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Was war denn das? Auch Herthas Kapitän Fabian Reese schien vom uninspirierten Auftritt seiner Mannschaft gegen Magdeburg überrascht zu sein.

© IMAGO/Nico Herbertz/IMAGO/Herbertz / Nico Herbertz

Eine therapeutische Niederlage: Hertha BSC erkennt gegen Magdeburg die eigenen Grenzen

Gegen den 1. FC Magdeburg zeigen die Berliner von allem ein bisschen zu wenig. Dann reicht die individuelle Qualität des Teams nicht mal gegen den Tabellenletzten.

Stand:

Die Ränge hatten sich bereits komplett geleert, die Spieler von Hertha BSC waren längst in ihrer Kabine, nur ein Magdeburger befand sich noch im Innenraum des Olympiastadions. Zum Kehraus schallte „Don’t look back in Anger“ von Oasis aus den Lautsprechern, die inoffizielle Nationalhymne der Melancholie.

Für die Fußballer von Hertha BSC gab es jede Menge Gründe, in Wut und Zorn und Ärger auf den frustrierenden Arbeitstag zurückzublicken, der mit einer 0:2-Niederlage gegen den 1. FC Magdeburg zu Ende gegangen war. Auf die verpasste Gelegenheit zum Beispiel, mit einem achten Sieg in Folge den Vereinsrekord aus der Saison 1980/81 einzustellen.

Vor allem aber auf die verpasste Gelegenheit, mit einem Heimsieg gegen den Tabellenletzten der Zweiten Liga einen Satz nach oben zu machen und auf Tuchfühlung zu den Aufstiegsrängen zu gehen.

Platz vier wäre es geworden, im günstigsten Fall sogar Platz drei – und damit Herthas beste Platzierung in der Zweiten Liga seit dem Abstieg vor beinahe zweieinhalb Jahren.

Wenn uns diese Niederlage etwas lehrt, dann das: dass wir in jedem Spiel an unser Maximum gehen und wir immer hungrig bleiben müssen.

Tjark Ernst, Herthas Torhüter

Über Rang sechs sind die Berliner bisher nie hinausgekommen. Dreimal in drei Spielzeiten waren sie Sechster, aber jedes Mal sollte es ein denkbar kurzes Vergnügen bleiben. Hertha hielt sich immer nur für ein Spiel auf Platz sechs: in der Saison 2023/24 nach dem 29. Spieltag, in der Saison 2024/25 nach dem 10. Spieltag und in der laufenden Saison eben nach dem 14.

Durch die Niederlage gegen Magdeburg fiel die Mannschaft von Trainer Stefan Leitl wieder auf Rang sieben zurück.

In den vergangenen beiden Spielzeiten konnte Hertha nach dem Sturz von Platz sechs nie ernsthaft in den Kampf um einen Aufstiegsplatz eingreifen. Das könnte in dieser Saison anders sein – falls die Mannschaft die richtige Erkenntnis aus dem ernüchternden Auftritt gegen Magdeburg zieht.

„In Summe war das heute einfach zu wenig“, sagte Herthas Sportdirektor Benjamin Weber. Ein bisschen zu wenig Intensität, Entschlossenheit, Konzentration und vor allem zu wenig Cleverness.

Vor dem 0:1 stellte sich Hertha zu „doof“ an

Das insgesamt ausgeglichene Spiel auf überschaubarem Niveau wurde im Grunde durch das erste Tor entschieden. Durch das – aus Berliner Sicht – ziemlich billige 1:0 der Magdeburger, bei dem sich Herthas Defensive von einer kurz ausgeführten Eckenvariante übertölpeln ließ.

„Ihr seid so doof!“, rief Torhüter Tjark Ernst in der ersten Erregung seinen Kollegen entgegen. „Ihr seid so doof!“ Später drückte er sich etwas elaborierter aus. „Es ist sehr naiv gewesen, da nicht wach zu sein. Wir wussten, dass so was kommen kann, dass wir alle bereit sein und auf den Ball gucken müssen“, klagte Ernst.

Doch keiner war bereit. Keiner guckte auf den Ball. „Einer Spitzenmannschaft passiert so was nicht. Uns ist es heute passiert“, sagte Ernst.

Mit den reifen, überzeugten und überzeugenden Auftritten der vergangenen Wochen hatte Hertha tatsächlich den Eindruck erweckt, eine Spitzenmannschaft der Zweiten Liga zu sein und eine realistische Chance auf den Aufstieg zu besitzen. Das Spiel gegen Magdeburg aber erinnerte alle Beteiligten noch einmal daran, dass der Erfolg eben kein Selbstläufer ist.

„Es geht in dieser Liga erst mal darum, die Basics auf den Platz zu bringen: Intensität, Laufbereitschaft, Zweikämpfe. Erst dann kommt die individuelle Qualität“, sagte Torhüter Ernst. „Wenn uns diese Niederlage etwas lehrt, dann das: dass wir in jedem Spiel an unser Maximum gehen, dass wir immer hungrig bleiben müssen und dass jedes Spiel aufs Neue eklig und schwierig wird.“

Herthas Mannschaft hat zuletzt gezeigt, dass sie eklig sein kann und es dann schwierig und unangenehm ist, gegen sie zu spielen. Gegen Magdeburg aber schien sie sich dazu nicht aufraffen zu können. Trainer Leitl war „nicht einverstanden mit der Art und Weise, wie wir gegen den Ball gespielt haben“, mit zu wenig Intensität nämlich, um den Gegner ernsthaft in Bedrängnis zu bringen.

„Wenn du Pressing spielen willst, musst du es mit einer anderen Intensität auslösen und auch den richtigen Auslösemoment finden“, sagte Leitl. „Wir sind dann gut, wenn wir das tun, wenn wir Bälle gewinnen und dann in Situationen kommen, wo wir unseren Speed nutzen können.“ Gegen Magdeburg war Hertha nicht gut.

Das störte Leitl mehr als das Ende der Siegesserie. „Du kannst nicht permanent gewinnen. Natürlich ist das schön, und natürlich willst du das auch“, sagte er. „Aber wenn du nicht gewinnen kannst, weil es nicht geht oder du mal einen schlechteren Tag hast, dann verlierst du wenigstens nicht. Dann spielst du 0:0 und nimmst einen Punkt mit. Das muss in unseren Kopf rein.“

Wenn es stimmt, dass man aus Schaden klug wird, wenn Hertha tatsächlich diese Erkenntnis mitnimmt, dann könnte diese Niederlage gegen Magdeburg für den weiteren Verlauf der Saison tatsächlich noch etwas Gutes haben.

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