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Sport: Doping: Seltsamer Fahnder

Jürgen Barth sagt, "das Ganze ist nicht glücklich, sollte sich die Geschichte bestätigen". Aber er bestätigt sie ja quasi selber.

Jürgen Barth sagt, "das Ganze ist nicht glücklich, sollte sich die Geschichte bestätigen". Aber er bestätigt sie ja quasi selber. "Die Quellen", sagt Barth, der Geschäftsführer der Anti-Doping-Kommission des Deutschen Sportbundes (DSB), "sind sehr zuverlässig." Die Quellen sind Stasi-Akten, und in denen steht, dass Hans-Jörg Eißmann am verbotenen Einsatz von Psychopharmaka bei DDR-Fußball-Nationalspielern beteiligt war. Damals, 1983, war Eißmann Verbandsarzt des DDR-Fußballverbandes. Heute ist Eißmann Doping-Kontrolleur des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Ein offizieller Doping-Fahnder mit Doping-Vergangenheit. Der Sporthistoriker Giselher Spitzer hat diesen Umstand herausgefunden.

Und damit kommt Barth wieder ins Spiel. Denn der Deutsche Fußball-Bund verstößt mit dem Einsatz von Eißmann seit zehn Jahren grob gegen eine sehr deutliche Empfehlung einer Anti-Doping-Kommission des Deutschen Sportbundes. Die legte 1991 allen Verbänden dringend nahe, keine Personen einzustellen oder in anderer Form zu beschäftigen, die im DDR-Sport hohe Funktionen hatten. Darunter fielen auch Verbandsärzte wie Eißmann. "Man ging davon aus, dass solche Personen an der Dopingpraxis beteiligt waren oder zumindest davon wussten. Und dass sie möglicherweise mit der Stasi zusammenarbeiteten", sagt Barth. Eine Stasi-Mitarbeit hatte Eißmann abgelehnt, das zeigen die Akten. Aber seine Funktion disqualifizierte ihn. Dass er beim DFB nicht festangestellt ist, spielt keine Rolle. "Solche Leute sollten nach dem Wunsch der Kommission überhaupt keine Funktion ausüben", sagt Barth.

Götz Eilers, der Justitiar des Deutschen Fußball-Bundes, sagte dem "Kicker": Wir werden Herrn Eißmann mit den Unterlagen konfrontieren." Gestern war Eilers nicht erreichbar. Die Stasi-Unterlagen sagen einiges aus: Die Psychopharmaka, deren Einsatz Eißmann vereinbarte, "steigern die Aggressivität und führen zum Überschreiten der natürlichen Leistungsgrenzen", sagt Spitzer. "Im Leipziger Forschungsinstitut für Körperkultur und Sport", schrieb die Stasi 1977, "wurden die Erfahrungen bei der Anwendung unterstützender Mittel ausgewertet. Für den Fußball waren Verbandsarzt Dr. Eißmann und Nationaltrainer Buschner dabei." Ein Jahr zuvor wurde die DDR Olympiasieger, offenbar auch dank Doping-Einsatzes. Schon zu DDR-Zeiten war Eißmann in der Medizinischen Kommission des Europäischen Fußball-Verbands. Dort saß er bis Mitte der 90er-Jahre. Nach der Wende hatte sich der DFB seine Dienste gesichert.

Eißmann sagte dem Deutschlandfunk, in der DDR habe es nie eine Doping-Konzeption gegeben. Bislang jedenfalls wurde keine gefunden, sagt Spitzer relativierend. National war der Doping-Einsatz verboten, "aus Gründen der Chancengleichheit" (Spitzer). Aber für internationale Einsätze war er ausdrücklich angeordnet. "Es gab laut Aktenlage auch nur einen Anabolika-Fall in der DDR-Oberliga", sagt Spitzer. Das war 1985 bei Union Berlin. Der verantwortliche Arzt Heinz Wuschech wurde daraufhin entlassen. DDR-Dopingchef Manfred Höppner, sagt Spitzer, ging allerdings davon aus, dass die DDR-Spieler dieses Dopingverbot unterlaufen. "Doch Psychopharmaka sind ja noch schlimmer", sagt Spitzer, "an den Folgen der Überlastung kann man ja sterben."

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