stars in der Ferne nützen dem deutschen Eishockey im eigenen Land eben nur bedingt, sicher als Vorbilder für den Nachwuchs, aber dafür spielen sie dann kaum für die Nationalmannschaft oder nie – wie zum Beispiel Nico Sturm. Er hat vor ein paar Tagen gesagt: „Man sieht an den internationalen Turnieren, dass Deutschland in den letzten zehn Jahren enorm wettbewerbsfähig geworden ist.“ Das Absurde im Fall Sturm ist, am Dienstag wird er das erste Mal überhaupt in einem Spiel im Profibereich in seinem Heimatland auf dem Eis stehen, eben beim Spiel gegen die Eisbären.

Die besten deutschen Eishockeyspieler sind weit weg von der DEL

Und Nico Sturm ist 27. Immerhin hat er sich nun ins Goldene Buch seiner Heimatstadt Augsburg eintragen dürfen und – weitgehend unerkannt – am Sonntag Herthas Heimspiel besucht und natürlich für ein Foto auch das Hertha-Trikot übergezogen. Hoffentlich hat es in Augsburg keiner gesehen, der FC Augsburg gratuliert Sturm immer so höflich per Twitter, wenn er was gewonnen hat.

Die besten deutschen Eishockeyspieler sind weit weg von der DEL, was allerdings andere Ligen in Europa mit ihren besten Spielern auch so trifft – nur haben sie in Finnland oder Schweden eben mehr davon und auch mehr Rückkehrer aus der NHL.

Selbstverständlich findet das Testspiel gegen das Team aus Kalifornien in der großen Arena statt (Geld verdienen, Umbau auf die kleinere Eisfläche) und das CHL-Spiel der Eisbären am Mittwoch steigt dann nur im kleinen Wellblechpalast. Die Show hat Vorfahrt vor dem Sport. Für die Eisbären ist es bererits das dritte Spiel gegen einen NHL-Klub, Tampa Bay Lightning und zulrtzt die Chicago Blackhawks haben auch schon in Berlin vorbeigeschaut.

Eisbären-Angreifer Manuel Wiederer, der selbst drei Jahre lang in San Jose unter Vertrag stand, aber nur beim Farmteam spielen durfte, sagt zum Event am Dienstag: „Ich denke, die Liga und das Spiel gegen Mountfield sind viel wichtiger.“ Aber vielleicht wird es für die Berliner ja ganz lustig und eine „schöne Sache“ (Wiederer) gegen die Sharks und hoffentlich verletzt sich – aus ihrer Sicht – keiner.

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