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Kristina Mladenovic (r.) kann in New York mit niemandem mehr abklatschen.

© Imago

Tennis in der Coronavirus-Krise: Die US Open 2020 sind eines Grand-Slam-Turniers unwürdig

Der eine spielt, die andere nicht – bei den US Open regiert die Willkür. Besser wäre, das Turnier hätte gar nicht erst stattgefunden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jörg Leopold

New York ist eine aufregende Stadt – sofern man sie nicht nur von seinem Hotelzimmer aus erlebt. Genau das widerfährt derzeit allerdings den Tennisprofis, die beim Grand Slam in Flushing Meadows Kontakt hatten mit Benoit Paire. Der Franzose war kurz vor Turnierbeginn positiv auf das Coronavirus getestet worden und durfte nicht an den US Open teilnehmen.

Tenniskollegen mit einem negativen Befund, mit denen Paire vorher noch Karten gespielt hatte, durften bleiben und mitspielen. Anfangs zumindest. Jetzt hat sich deren Lage verschärft. Kristina Mladenovic beispielsweise durfte am Samstag plötzlich nicht mehr zu ihrem Doppel antreten, Einzel hatte sie zu Beginn der Woche noch gespielt. Die mit ihrer ungarischen Partnerin Timea Babos an Nummer eins gesetzte Französin war zuvor mehrfach negativ getestet worden, aber das alles zählte nicht mehr.

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Das Spielverbot kommt einigermaßen willkürlich daher, man könnte das alles auch unfair nennen. Klare Maßstäbe, an denen sich die Profis orientieren können, scheint es beim Turnier nicht zu geben. Vor allem ist nicht so ganz ersichtlich, wer nun das letzte Wort hat. Mladenovics Spielberechtigung soll der Bundesstaat New York kassiert haben, nachdem die Stadt zuvor ihren Auftritt und den tags zuvor von Landsmann Adrian Mannarino noch genehmigt hatte.

In Frankreich bezeichnete die Sportzeitung „L’Equipe“ die US Open jetzt als „Amateurturnier“, bei dem nur klar ist, dass nichts klar ist. Profis, die sich vor dem Turnier für eine Absage entschieden hatten, dürften sich in ihrer Skepsis bestätigt sehen. Denn für die Spieler vor Ort ist die Blase offenbar die Hölle, erst recht für die, die nun noch in New York bleiben müssen, weil sie nach den geltenden Corona-Regeln das Land erst nach einer Zeit in Quarantäne verlassen dürfen.

Für Kristina Mladenovic bedeutet dies, dass sie mindestens bis zum 12. September nichts anderes als die Wände ihres Hotelzimmers zu sehen bekommt und mit etwas Glück durch ihr Fenster auch noch einen Blick auf die Stadt. In aller Ruhe kann die 27-Jährige immerhin ihre weitere Turnierplanung vorantreiben. Wobei die zunächst einmal über den Haufen geworfen wurde. Für die Veranstaltung in Rom ab 14. September schafft sie es nicht mehr rechtzeitig, um sich vorher auf das Coronavirus testen zu lassen.

Mladenovic muss jetzt noch eine ganze Woche in New York bleiben

Mladenovic dürfte jetzt ziemlich schlechte Laune haben und vielleicht auch zu der Meinung gelangen, dass das Ganze für ein Grand-Slam-Turnier doch ziemlich armselig ist. Andererseits hätte sie auch wissen können, was sie erwartet.

Und auch wenn man bekanntlich hinterher immer schlauer ist, so setzt sich für diese US Open 2020 mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass sie besser gar nicht stattgefunden hätten. Nicht nur aus Gründen des Gesundheitsschutzes, sondern auch, weil der sportliche Wettbewerb von Tennisprofis in New York zu einer Art Lotterie geworden ist.

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