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Ohren zu und durch. Raheem Sterling wurde in Montenegro rassistisch beleidigt.

© Foto: Nick Potts/dpa

Diskriminierung im europäischen Fußball: Rassismus-Problem der Uefa: Viel Verpackung, wenig Inhalt

Der neuerliche Rassismus-Vorfall in Montenegro zeigt, dass die Uefa das Thema nicht im Griff hat. Die betroffenen Engländer fordern ein Exempel.

Raheem Sterling stand vor den montenegrinischen Fans und hielt sich die Ohren zu. Er lächelte. Es war unter anderem diese unschuldige Geste, die dem Montagabend im montenegrinischen Podgorica eine so traurige Bedeutung beimaß. Sterling sowie seine dunkelhäutigen Teamkollegen Callum Hudson-Odoi und Danny Rose waren beim EM-Qualifikationsspiel ihrer englischen Nationalmannschaft so übel beleidigt und mit Affenlauten von den Rängen bedacht worden, dass es einem die Sprache verschlug. Auf Hudson-Odoi wurde sogar ein Feuerzeug geschmissen.

Uefa kündigte bereits Ermittlungen an

Der europäische Fußball-Verband Uefa hat bereits am Dienstag Ermittlungen angekündigt. Der rühmt sich gerne damit, "eine der wenigen Verbände und Sportrechteinhaber zu sein, der sich für die Flüchtlingsintegration einsetzt, mit ethnischen Minderheiten arbeitet", wie Präsident Alexander Ceferin es formuliert. Die Uefa propagiert den Kampf gegen die Diskriminierung, erst im Sommer 2017 wurde aus der Kampagne "Nein zu Rassismus" nun "Equal Game". Das Problem aber bleibt das gleiche.

Die Uefa sieht ihre Verantwortung darin, die Gesellschaft durch den Fußball zu stärken. "Equal Game" bedeutet, dass das Spiel für alle gleich sein soll. Und letztlich kommen die Zuschauer auch ins Stadion, um das gleiche Spiel zu sehen. Wie in Montenegro. Nur waren dort einige heimische Zuschauer der Auffassung, dass manche Spieler wegen ihrer Hautfarbe eben nicht gleich seien.. Vielfalt wich der Engstirnigkeit einzelner Personen. Und es ist bei weitem nicht das erste Mal in den vergangenen Jahren. Traurige Berühmtheit erlangte die Europameisterschaft 2012 in Polen.

Da beschimpften polnische Fans dunkelhäutige Spieler der holländischen Nationalmannschaft rassistisch während eines öffentlichen Trainings. Bei folgenden EM-Spielen wurde zudem erst ein tschechischer Nationalspieler von russischen Fans verunglimpft, dann wurde Italiens Mario Balotelli von kroatischen Fans mit einer Banane beworfen. Der letzte bekannte Fall bei einem europäischen Länderspiel, in dem Fans der gegnerischen Mannschaft dunkelhäutige Spieler der Konkurrenten beschimpften, stammt aus dem März 2018, als russische Fans Spieler der späteren französischen Weltmeister-Mannschaft bei einem Testspiel angingen.

"Equal Game"-Kampagne fruchtet nicht

Diese Fälle zeigen, dass die Uefa-Kampagnen nicht wirklich fruchten. "Equal Game" soll erklären, "welche Rolle die europäische Fußballfamilie spielt, um die Sportart für alle zugänglich zu machen". Nur ist es mit der europäischen Fußballfamilie nicht so weit, wie sich die Uefa das gewünscht hat. Sie sollte die Fans näher zusammenbringen, der Kampf gegen Diskriminierung sollte weiter an vorderster Stelle stehen. Die Kampagne ist in der Sache richtig und wichtig, doch eine Verpackung mit wenig Inhalt.

TV-Spots mit Cristiano Ronaldo, Lionel Messi, Paul Pogba, Ada Hegerberg und verschiedenen Amateurfußballern sehen gut aus, helfen aber nicht, wenn der Alltagsrassismus Einzug in die Stadien hält. Die Uefa ist augenscheinlich machtlos gegen die Diskriminierung, gerade in Länder im Osten Europas. Die Frage, wie diesem beizukommen ist, beschäftigt die Uefa schon länger. Einen Lösungsvorschlag konnten Ceferin und Co. bislang nicht präsentieren. Das ist aber nötig, damit Spieler und Trainer nicht resignieren. Wie Englands Gareth Southgate, der am Montagabend sagte: "Sanktionen halten ein oder zwei Menschen mit einer bestimmten Denkweise nicht davon ab." Und wenn sich diese Meinung einbrennt, dann hat die Uefa den Kampf gegen die Diskriminierung verloren.

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