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Harry Kane kennt Thomas Tuchel aus dessen Zeit beim FC Bayern. Der Kapitän der Engländer freut sich auf die neuerliche Zusammenarbeit.

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Große Namen und immer neue große Aufgaben: Thomas Tuchel und der ewige Trainer-Kreislauf im Profifußball

Wer erst einmal den Ruf eines Toptrainers hat, fällt auch nach jeder neuerlichen Trennung weich. Das legt die Vita von Thomas Tuchel und seine Ernennung zu Englands Nationaltrainer nahe.

Stand:

Für Thomas Tuchel geht es weiterhin nur nach oben. In Mainz erstrahlte sein Trainerstern einst, er erarbeitete sich den Ruf des Taktiknerds und wurde schon bald selbst gerufen – dem Werben von Borussia Dortmund gab er schließlich nach.

Auf Dortmund folgte Paris St. Germain, danach der FC Chelsea, mit dem er seinen größten Erfolg feierte – den Sieg in der Champions League. Irgendwann konnten auch die Bayern nicht mehr widerstehen. Großer Name, große Klubs – das musste doch auch nach München passen.

Passte es dann nicht, wie wir heute wissen. Aber für Thomas Tuchel war dennoch klar, er würde auch nach dieser wenig erfreulichen Episode weich fallen. Und nun wird der 51-Jährige als erster Deutscher Trainer der englischen Fußball-Nationalmannschaft. Es dürfte Menschen geben, die diesen Job als noch prestigeträchtiger ansehen als den Posten des Chefcoaches bei einem europäischen Topklubs.

„Unser Ziel war es, ein Trainerteam zu verpflichten, das uns die bestmögliche Chance gibt, ein großes Turnier zu gewinnen“, sagte Mark Bullingham, der Chef des englischen Verbandes. Und Tuchel versprach, alles tun zu wollen, „um England erfolgreich und die Fans stolz zu machen.“ Dem Fußball auf der Insel sei er „schon lange persönlich verbunden“.

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Tuchel und England – das könnte passen. Wobei eine Sache bei der Trainersuche immer wieder bemerkenswert ist: Wenn du es erst einmal an die Spitze geschafft hast, ist die nächste große Aufgabe immer nur einen Jobwechsel entfernt.

Wobei Tuchel in seiner Laufbahn noch bei keinem Profiklub bis zum Ende seiner Vertragslaufzeit auch gewirkt hat. In Mainz saß er seinen Vertrag einst ab, nahm sich ein Sabbatjahr. In Dortmund und Paris erfolgte die Trennung nur offiziell in gegenseitigem Einvernehmen. Und bei Chelsea wurde er ganz offiziell entlassen. Es folgte der Versuch mit den Bayern, auch hier war die Zusammenarbeit ursprünglich länger geplant.

Auffällig ist, dass die Bayern-Trainer der jüngeren Vergangenheit fast alle noch in herausragenden Anstellungen sind. Julian Nagelsmann hat die deutsche Nationalmannschaft übernommen, Hansi Flick ist Cheftrainer beim FC Barcelona, Pep Guardiola hat Manchester City endlich zum ersehnten Titel in der Champions League geführt. Und Carlo Ancelotti, der in München gar nicht zurechtkam, gilt weiterhin als Idealbesetzung bei Real Madrid.

Natürlich gibt es Ausnahmen, Niko Kovac ist gerade arbeitslos. Aber der Kroate konnte es sich erlauben, ein lukratives Angebot aus Dubai abzulehnen. Noch ist er mit seiner Vita zu attraktiv für Spitzenklubs in Europa.

Als früherer Bayern-Trainer fällt man fast immer weich

Für Vincent Kompany bedeutet das im Umkehrschluss: Auch wenn er in München seinen ersten großen Trainerjob übernommen hat, dürfte ihm die Tür öffnen für weitere Topklubs in naher oder vielleicht auch etwas fernerer Zukunft – je nachdem, wie lange der FC Bayern mit ihm glücklich ist.

Und dass viel Zeit vergehen kann, bis ein Stern wieder verglüht, belegt unter anderem der Name José Mourinho. Dessen große Erfolge liegen eine Weile zurück, er machte zuletzt vor allem durch sein exzentrisches Verhalten an der Seitenlinie Schlagzeilen. Seit dieser Saison trainiert der Portugiese Fenerbahce Istanbul, inzwischen ist er 61 Jahre alt.

Wir brauchen keinen Thomas Tuchel, sondern einen Patrioten, für den das Land an erster, zweiter und dritter Stelle steht.

Daily Mail zur Ernennung von Thomas Tuchel als Nationaltrainer

Thomas Tuchel ist noch nicht auf dem absteigenden Ast. Und mit England einen großen Titel zu gewinnen, dürfte Motivation genug sein. Er übernimmt eine Mannschaft, die zuletzt zweimal bei Europameisterschaften das Finale erreicht hat.

Dazu ist er mit der englischen Mentalität vertraut, kritische Stimmen zu seiner Verpflichtung gibt es angesichts der Rivalität zu Deutschland natürlich dennoch: „Wir brauchen keinen Thomas Tuchel, sondern einen Patrioten, für den das Land an erster, zweiter und dritter Stelle steht“, hieß es in der Daily Mail. Und in der BBC wird darauf verwiesen, dass es in England Menschen geben wird, die Tuchels Ernennung als „Verrat“ und „Beleidigung“ bewerten dürften.

Wichtiger aber dürfte für Tuchel letztlich sein, inwieweit seine künftigen Spieler mitziehen. Kapitän Harry Kane stellte schon einmal Unterstützung in Aussicht: „Ich kenne Thomas durch das letzte Jahr natürlich sehr gut. Er ist ein fantastischer Trainer und ein fantastischer Mensch“, sagte er bei Sky.

Als Nationaltrainer hat er nun einen Vertrag bis nach der WM 2026 unterschrieben. Ziemlich sicher dürfte sein, dass sich Thomas Tuchel auch danach noch aussuchen kann, wo er als Coach arbeiten will. Wer erst einmal ganz oben ist, bleibt es im Fußball in der Regel auch für lange Zeit.

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