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Tim Freihöfer ist bei den Füchsen der Experte für die Sieben Meter.

© IMAGO/Daniel Lakomski

Die Füchse Berlin auf dem Weg zur Meisterschaft: Vor dem Meilenstein kommt der Aberglaube

Zwei Spiele sind es noch in der Handball-Bundesliga, zwei Spiele bis zum großen Ziel. Am Donnerstag empfangen die Füchse Gummersbach und setzen auf das Motto: Jetzt bloß nichts mehr ändern.

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Jetzt bloß nichts mehr ändern. Stefan Kretzschmar achtet plötzlich auf Kleinigkeiten. Dass beim Mediengespräch alle auf ihren angestammten Plätzen sitzen, hat für den Sportvorstand der Füchse Berlin derzeit Bedeutung. Kurz vor Saisonende wird er abergläubisch.

Schon in wenigen Tagen könnten die Füchse zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte Deutscher Meister werden. Zwei Spieltage gibt es aber noch in der Handball-Bundesliga. Am Donnerstag (19 Uhr, Dyn) bestreiten die Berliner gegen den VfL Gummersbach das letzte Heimspiel der Saison. Und das wollen sie genauso angehen wie alle anderen zuvor.

„Das wird natürlich eine extrem emotionale Woche für uns“, sagt Kretzschmar. Dabei den Fokus zu halten, wird wahrscheinlich die schwierigste Aufgabe sein für die Füchse. Denn so eng wie die Tabellenspitze gerade ist, könnte jeder Stolperer den Titel kosten. Die „Emotionen zu kanalisieren“ und „die Mannschaft zu beruhigen“ sei nun entscheidend, sagt er – Routine soll helfen, die „Woche so normal wie möglich zu absolvieren.“

Also macht Trainer Jaron Siewert, was er jede Woche tut: Er analysiert den nächsten Gegner. Über andere Themen – wie die Verabschiedung von Paul Drux, die am Donnerstag nach dem Spiel stattfinden soll – will er derzeit nicht sprechen. Siewert: „Jetzt ist erstmal der volle Fokus auf Gummersbach und den sportlichen Dingen.“

Gummersbach ist gut in Form

Die Füchse treffen auf eine Mannschaft, die zum Saisonendspurt zu beeindruckender Leistungsstärke gefunden hat. Vier Siege aus den letzten vier Spielen geben den Gummersbachern Selbstvertrauen. Mit Miro Schluroff und Julian Köster haben sie zwei treffsichere Nationalspieler in ihren Reihen, die den „Angriff sehr rückraumlastig“ machen, so der Trainer.

„Für uns geht es darum, auch gegen Gummersbach unsere Spielphilosophie umzusetzen, eine gute Abwehr zu stellen wie zuletzt. Wir wollen sie nicht in den Flow kommen lassen“, sagt Siewert. Das Hinspiel, das die Berliner mit 29:22 gewannen, sei „nicht so unser Spielstil“ gewesen.

„Aber am Ende des Tages gilt es auch für Gummersbach – die müssen uns erstmal schlagen“, sagt Tim Freihöfer. Der erst 22 Jahre alte Linksaußen ist im Laufe der Saison zu einem echten Rückhalt für sein Team geworden. 197 Tore, damit zweitbester Werfer der Berliner – 108 davon traf er von der Sieben-Meter-Linie. „Manchmal denke ich vor dem Spiel nach. Aber wenn es losgeht, versuche ich, drumherum alles auszublenden und mir selbst zu sagen, dass ich besser bin als mein Gegenüber“. In fast 80 Prozent der Fälle ist er das von der Sieben-Meter-Linie auch.

Die Stimmung im Team sei gut, berichtet Freihöfer. „Natürlich ist allen bewusst, was hier gerade auf dem Spiel steht.“ Entsprechend fokussiert seien die Trainingseinheiten. „Aber wir verlieren auch nicht den Spaß. Und das finde ich sehr wichtig – dass jeder bleibt, wie er ist, und nicht wegen der äußeren Gegebenheiten versucht, irgendwas zu ändern.“

Nun steht die Mannschaft vor den zwei entscheidenden Spielen und muss die Ruhe bewahren. Tim Freihöfer weiß, dass in dieser Phase jedes Detail zählt. „Wir müssen am Ende den Fokus halten – die anderen schauen nur zu. Und wir sind für das Ergebnis selbst verantwortlich“, sagt Freihöfer.

Die Mannschaft ist wirklich zusammengewachsen, und sie macht es mir als Trainer leicht. Wir haben super Charaktere, absolute Profispieler – und kein Arschloch.

Jaron Siewert, Trainer der Füchse

Für ihn macht gerade das den Reiz aus: Es sei „der ehrlichste Titel, den man gewinnen kann“, weil es kein K.-o.-System gebe, sondern über 34 Spieltage hinweg konstante Leistung gefragt sei. Wer am Ende oben stehe, habe „wirklich alles gegeben“ – und genau das würde auch dem Verein gut zu Gesicht stehen. Ein großer Titel, nicht knapp verpasst, sondern endlich geholt: ein Meilenstein.

Auch Siewert weiß, wie besonders diese Konstellation ist – auch weil das Team sich als Einheit gefunden hat: „Die Mannschaft ist wirklich zusammengewachsen, und sie macht es mir als Trainer leicht. Wir haben super Charaktere, absolute Profispieler – und kein Arschloch. Es macht Spaß, mit ihnen zu arbeiten.“ Warum also daran etwas ändern?

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