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Druck wächst nach Holperstart in Liga zwei: Hertha BSC fremdelt noch mit der Favoritenrolle
Bei Hertha BSC herrscht in dieser Saison eine neue Anspruchshaltung. Doch auch gegen den KSC schafft es die Mannschaft nicht, spielerisch zu überzeugen.
Stand:
Das Urteil der Fans im Berliner Olympiastadions war nach Abpfiff akustisch deutlich zu vernehmen. Hatte es zur Pause nur vereinzelte Pfiffe gegeben, brachten nun weite Teile des Publikums ihren Unmut gellend zum Ausdruck. Null zu null, ein Zähler nach zwei Spielen – zu wenig für die aufstiegsambitionierte Hertha.
Zumal die Punkteausbeute der Berliner ziemlich gut die gezeigten Leistungen abbildet: Hertha spielte gegen Schalke und Karlsruhe nicht wie eine Mannschaft, die oben angreifen will – und punktet dementsprechend auch noch nicht wie ein Aufstiegsaspirant.
Die ersten beiden Auftritte bereiten Fans gerade wegen der Art und Weise Sorgen: Defensiv nach wie vor anfällig, offensiv bis auf ansehnliche 15 Minuten nach der Pause gegen Karlsruhe weiterhin harm- und ideenlos. „Am Ende können wir mit dem Punkt glücklich sein“, bilanzierte Herthas Trainer Stefan Leitl, fast ein wenig kleinlaut, angesichts der guten Möglichkeiten, die sich der KSC gerade in der Schlussphase noch erspielte. Dass Hertha einer Niederlage näher war als einem Sieg, zeigte sich auch darin, dass Leitl in der 90. Minute zwei Verteidiger einwechselte.
Kaum offensive Durchschlagskraft
„Leicht war es in dieser Liga noch nie und wird’s auch nie sein“, resümierte Herthas Torhüter Tjark Ernst hinterher. Gegen Karlsruhe hatte die Mannschaft zwar mehr Ballbesitz, schaffte es aber nicht, sich daraus zwingende Torchancen zu erspielen. Gefährlich wurden die Berliner am Sonntag nur nach langen Bällen und durch ein, zwei gelungene Einzelaktionen.
Richtig brenzlig wurde es für KSC-Schlussmann Hans Christian Bernat aber auch dann kaum. Krankte die Mannschaft in der vergangenen Saison oft an der eigenen Abschlussschwäche, kommen Herthas Offensivkräfte derzeit selten in die Lage, überhaupt aussichtsreich abschließen zu können. Das Kombinationsspiel hakt.
„Wir müssen unsere Stürmer besser in Position bringen“, analysierte Leitl im Nachgang der Partie und sprach davon, dass Fabian Reese und Dawid Kownacki noch nicht so richtig „in die Show kommen“ würden. Für viele Fans und manchen Experten gibt Kapitän Reese in der Doppelspitze keine glückliche Figur ab. Der Vorwurf: In dieser Rolle werde der gelernte Linksaußen seiner größten Stärken beraubt.

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Stefan Leitl sieht das naturgemäß anders: „Fabi hat auf dieser Position letztes Jahr in elf Spielen zehn Tore gemacht“. Den Verdacht, dass Herthas Unterschiedsspieler weiter außen, mit mehr Wiese vor sich, besser funktionieren könnte, wird man trotzdem nicht ganz los.
Es ist Fakt, dass dieser Verein zurück in die Bundesliga muss. Das muss der Anspruch von jedem Mitarbeiter, Spieler und jedem im Trainerteam sein.
Herthas Coach Stefan Leitl
Fest steht: Der Druck auf die Mannschaft wird nicht kleiner werden. „Es ist Fakt, dass dieser Verein zurück in die Bundesliga muss. Das muss der Anspruch von jedem Mitarbeiter, Spieler und jedem im Trainerteam sein“, machte der 47-Jährige deutlich.
Dass dies auch ohne dominanten Ballbesitzfußball gelingen kann, wurde in den vergangenen Jahren vielfach bewiesen: Der 1. FC Köln, so sehr der zwischenzeitliche Vorsprung gegen Saisonende auch dahinschmolz, stieg in der abgelaufenen Saison mit klassischem Umschaltfußball auf. Gleiches lässt sich über die Aufstiege Heidenheims und Darmstadts 2023 sagen.
Auch die Hertha agiert bislang häufig mit langen Bällen hinter die Abwehrkette, setzt vermehrt auf Konter und tiefe Läufe von Reese und Kownacki. Trotz Spielern wie Cuisance und Krattenmacher, die für offensive Kreativität und Spielwitz stehen. Möglicherweise ist diese pragmatische Spielweise eine Reaktion auf die Abgänge von Spielmacher Ibrahim Maza (Bayer Leverkusen) und Linksaußen Derry Scherhant (SC Freiburg).
Denn eher schwachen Saisonbeginn begründete Leitl neben der Ausgeglichenheit der Zweiten Liga, aber auch mit der sich fortlaufend erweiternden Verletztenliste der Berliner: Mit Seguin, Demme, Karbownik, Brooks und Klemens würden der Mannschaft weiterhin einige Leistungsträger fehlen. Leitl versuchte am Sonntag dennoch zu beruhigen: „Wenn die alle da sind, dann glaube ich, sind wir so aufgestellt, dass wir um den Aufstieg spielen werden“.
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