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Dortmunds Kapitän Emre Can erzielte den zwischenzeitlichen Ausgleich in Lille per Foulelfmeter.

© IMAGO/Moritz Müller

Die zwei Gesichter des BVB: Warum es in der Champions League läuft, in der Liga aber nicht

Dortmund zeigt gegen Lille eine starke Leistung und zieht verdient ins Viertelfinale der Champions League ein. Doch warum funktioniert der BVB nur auf großer Bühne?

Stand:

Kritiker von Borussia Dortmund sahen sich nach nicht einmal fünf Minuten bestätigt. Nach einem leicht abgefälschten Schuss musste Unglücksrabe Gregor Kobel bereits hinter sich greifen und den Ball aus dem Netz holen. Dortmund null, OSC Lille eins.

Dass der BVB nach solch einem Start im Achtelfinalrückspiel der Champions League noch ein Comeback schaffte, durch die Treffer von Emre Can und Maximilian Beier 2:1 gewinnt und damit ins Viertelfinale einzieht, hätte dem Team von Trainer Niko Kovac wohl kaum jemand zugetraut. Vor allem nicht nach der alarmierenden Heimniederlage gegen den FC Augsburg am vergangenen Samstag.

Zudem ist der BVB in dieser Saison nicht gerade für seine Comeback-Qualitäten bekannt. Von 17 Spielen, in denen die Dortmunder zurücklagen, konnten sie lediglich zweimal eine Niederlage abwenden und einmal gewinnen.

In der Champions League sind wir ziemlich resilient, auch bei Rückschlägen.

Gregor Kobel, Torhüter von Borussia Dortmund

Doch Dortmund hat eben zwei völlig verschiedene Gesichter, eins in der Bundesliga und eins in der Champions League. „Ich finde, wir haben heute von Anfang an einen starken Auftritt gemacht. In der Champions League sind wir ziemlich resilient, auch bei Rückschlägen“, sagte Dortmunds Torwart Kobel. „Das zeigt, dass diese Mannschaft auch was kann“, ergänzte Sportdirektor Sebastian Kehl am Mittwochabend im Keller des Stade Pierre-Mauroy von Lille.

60
Prozent seiner Großchancen vergibt Dortmund in der Bundesliga.

Die Frage ist nun, warum Dortmund diese gewisse Resilienz nur in der Champions League zeigt, nicht aber in der Liga. Sie ist nicht leicht zu beantworten. Immerhin wundert man sich bei Spielern wie Julian Brandt, Nico Schlotterbeck oder Karim Adeyemi trotz der zweifelsfrei vorhandenen Qualität nicht erst seit dieser Spielzeit über ihre Inkonstanz, ohne eine Erklärung zu finden.

Drei Aspekte, die international besser laufen

Fest steht jedenfalls, dass Dortmund auf internationalem Niveau regelmäßig an seine Leistungsgrenze kommt. Das liegt zum einen daran, dass in der K.-o.-Phase der Champions League in der Regel Mannschaften vertreten sind, die auch gerne viel Ballbesitz haben, was dem BVB zugutekommt. Gegen tief stehende Gegner tun sich die Dortmunder gerade unter Trainer Niko Kovac schwer, Torgefahr zu entwickeln. Beim 0:1 gegen Augsburg erspielten sie sich gerade mal einen Torschuss. In Lille hatte Dortmund sicher nicht angefangen zu zaubern, war mit Ball aber deutlich zielstrebiger, genauer und hatte fast durchweg eine gute Strafraumbesetzung.

Zum anderen funktionierte das Pressing des BVB, woraus sich mit zunehmender Dauer Spielkontrolle entwickelte. Selbst mit Ball kam Lille, das in der heimischen Ligue 1 auf Rang fünf liegt, trotz zwischenzeitlich mehr Ballbesitzes immer seltener gefährlich vor das gegnerische Tor. Im Gegensatz zu den meisten Spielen in der Bundesliga konnte sich Dortmund nach Ballgewinnen diesmal auch Chancen erspielen. Womit wir beim nächsten Thema wären: der Effizienz.

In der ersten Halbzeit vergab Dortmund mehrere gute Möglichkeiten. Ähnlich wie in der Bundesliga, wo sie 60 Prozent ihrer Großchancen nicht in ein Tor ummünzen. Statistisch brauchen lediglich die Abstiegskandidaten St. Pauli, VfL Bochum und Union Berlin im Schnitt mehr Chancen für einen Treffer. In der Champions League ist der Wert mit 52 Prozent nicht wesentlich besser, aber die Quote scheint zu reichen.

Dass sich der BVB nun auch in der Bundesliga fängt und an die Leistung gegen Lille anknüpft, ist auf keinen Fall die logische Konsequenz. Dazu sind die Baustellen des Bundesliga-Zehnten weiterhin zu groß. Der Sieg in Dortmunds Wohlfühloase Champions League dürfte dennoch neue Hoffnung entfacht haben. Und vielleicht halten sie es bei der Borussia ja nun mal andersherum: Mit guten Ergebnissen Selbstvertrauen für Europa sammeln. Immerhin geht es im April im Viertelfinale gegen den klar favorisierten FC Barcelona.

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