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Nordirlands Trainer Michael O'Neill missfällt die Kritik am Spielstil seiner Mannschaft.

© AFP/Paul Faith

Emotionales WM-Qualifikationsspiel: Ganz Nordirland ist sauer auf Bundestrainer Julian Nagelsmann

Beim deutschen Gegner ist man immer noch genervt über die „respektlosen“ Kommentare von Julian Nagelsmann nach dem Spiel in Köln. Sein Team dürfte das zu spüren bekommen.

Stand:

Kaum hatte die deutsche Nationalmannschaft den ersten Außenseiter an diesem Wochenende geschlagen, da warnte der Bundestrainer schon vor dem Nächsten.

Zu Hause gegen Luxemburg hat die DFB-Elf Selbstvertrauen tanken können. Am Montag (20:45, RTL) geht es aber auswärts gegen Nordirland, und wie Julian Nagelsmann am Freitagabend noch betonte: „Das wird eine andere Hausnummer als heute.“

Dass das Spiel in Belfast ein schwerer Brocken werden könnte, hat Nagelsmann aber ein Stück weit auch selbst zu verantworten. In Nordirland trifft sein Team nicht nur auf einen formstarken Gegner, der seit acht Heimspielen ungeschlagen ist und gegen schwächelnde Deutschen eine Chance wittert. Es trifft auch auf ein Land, das Julian Nagelsmann eines Besseren belehren möchte.

Hintergrund dafür sind die Aussagen Nagelsmanns Anfang September nach dem 3:1-Sieg gegen Nordirland in Köln. Im Interview mit der BBC nach dem Spiel hatte sich der Bundestrainer damals zum Spielstil der Nordiren geäußert. Diese hätten einfach lange Bälle geschlagen, um dann mit zehn Mann die zweiten Bälle zu attackieren. „Diese Art von Fußball ist nicht schön anzusehen, aber es ist sehr effektiv, und das macht es nicht einfach zu verteidigen“, resümierte Nagelsmann.

Nagelsmanns Analyse kam schlecht an in Nordirland

In Nordirland kam das eher schlecht an. Die Aussagen des Bundestrainers seien „ein wenig respektlos gegenüber unserer Mannschaft“, fand etwa der frühere Nationalspieler Stephen Craigan, zumal die deutsche Mannschaft auch viele lange Pässe gespielt habe. Sein Kollege Chris Brunt reagierte sarkastisch: „Ich wusste nicht, dass man nur schön spielen und das machen darf, was der Gegner möchte.“

Wie er später auch klarstellte, meinte Nagelsmann seine Analyse gar nicht abschätzig. „Mir wurde nachgesagt, ich hätte den nordirischen Fußball schlechtgeredet: Das habe ich nicht“, protestierte er am Freitag bei der ARD. „Ich habe nur gesagt, dass diese vielen langen Bälle super eklig zu verteidigen sind. Sie entwickeln dadurch viel Stress.“

Aber ich weiß noch, als wir gegen Deutschland gespielt haben, als Joachim Löw noch Trainer war. Er hatte immer viel Respekt vor unserem Spielstil und das habe ich mitgenommen.

Michael O’Neill, Nordirlands Nationaltrainer

Nur hat er das vielleicht ein wenig zu stumpf ausgedrückt für die britischen Kollegen. Und damit wäre er nicht der erste Deutsche, dessen Direktheit in Großbritannien als passive Aggression interpretiert wird.

Der Bundestrainer gehört zwar zu einer Fußball-Generation, die englische Begriffe wie „Speed“ und „Power“ auch im Deutschen ad absurdum benutzt. Doch das Englisch, das die Briten sprechen und hören, hat andere Nuancen. In manchen Kulturen wird eben direkt gespielt, aber indirekt kommuniziert.

Auch deshalb hallen Nagelsmanns Kommentare auch heute noch in nordirischen Ohren nach. Als er letzte Woche dazu gefragt wurde, wollte Nationaltrainer Michael O’Neill zwar nicht von „Respektlosigkeit“ sprechen. Einen kleinen Seitenhieb gegen sein deutsches Gegenüber erlaubte er sich dennoch.

Der Windsor Park gilt als Hexenkessel

„Andere Trainer sagen immer solche Sachen über Nordirland“, sagte er. „Aber ich weiß noch, als wir gegen Deutschland gespielt haben, als Joachim Löw noch Trainer war. Er hatte immer viel Respekt vor unserem Spielstil und das habe ich mitgenommen. Und er hat, glaube ich, auch mal die WM gewonnen.“

Seine Mannschaft, betonte O’Neill, werde an diesem Montag auch nicht anders spielen. „Mein Job ist es doch, meine Mannschaft so aufzustellen, dass sie möglichst schwer zu schlagen sind.“

Das wird sie auch diesmal sein. Gerade nach dem überzeugenden 2:0-Sieg gegen die Slowakei am Donnerstag haben die Nordiren den Wind − und vor allem das Publikum − im Rücken. Der Windsor Park ist schon zu besten Zeiten einen Hexenkessel und nun sind sie noch motivierter. Wie Chris Brunt vor diesem Duell sagte: „Sie werden die Deutschen herzlich empfangen.“

Falls das britische Understatement da nicht durchkommt: Er meint, dass das nordirische Publikum versuchen werde, die deutsche Mannschaft und ihren Trainer zu verunsichern. Doch das wusste Nagelsmann ohnehin schon: „Man weiß auch, dass die nordirischen Fans sehr emotional sind“, sagte er am Freitag bei der ARD.

Was sicherlich auch nett gemeint war. Im aktuellen Kontext wäre der Bundestrainer trotzdem gut beraten, die toxischen alten Klischees über emotionale Iren eher zu vermeiden. Ein Glück, dass er diesmal auf Deutsch gesprochen hat.

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