
© AFP/Vince Caligiuri
Einigung im Dopingfall Jannik Sinner: Ein Schlag ins Gesicht aller sauberen Sportler
Der beste Tennisspieler der Welt kommt trotz zweier positiver Dopingtests glimpflich davon. Die Einigung nährt den Glauben, dass im Sport mit zweierlei Maß gemessen wird.

Stand:
Jannik Sinner ist aktuell der beste Tennisspieler der Welt. Er hat zuletzt die Australian Open gewonnen, im Finale ließ er Alexander Zverev keine Chance. Insgesamt kommt der sympathische Südtiroler mittlerweile auf drei Grand-Slam-Titel, er ist amtierender ATP-Champion und Davis-Cup-Sieger mit Italien.
Doch hinter all diesen Erfolgen steht seit Monaten ein dickes Sternchen. Denn Sinner ist bei mehreren Dopingkontrollen auffällig geworden. Im März des vergangenen Jahres wurde er zweimal positiv auf das verbotene anabole Steroid Clostebol getestet. Um eine Strafe aber kam er zunächst herum, die verantwortliche Tennis-Agentur Itia sah kein vorsätzliches Verschulden.
Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada legte gegen diese Bewertung Einspruch ein, Sinner drohte eine mehrjährige Sperre, Mitte April sollte darüber vor dem Internationalen Strafgerichtshof Cas verhandelt werden.
Am Samstag nun folgte die überraschende Einigung zwischen den Parteien: Die Wada konnte keine betrügerische Absicht im Falle Sinner erkennen, attestierte ihm aber Fahrlässigkeit. Im Ergebnis steht nun eine dreimonatige Sperre, bis zum 4. Mai darf der Italiener nicht an Tennisturnieren teilnehmen.
Es ist ein Urteil, das erstaunt und bei vielen Sportlern für eine gewisse Ratlosigkeit, wenn nicht gar Fassungslosigkeit sorgen dürfte. Da ist zunächst die perfekte Platzierung für die Sperre.
Sinner verpasst jetzt zwar einige Events der Masters-Series, möglicherweise verliert er bis zu seiner Rückkehr auch den Nummer-eins-Status. Aber pünktlich zu den French Open in Paris kann er wieder auf den Platz zurückkehren und wird somit keines der prestigeträchtigen Grand-Slam-Turniere verpassen. Viel besser hätte er es nicht treffen können.
Profikollege Nick Kyrgios sprach in einer ersten Reaktion von einem „traurigen Tag für das Tennis“ und glaubt, dass in seiner Sportart keine Fairness existieren würde.
In der Tat drängt sich der Verdacht auf, dass hier ein Superstar besser behandelt worden ist als ein x-beliebiger Profi auf der Tour. Sinner hat viel Geld und gute Anwälte, die Mächtigen im Tennis dürften zudem wenig Interesse daran gehabt haben, ihr Aushängeschild als Dopingsünder gebrandmarkt zu sehen.
Der Deal wird Sinner nicht nachhaltig beschädigen und auch nicht seine Sportart. Alles sauber, so weit. Als bester Tennisspieler der Welt hat man eben weniger zu befürchten, selbst wenn man – vielleicht auch unwissentlich – verbotene Substanzen eingenommen hat und folglich als Doper überführt wurde.
Die jetzt verkündete Einigung ist deshalb ein Schlag ins Gesicht aller sauberen Athleten – und derjenigen, die tatsächlich unschuldig sind, sich es aber nicht leisten können, das letztendlich auch zu beweisen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: