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Daviscup gegen Österreich: Die wahre Nummer eins

Tennisprofi Philipp Kohlschreiber zeigt, dass er die deutsche Zukunft im Daviscup verkörpert

Philipp Kohlschreiber sprang in die Luft, die Faust geballt. Sein Partner Nicolas Kiefer hatte soeben den entscheidenden Volley zum 6:3, 7:6 (8:6), 3:6, 6:4 über Österreichs Julian Knowle und Alexander Peya verwandelt. Das deutsche Duo holte damit den wichtigen Punkt zum 2:1 in der Daviscup-Begegnung gegen Österreich und hat nun gute Chancen, an diesem Sonntag das Viertelfinale zu erreichen. Die Grundlage dafür hatte aber Philipp Kohlschreiber allein gelegt: Mit seinem Fünfsatzsieg nach 0:2-Satzrückstand gegen Jürgen Melzer am späten Freitagabend. Wieder einmal ist es Kohlschreiber, der es in Garmisch-Partenkirchen für die deutsche Mannschaft richten muss.

„Doppel ist eine Kopfsache“, sagte Philipp Kohlschreiber. „Ich habe schon gemerkt, dass ich da manchmal nicht so ganz frisch war.“ Drei Stunden und 55 Minuten hatte der Augsburger am Freitag auf dem Platz gestanden, bis 22.52 Uhr. Dennoch war es für ihn keine Frage, auch gestern beim Stand von 1:1 die Verantwortung zu übernehmen. Der deutsche Teamchef Patrik Kühnen verzichtete dafür auf Daviscup-Neuling Christopher Kas. „Das Momentum war nach dem Einzel-Sieg gestern bei ihm“, sagte Kühnen. Kiefer und Kohlschreiber siegten souverän, obwohl sie zum ersten Mal im Daviscup zu zweit auftraten, nur im vierten Satz schien das Spiel durch einige Unkonzentriertheiten kurz zu kippen. Vor allem Nicolas Kiefer servierte stark und machte wichtige Punkte am Netz. Kohlschreiber gab seinen Aufschlag mehrfach ab, in den entscheidenden Situationen aber merkte man ihm das gestärkte Selbstvertrauen nach dem Einzelsieg am Freitag deutlich an.

In seinem dritten Daviscup-Jahr hat sich Kohlschreiber zum Führungsspieler entwickelt. Während Rainer Schüttler am Freitag bei seiner Niederlage seine Nervosität nicht in den Griff bekam, beweist der sieben Jahre jüngere Kohlschreiber in wichtigen Situationen Stärke. Dass gelegentlich Zweifel an seiner Professionalität aufkommen, liegt weniger an seiner Leistung als an seinen ungeschickten Äußerungen. Besonders genau schauten die Zuschauer am Freitag auf Kohlschreibers Auftritt im fünften Satz, weil der sich kürzlich nach einer Fünfsatzniederlage noch über jenen Modus der drei Gewinnsätze mokiert hatte. „So ist der Sport“, sagte Kohlschreiber, „heute habe ich mich gefreut, dass es über fünf Sätze ging.“

Nicht besonders gut kam im vergangenen Jahr auch Kohlschreibers Forderung an, seinen Status als Nummer eins in der Mannschaft auch vergütet zu bekommen. Alle Spekulationen über seine Teamfähigkeit werden aber unwichtig, wenn Kohlschreiber die Antwort auf dem Platz gibt. Und im Gegensatz zu anderen Deutschen stellte er seinen Daviscup-Einsatz seit seinem Debüt 2007 nie in Frage.

Kohlschreiber verkörpert daher die deutsche Zukunft im Daviscup. Kiefer, Schüttler und Haas – sie alle sind über 30 Jahre alt und werden voraussichtlich nicht mehr lange aktiv sein. Auch heute wird Kohlschreiber wohl erneut zum Einsatz kommen, gegen Stefan Koubek. Für das zweite Einzel ist mit Kiefer zu rechnen, der gegen Jürgen Melzer eine 7:0-Bilanz hat. Es ist aber Kohlschreiber, der noch ein paar Jahre lang jene Schlüsselfigur sein könnte, die knappe Daviscup-Partien entscheidet.

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