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Nuri Şahin durchlebt schwere Zeiten mit dem BVB.

© imago/Kirchner-Media/IMAGO/David Inderlied

Update

Borussia Dortmund und die Trainer: Nuri Sahin ist nur das nächste Missverständnis

Seit Jürgen Klopp ist kein Trainer beim BVB mehr glücklich geworden. Nicht immer sind sie dabei an sich selbst gescheitert. Nun droht auch das Experiment mit Nuri Şahin vorzeitig zu enden.

Stand:

Bei Borussia Dortmund stellt sich die Trainerfrage – mal wieder. Im DFB-Pokal gab es am Dienstagabend das Aus in der zweiten Runde beim VfL Wolfsburg. Nach 120 Minuten stand am Ende ein 0:1 auf der Anzeigetafel und Nuri Şahin die Panik ins Gesicht geschrieben.

Der BVB-Coach selbst spürt eigenen Angaben zufolge das Vertrauen der Verantwortlichen „zu tausend Prozent.“ Und sein Sportdirektor Sebastian Kehl versicherte nach dem Spiel: „Wir werden zusammenstehen. Wir gehen da gemeinsam durch.“

Nun kennt man diese Art der Treueschwüre aus dem Profifußball zur Genüge. Es dauert dann meist nur ein paar Wochen, bis die Entlassung doch alternativlos geworden ist. Wobei sich im Falle von Nuri Şahin so mancher Fan und Experte wohl schon bei dessen Ernennung zum Cheftrainer die Frage gestellt haben dürfte: Kann das wirklich gut gehen?

Für Şahin ist es die erste Station als hauptverantwortlicher Coach auf Profiebene. Für den Job befähigt ihn vor allem die Nähe zum Verein – er war langjähriger Spieler des BVB – und zur Mannschaft. Ab dem Winter war er bereits als Co-Trainer von Edin Terzic tätig.

Terzic selbst soll Şahin damals vorgeschlagen haben, weil sein Verhältnis zur Mannschaft als teilweise angespannt galt. Mit dem neuen Mann an seiner Seite und zusammen mit dem ebenfalls frisch installierten weiteren Co-Trainer Sven Bender sollte gekittet werden, was nicht mehr zu kitten war.

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Auswärtsniederlagen in Folge hat Dortmund inzwischen kassiert

Wieder einmal scheiterte letztlich ein Trainerexperiment beim BVB krachend. Seit Jürgen Klopp den Verein nach der Saison 2015/2016 verließ, haben die Verantwortlichen in Dortmund bei der Besetzung des wichtigsten Postens kein wirklich glückliches Händchen mehr gezeigt.

Bemerkenswerterweise war Terzic für die Demission seines Vorgängers indirekt selbst mitverantwortlich. Denn, weil er als Interimstrainer 2021 DFB-Pokalsieger wurde und sich in die Herzen der Fans gespielt hatte, kam Marco Rose nie wirklich an beim BVB und musste nach nur einem Jahr wieder gehen.

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Einige Sachen hätten Rose damals im Weg gestanden, sagte Klubchef Hans-Joachim Watzke damals nach der Trennung vom einstigen Wunschtrainer, für den der Verein sogar fünf Millionen Euro Ablöse an Borussia Mönchengladbach gezahlt hatte.

Borussia Dortmund ist seit dem Ende der Klopp-Ära quasi per Definition der erste Verlierer hinter den Bayern. Unter Terzic war die Mannschaft dem Meistertitel 2023 ganz nahe, verspielte ihn aber im letzten Saisonspiel zu Hause gegen Mainz.

Schon danach war Terzic nur noch schwer zu halten, Watzke hielt lange die schützende Hand über ihn, als der Coach in der Mannschaft schon an Rückhalt verloren hatte. Wohl auch, weil der Geschäftsführer einmal gesagt hatte: „Wir gehen die nächsten Jahre den Weg mit Edin Terzic. Punkt, aus!“

Wir werden zusammenstehen. Wir gehen da gemeinsam durch.

Sebastian Kehl

Es erstaunt, dass Dortmund inzwischen ein so schweres Pflaster für Trainer geworden ist. Thomas Tuchel war 2015 eigentlich die logische Wahl als Klopp-Nachfolger. Nach anfänglichen Erfolgen wurden die Reibereien zwischen Klubbossen und Trainer aber immer größer – zu Tage traten diese aber erst nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus vor einem Spiel in der Champions League gegen AS Monaco.

Nach dem Ende der Zusammenarbeit nach zwei Jahren (und dem DFB-Pokalsieg 2017) sah sich der Klub sogar gezwungen, in einem Statement zu erklären: „Der BVB legt großen Wert auf die Feststellung, dass es sich bei der Ursache der Trennung keinesfalls um eine Meinungsverschiedenheit zwischen zwei Personen handelt.“

Es folgte Peter Bosz und ein Ende mit „viel Stil“, wie es Watzke damals ausdrückte. Das allerdings schon nach wenigen Monaten kam. Bis zum Abschluss der Saison 2017/18 übernahm Peter Stöger, der zuvor auch schon mal als Ideallösung in Dortmund galt, letztlich aber feststellen musste: „Ein neuer Reiz tut dem Verein vielleicht gut.“

Dortmund ist quasi per Definition die Nummer zwei in Deutschland

Unter Lucien Favre, der seit Klopp am längsten ununterbrochen als Coach wirken durfte, untermauerten die Dortmunder ihre Stellung als Nummer zwei in Deutschland. Favre schien auch selbst nie wirklich daran zu glauben, dass er mit dem BVB Meister werden könnte. Im „Spiegel“ hieß es nach dessen Aus nach rund zweieinhalb Jahren: „Favre blieb einer für den zweiten Platz, der vor der letzten Stufe steht wie ein Kletterer vor einer drei Meter hohen, spiegelglatten Wand.“

Nuri Şahin wäre heute wohl froh, wenn er auch nur in der Nähe dieses zweiten Platzes stehen würde. Wieder einmal hat Borussia Dortmund eine fragwürdige Trainerwahl getroffen und es dürfte Sahin schwerfallen, noch das Ruder herumzureißen.

Zumal mit einer Mannschaft, der wieder einmal das zu fehlen scheint, was sich in einem Wort ausdrücken lässt, das in Dortmund längst auf dem Index steht: Mentalität. Und so scheint es, als würde der BVB auch in Nuri Şahin nicht den Trainer gefunden haben, der diese im Verein nun schon länger schlummernde Tugend in den Profis hat wecken können.

Könnte es sein, dass Borussia Dortmund letztlich gar kein Trainerproblem hat, sondern eines der Kaderzusammenstellung? Gut möglich, dass es bald einen neuen Chefcoach gibt, der sich diese Frage wird stellen dürfen.

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