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Frühaufsteher: Schon um 10.30 Uhr muss Torhüter Stephan Flauder am Samstag im Berliner Pokalfinale mit Viktoria 89 gegen Tennis Borussia antreten.

© Imago

TeBe und Viktoria spielen um den Berliner Landespokal: Drunter und drüber vor dem Finale

Am Samstag treffen Tennis Borussia und Viktoria 89 im Finale des Berliner Landespokals aufeinander. Die Stimmung vor dem Endspiel ist nicht sonderlich festlich.

Eigentlich geht es um viel Prestige, um eine goldene Trophäe und sogar um die Teilnahme am DFB-Pokal. Doch die Stimmung vor dem Finale um den Berliner Landespokal hat eher etwas von einer psychologischen Maßnahme. Auf der einen Seite ist da Tennis Borussia Berlin. Der Oberligist hat in dieser Saison vereinsinterne Auseinandersetzungen zwischen Fanszene und Vereinsführung durchlebt und am vergangenen Wochenende auch noch den Aufstieg in die Regionalliga verpasst. Und auf der anderen Seite steht der FC Viktoria 1889. Da sind die Verantwortlichen froh, dass der Klub nach dem Insolvenzverfahren im Winter überhaupt noch am Spielbetrieb in der Regionalliga Nordost teilnehmen kann.

„Es ist eine schwierige Saison, die jetzt lang genug dauert“, seufzt Viktoria-Trainer Alexander Arsovic deshalb auch vor dem Finale. Zu Saisonbeginn hatte sein Klub noch geklotzt, nachdem der chinesische Milliardär Alex Zheng als Investor bei Viktoria eingestiegen war. Dafür wurde das Regionalliga-Team eigens aus dem Gesamtverein ausgegliedert und der Kader mit gestandenen Profispielern aufgerüstet.

Doch im Dezember blieb dann plötzlich das Geld aus und Viktoria musste Insolvenz anmelden. Der Spielbetrieb konnte zwar noch gesichert werden, doch die meisten Leistungsträger waren schnell wieder weg. Mit neun Punkten Abzug in der Liga ging es dann nur noch um den Klassenerhalt. „So eine Saison jetzt noch mit dem Pokalsieg zu krönen, wäre natürlich etwas ganz Großes“, sagt Arsovic und hofft wenigstens auf ein Highlight zum Saisonabschluss.

Auch bei Tennis Borussia hielt sich das Vergnügen in den vergangenen Monaten eher in Grenzen. Die aktive Fanszene hat sich nach einem lange schwelenden Konflikt im Januar vom Verein verabschiedet, weil sie sich am Kurs des Vorsitzenden und Geldgebers Jens Redlich stört. Redlich hatte zuvor bei einer turbulenten Mitgliederversammlung einen Aufsichtsrat von seinen Gnaden wählen lassen und damit die vereinsinterne Opposition kaltgestellt. Mit TeBe hat Redlich große Ziele, dafür hat er in den vergangenen drei Jahren etwa 2,5 Millionen Euro in den Verein investiert.

Genutzt hat es auch in dieser Saison wenig, nach einer Niederlage im direkten Duell am vergangenen Wochenende steht der SV Lichtenberg 47 als Aufsteiger in die Regionalliga fest – der verfügt über einen Etat von etwa 200 000 Euro. „Für einen Oberligisten haben wir natürlich einen enormen Aufwand betrieben“, sagt TeBe-Kapitän Nicolai Matt. „Jetzt wollen wir zumindest dafür sorgen, dass wir am Ende nicht mit leeren Händen dastehen.“

Finale nach dem Frühstück

Auch der Berliner Fußball-Verband (BFV) als Ausrichter des Landespokals musste sich vor dem Finale um einige Baustellen kümmern – wortwörtlich deshalb, weil der bröckelnde Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark als Austragungsort Probleme machte. Das Stadion war vorübergehend gesperrt, nachdem das Flutlicht abzustürzen drohte und Sicherungsmaßnahmen nötig machte.

Auf besonders wenig Gegenliebe unter den Berliner Fußballfans stößt jedoch die Anstoßzeit für das Pokalfinale. Schon am Vormittag um 10.30 Uhr geht es am Samstag im Jahn-Sportpark los. Das hängt mit der Fernsehübertragung im Rahmen des Finaltags der Amateure zusammen. Die ARD zeigt bundesweit 19 Landesfinals in Konferenzschaltungen zu drei Anstoßzeiten. Aufgrund der kürzeren Anfahrtswege haben sich die Berliner mit den anderen Stadtstaaten Hamburg und Bremen sowie Mecklenburg-Vorpommern auf einen Kompromiss eingelassen. „Der hat weder bei uns als Verband noch bei den Vereinen noch bei der ARD für eine La Ola gesorgt“, sagt BFV-Geschäftsführer Kevin Langner und betont, dass der frühe Termin absprachegemäß eine „einmalige Sache“ bleiben werde.

Auch für die Spieler ist das eine Umstellung. Zuletzt habe er „wahrscheinlich in der C- oder B-Jugend“ so früh auf dem Platz gestanden, sagt Viktoria-Torhüter Stephan Flauder. „Das wird sicherlich nicht schön, aber ist jetzt einfach so.“ Beide Trainer wollen jedoch bei den gewohnten Abläufen bleiben. „Vielleicht muss man zwei Stunden früher ins Bett gehen“, meint Trainer Arsovic, während TeBe-Kapitän Matt sicher ist: „Das Adrenalin wird dann auch die letzte Schlafmütze wecken.“

Elf Jahre haben die Fans von Tennis Borussia warten müssen, bis ihre Mannschaft mal wieder das Finale um den Berliner Pokal erreicht hat. Jetzt ist es endlich so weit – und dann gehen sie nicht mal hin. Zumindest trifft das auf jene Fans zu, die sich in Opposition zur Vereinspolitik des Vorsitzenden Jens Redlich befinden. Auf TeBe und Fußball müssen sie an diesem Samstag trotzdem nicht verzichten. Um zwölf Uhr tritt im Neuköllner Werner-Seelenbinder-Sportpark ein Allstar-Team des früheren Bundesligisten gegen eine Vertretung der kritischen Fans an. „Finale of Love“ heißt die offizielle Gegenveranstaltung der Vereinsopposition. Neben Lennart Hartmann, Ex-Profi von Hertha BSC, hat auch der frühere schwedische Nationalstürmer Benny Wendt zugesagt, der 1976/77 mit Tennis Borussia in der Bundesliga gespielt hat. Der Eintritt kostet drei Euro. (sth)

Leonard Brandbeck

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