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Entlassung der Schweizer Nationaltrainerin: Dieser Abschied ist einer Welttrainerin wie Pia Sundhage unwürdig
Die späte Entscheidung des Schweizer Fußballverbandes ist ein herber Rückschlag. Sie zeigt auch, dass die Professionalisierung des Frauenfußballs am Ende doch nur ein leeres Versprechen war.

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Im einen Moment gilt man noch als Architektin eines Sommermärchens, im anderen scheint all das vergessen zu sein. Pia Sundhage ist nicht mehr länger Trainerin des Schweizer Nationalteams der Frauen. Das gab der Schweizerische Fussballverband (SFV) am Montagabend bekannt. Sundhage sagte, sie sei von der Entscheidung überrascht gewesen. Angesichts des langen Zögerns hinsichtlich einer Vertragsverlängerung über das Jahr hinaus war die Entlassung allerdings abzusehen gewesen. Zuletzt hatte sich keine einzige Nationalspielerin für sie ausgesprochen.
Dabei war die 65-Jährige einst mit großen Erwartungen gekommen – vor allem als Hoffnungsträgerin für die Heim-EM im vergangenen Sommer. Trotz all der berechtigten Kritik angesichts ihres teils zweifelhaften Umgangs mit Spielerinnen und aufgrund ihres extrem defensiven Spielstils, sorgte sie mit ihrem Team für einen Fußballsommer in der Schweiz, der die eigenen Fans elektrisierte.
Nach dem Ausscheiden gegen Spanien im erstmalig erreichten Viertelfinale hallten „Sundhage“-Sprechchöre durch das Berner Wankdorfstadion. Die Schweizerinnen hatten mit überraschend angriffslustigem Fußball überzeugt. Dennoch blieben Zweifel, ob der Erfolg nicht Sundhage zu verdanken war, sondern dem jungen Team, das über sich hinausgewachsen war – der Trainerin zum Trotz.
Es gibt also durchaus Gründe, die die Vertragsauflösung mit der Welttrainerin nachvollziehen machen, Sundhage hätte nach der historischen EM trotzdem einen anderen Abschied verdient gehabt. Monate des Wartens vergingen bis zur Entscheidung. Dabei hatte der SFV eine umfassende Turnieranalyse angekündigt, in der man sich mit der Personalie Sundhage auseinandersetzen würde. Doch die Prioritäten schienen sich plötzlich wieder zu den Männern verschoben zu haben.
Der neue SFV-Präsident Peter Knäbel sagte nach seinem Amtsantritt Anfang August, sein Fokus gelte dessen WM-Qualifikation in diesem Herbst. Und so saß bei den beiden Siegen der Schweizer Fußballerinnen im Oktober Sundhage noch immer auf der Bank.
Dieser Vorgang lässt den Respekt vermissen, den eine Welttrainerin wie Sundhage verdient hätte. Und er ist zudem ein Rückschlag für die Entwicklung und Professionalisierung des Schweizer Frauenfußballs. Dieser hatte von der Heim-EM sowie den von Sundhage angestoßenen strukturellen Forderungen endlich an Fahrt aufgenommen.
Letztlich verliert nicht nur Pia Sundhage – sondern auch der Schweizer Fußballverband, der riskiert, dass die Heim-EM im Rückblick zum Turnier der verpassten Chancen wird.
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