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"Ich bin immer gut damit gefahren, einfach meinen Weg zu gehen", sagt Sebastian Hoeneß. 

© Uwe Anspach/dpa

Sebastian Hoeneß wird Trainer der TSG Hoffenheim: Ein echter Hoeneß – aber ein bisschen leiser

Nach der Drittliga-Meisterschaft mit dem FC Bayern II wird der frühere Herthaner Sebastian Hoeneß nun die TSG Hoffenheim trainieren. Das könnte passen.

Es ging dann doch erstaunlich schnell. So schnell, dass es eigentlich nicht zum öffentlichen Bild von Sebastian Hoeneß passt. Hoeneß, bislang Trainer der zweiten Mannschaft des FC Bayern München, wird in der kommenden Saison die TSG Hoffenheim trainieren – und damit als 38-Jähriger einen Champions League-Anwärter übernehmen. Das bestätigten die Hoffenheimer am Montag, Hoeneß bekommt einen Vertrag bis zum 30. Juni 2023. 

Dass Hoeneß das Interesse der TSG geweckt hat, ist nicht überraschend. Mit Bayern II wurde er in der vergangenen Saison als Aufsteiger Meister in der Dritten Liga, er lässt offensiven, attraktiven „Gegen den Ball“-Fußball spielen – aber nicht nur das. Unter Hoeneß’ Führung wurden viele Talente an die erste Mannschaft herangeführt: Joshua Zirkzee, Sarpreet Singh, Jamal Musiala – sie alle gaben unter Hoeneß ihr Bundesliga-Debüt. Dass er nun den Schritt nach Baden geht, erstaunt dennoch. Zum einen wollten die Bayern ihn keinesfalls abgeben, Sportvorstand Hasan Salihamidzic wollte den Jugend-Trainer gerne behalten, sein Vertrag lief bis 2023. 

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Zum anderen gilt Hoeneß eben als besonnener, ruhiger Charakter, überstürzte Entscheidungen scheinen nicht seine Sache. „Ich verbinde seit Kindesbeinen Emotionen mit dem FC Bayern. Der Job hier ist ein besonderer, ein Schritt weg von hier müsste schon sehr gut durchdacht sein und perfekt passen“, sagte Hoeneß noch Anfang Juli in der „Sport Bild“ über seinen Posten beim FC Bayern. Im Bayerischen Rundfunk ließ er zudem verlauten: „Ich bin immer gut damit gefahren, einfach meinen Weg zu gehen und keine zu großen Schritte zu machen.“

Vater Dieter und Onkel Uli: Zwei selbstbewusste, manchmal polternde Macher

Mit dem eher bescheidenen Auftreten unterscheidet sich Hoeneß zumindest in der Öffentlichkeit von Vater Dieter und Onkel Uli, zwei selbstbewusste, zuweilen auch polternde Macher im deutschen Fußball. Vor der Saison sagte Hoeneß im Interview mit dem DFB, angesprochen darauf, ob es nach dem Aufstieg in die Dritten Liga einzig um den Klassenerhalt gehe: „Das Ziel Klassenerhalt alleine ist nicht lohnenswert. Klar ist aber, dass wie die unerfahrenste Mannschaft sein werden. Es wäre vermessen, über höhere Ziele zu sprechen.“

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Seine Fußballer-Familie hat ihn also offensichtlich nicht abheben lassen, im Gegenteil. Hoeneß wurde 1982 in München geboren – und wie man am Nachnamen unschwer erkennt, kam er früh mit dem Fußball in Kontakt. Als Mitglied der Familie Hoeneß könnte man meinen, dass ihm eine große Profi-Karriere in die Wiege gelegt worden sei. „Ich habe die Leidenschaft für den Fußball von klein auf mitbekommen. In der Jugend wollt ich einfach nur Fußball spielen“, sagte Hoeneß im Interview mit dfb.de.

Seine aktive Karriere spielte sich in der zweiten Reihe ab 

Seine aktive Karriere spielte sich aber vor allem in zweiten Reihe des Fußballs ab, als Aktiver hat es für das Top-Niveau also nicht ganz gereicht. Seine meisten Spiele machte Hoeneß für die zweite Mannschaft von Hertha BSC – und schon dort wurden seine Talente eher außerhalb des Platzes gesehen. „Der Basti zeigte starke Führungsqualitäten und agierte auf dem Platz wie ein Trainer“, sagte sein damaliger Trainer Karsten Heine dem Magazin „11 Freunde“. „Er ist ein emotionaler und sachlicher Typ, mit dem man sich wunderbar konstruktiv streiten kann.“ 

Bei seinem künftigen Verein ist Hoeneß aber kein Unbekannter. 2006/2007 spielt Hoeneß eine Saison lang in Hoffenheim, wobei es zum großen Durchbruch nicht reichte. Drei Spiele absolvierte er unter dem damaligen Trainer Ralf Rangnick. „Ich habe es in den Spielen, in denen ich eingesetzt wurde, aber versäumt, entsprechende Leistungen zu zeigen“, sagte Hoeneß im Februar im Interview mit „Goal“.

Praktikum bei Guardiola

Er kehrte zu Hertha BSC II zurück wurde Kapitän – und beendete dort 2011 seine Karriere. Sein Weg führte nach seiner aktiven Karriere zu RB Leipzig, wo er vier Jahre lang blieb. Leipzigs Fußball-Chef Ralf Rangnick holte Hoeneß 2014 nach Sachsen, er trainierte dort die U17. Er hospitierte bei Huub Stevens, Thomas Tuchel – und Pep Guardiola. „Bei ihm ist mir besonders diese unfassbare Besessenheit in Erinnerung geblieben, sich über Fußball austauschen zu wollen. Ich saß mit ihm zusammen und er hat sich mit mir auf Augenhöhe eine Stunde lang intensiv über Fußball unterhalten. Einfach so, weil er Lust darauf hatte. Das war für mich extrem spannend“, sagte Hoeneß im „Goal“-Interview. 

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Die Spielweise, die Hoeneß nun so begehrt macht, kommt also nicht von ungefähr. Von Leipzig nahm Hoeneß seinen Weg als Trainer in die Bayern-Jugend, was Onkel Uli zunächst nicht wahnsinnig begeisterte. Der prominente Name, so die Sorge, könnte Sebastian im Weg stehen. „Er hatte die nachvollziehbare Sorge, dass meine Arbeit nicht objektiv betrachtet wird und immer etwas mitschwingt“, sagte Hoeneß „Goal“. 

Dass diese Sorge sich nicht bestätigte, wird dem Patriarchen des FC Bayern Gefallen haben. Nun wird es also Hoffenheim Hoeneß’ erste Profi-Station als Trainer. Der Direktor Profifußball der TSG, Alexander Rosen sagte am Montag: "Sebastian hat eindrucksvoll bewiesen, junge Spieler zu einer leistungsstarken Einheit formen und individuell weiterentwickeln zu können. Dabei hat er einen offensiven Ansatz gewählt, der nicht nur attraktiv, sondern auch außerordentlich erfolgreich war". Und einen Trainer mit eigenem Ansatz will Hoffenheim. Seit dem Abgang von Julian Nagelsmann sucht die TSG nach einem Ersatz, einem Trainer, der das Spiel von Hoffenheim prägen kann, der die Mannschaft in die Champions League führen kann – wenn auch vielleicht etwas geräuschloser als es der Name Hoeneß vermuten lässt.

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