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Zwei von vier. Derry Scherhant (links) und Florian Niederlechner können die Position des Mittelstürmers bei Hertha BSC übernehmen.

© imago/Contrast/O.Behrendt

Die Schwachstelle im Angriff: Hertha BSC fehlt ein verlässlicher Mittelstürmer

In den vergangenen drei Spielen ließ Trainer Cristian Fiél Hertha mit drei verschiedenen Mittelstürmern beginnen. Der passende Nachfolger für Haris Tabakovic ist noch nicht gefunden.

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Für Luca Schuler ist Hertha BSC bereits der neunte Verein, für den er spielt, seitdem er als Kind mit dem Fußball angefangen hat. Allein sechs aktuelle Zweitligisten, inklusive Hertha, finden sich in seinem Lebenslauf. Fortuna Düsseldorf, der nächste Gegner der Berliner, ist leider nicht darunter.

Leider, weil Schuler, Herthas Mittelstürmer, in dieser Saison ausschließlich gegen Ex-Vereine getroffen hat: zweimal im Hinspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern und einmal gegen den 1. FC Magdeburg, von dem er im Sommer ablösefrei nach Berlin gekommen ist.

Den Transfer hatte Herthas Sportdirektor Benjamin Weber schon im Frühjahr angebahnt und zum Abschluss gebracht – in weiser Voraussicht, dass der Klub im Sommer wohl einen Ersatz für Haris Tabakovic benötigen würde.

Webers Plan ist nur zum Teil aufgegangen. Tabakovic, in der vergangenen Saison mit 22 Treffern Torschützenkönig der Zweiten Liga, hat Hertha zwar tatsächlich verlassen und versucht sich nun eine Liga höher bei der TSG Hoffenheim. Luca Schuler aber ist mit der Aufgabe, den Bosnier zu ersetzen, bisher eindeutig überfordert.

In den vier Spielen der Rückrunde blieb der neue Mittelstürmer dreimal komplett außen vor. Lediglich in Regensburg durfte er für die letzten fünf Minuten aufs Feld. Überhaupt stand Schuler an den vergangenen 14 Spieltagen nur einmal in der Startelf, und da, beim Auswärtsspiel in Fürth, wurde er zur Pause schon wieder ausgewechselt.

Was Herthas Trainer Cristian Fiél vor einer Woche nach der Niederlage gegen Kaiserslautern für die gesamte Mannschaft beklagt hat, das gilt im besonderen Maße auch für Luca Schuler: Das sogenannte Momentum will zurzeit nichts von ihm wissen.

Streicheleinheiten für die sensible Stürmerseele. Herthas Trainer Cristian Fiél stützt Luca Schuler, lässt ihn aber nur selten spielen.

© imago/Matthias Koch

„Luca Schuler ist ein Junge, der im Training immer Vollgas gibt, der immer versucht, Dinge besser zu machen“, sagt sein Trainer. „Im Moment fehlt ihm dieses Quäntchen, um auch Tore zu schießen. Aber das brauchen wir: Wir müssen Tore schießen.“

Zwei Spiele ist Hertha das nun nicht mehr gelungen – was auch mit der Besetzung der Mittelstürmerposition zu tun hat. Fünf Kandidaten, inklusive Tabakovic an den ersten beiden Spieltagen, haben sich bisher an dieser Rolle versuchen dürfen. Keiner von ihnen hat bisher vollauf überzeugt.

Gerade mal acht Tore haben alle als Mittelstürmer eingesetzten Spieler nach 21 Spieltagen bisher erzielt. Tabakovic alleine kam zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison bereits auf elf Treffer.

Luca Schuler ist ein Junge, der im Training immer Vollgas gibt, der immer versucht, Dinge besser zu machen. Aber im Moment fehlt ihm dieses Quäntchen.

Herthas Trainer Cristian Fiél

Ein neuer Stürmer im Winter wäre Fiél daher durchaus gelegen gekommen. Doch letztlich fand sich kein geeigneter Kandidat, den der Klub auch hätte finanzieren können. Herthas Trainer wird daher weiterhin mit den vorhandenen Möglichkeiten zurande kommen müssen.

In den jüngsten drei Spielen hat er immer mit einem anderen Mittelstürmer begonnen. Gegen den Hamburger SV war es Florian Niederlechner, der insgesamt achtmal auf dieser Position auflaufen durfte. In Regensburg startete, zum ersten und einzigen Mal in dieser Saison, Smail Prevljak und gegen Kaiserslautern Derry Scherhant.

Der 22-Jährige ist mit sechs Toren nicht nur Herthas bester Torschütze in dieser Saison, er zählt auch zu den Spielern, die unter Fiél den größten Entwicklungssprung gemacht haben. Allerdings hat Scherhant, in Vertretung des verletzten Fabian Reese, vor allem als Linksaußen überzeugt.

Scherhant ist kein typischer Mittelstürmer

Schuler und Prevljak sind vom Typ her die klarsten Mittelstürmer in Herthas Kader. Niederlechner spielt am liebsten im Schatten des zentralen Angreifers, und von Scherhant heißt es bei Hertha immer wieder: „Der kann das auch spielen.“ Den Beweis aber ist er bisher weitgehend schuldig geblieben.

Viermal ist Scherhant in dieser Saison als Mittelstürmer aufgelaufen. Dabei ist ihm ein Assist gelungen. Sechs Schüsse hat er abgegeben, zwei davon kamen aufs Tor. Vor einer Woche gegen Kaiserslautern befand sich Scherhants durchschnittliche Position hinter denen der drei anderen Offensivspieler; dabei hätte er als Mittelstürmer eigentlich vor ihnen postiert sein müssen.

Trainer Fiél war trotzdem nicht der Meinung, dass sich Scherhant zu sehr in Zonen bewegt hatte, in denen er als Mittelstürmer eigentlich nichts zu suchen hat. Indem er sich immer wieder habe fallen lassen, habe er seinen Gegenspieler aus der Defensive herausgezogen und damit Raum geschaffen. „Aber dann muss auch der Ball da reingespielt werden“, sagte Fiél.

Doch das passierte zu selten. Und auch die Flanken, die Fabian Reese als Linksaußen bei seinem ersten Startelfeinsatz in dieser Saison vor das Tor der Lauterer schlug, fanden in der Mitte keinen passenden Adressaten.

Herthas mangelnde Strafraumbesetzung war offenkundig ein Problem. Denn obwohl die Berliner das Spiel bestimmten, obwohl sie mehr Ballbesitz hatten als der FCK (53 zu 47 Prozent) und obwohl sie auch häufiger im Angriffsdrittel zu finden waren als ihr Gegner, waren die Gäste im gegnerischen Strafraum öfter am Ball als Hertha (24:23).

Auch gegen Düsseldorf kann Cristian Fiél wieder zwischen verschiedene Varianten für die Sturmbesetzung wählen. Smail Prevljak, der gegen Kaiserslautern wegen eines Infekts fehlte, ist wieder fit. Dass Scherhant erneut im Zentrum auflaufen wird, ist eher unwahrscheinlich. Die linke Seite dürfte zwar für Reese reserviert sein, Scherhant aber könnte sehr gut nach rechts ausweichen.

„Alle haben im Training unter der Woche die Möglichkeit zu zeigen, dass sie gut drauf sind und in die Startelf gehören“, sagt Cristian Fiél. Das stimmt. Einen Rechtsanspruch auf die Mittelstürmerposition besitzt nach dem bisherigen Verlauf der Saison keiner der infrage kommenden Kandidaten.

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