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Fast-Absteiger musste aufsteigen: Die Leiden des 1. FC Schöneberg
Die Fußballerinnen müssen in der Berlin-Liga spielen, obwohl sie nicht aufsteigen wollten. Im ersten Spiel gab es ein 1:9, am Sonntag wird es kaum besser laufen.
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Es ist Aufstieg und keiner geht hin – besser gesagt: keiner will hin. Zum Ende der abgelaufenen Saison war für die Fußballerinnen vom 1. FC Schöneberg die Welt noch in Ordnung. Sie hatten eine Saison hinter sich, in der sie zwischenzeitlich zwar tief im Abstiegskampf steckten, den dann aber entspannt auf Platz 8 mit fünf Punkten Abstand zu den Abstiegsplätzen abschließen konnten. Also war alles bereit für eine weitere Saison Landesliga. Bis die Nachricht kam: Ihr steigt auf! Mit 29 Punkten Abstand zu den Aufstiegsrängen!
Ein Klub kann sich weigern aufzusteigen, aber nur bis zu einer bestimmten Frist. Hat ein Verein bis dahin der Staffelleitung nicht mitgeteilt, dass er nicht aufsteigen will, muss er aufsteigen. Trainer Dieter Schilling erinnert sich an die Möglichkeiten, aus denen er wählen konnte: „Wir mussten aufsteigen, hätten wir uns geweigert, wären wir zwangsabgestiegen, also zurück in die Bezirksliga.“ Die Schönebergerinnen hätten den Aufstieg also nur verhindern können, wenn sie der Staffelleitung fristgerecht mitgeteilt hätten, dass sie nicht aufsteigen wollen – aber zu diesem Zeitpunkt steckten sie noch im Abstiegskampf und dachten im Leben nicht an den Aufstieg.
Grund dafür waren die Vorgänge beim SC Staaken. Der hatte seine Mannschaft aus der Berlin-Liga, der höchsten Spielklasse innerhalb Berlins, zurückgezogen. In die neue Saison mit nur 13 Mannschaften zu gehen, stand für die Staffelleitung nicht zur Debatte, also musste eine weitere Mannschaft aus der Verbandsliga aufsteigen: der 1. FC Schöneberg. „Man wollte mit aller Macht, die Berlin-Liga vollkriegen, damit man am Ende sagen kann, wir haben immer vollzählige Staffeln“, sagt Schilling.
Der Trainer blickt sorgenvoll in die Zukunft. „Die Staffelleitung hat auf die leichte Schulter genommen, dass der Frauenfußball bei uns kaputtgehen kann. Es ist einfach keine gute Werbung für den Frauenfußball und vor allem nicht für den Verein. Keine potenzielle neue Spielerin guckt auf die Tabelle und auf die Ergebnisse und entscheidet sich dann für die Mannschaft, die jede Woche die Hucke voll bekommt.“ Er hätte sich einen anderen Umgang mit der Situation gewünscht.
„Es hätte nicht sein müssen, man hätte es noch ändern können, da hätte ich mir einfach gewünscht, dass auf uns zugekommen wird und das persönliche Gespräch gesucht wird. Es wurde aber alles über unseren Kopf hinweg entschieden.“
Die Mannschaft stehe jetzt vor der großen Herausforderung, das Beste aus der Saison zu machen: „Es geht nur um den Wiederabstieg, wir rechnen uns keine Chancen aus. Es geht darum, die Moral hochzuhalten. Wir versuchen, die Spielerinnen bei Laune zu halten und wenn das nicht die Spiele an sich sind, müssen wir das Mannschaftsgefüge mit anderen Sachen stärken, mal essen gehen oder gemeinsam bowlen.“
Das erste Saisonspiel ging mit 1:9 verloren, am Sonntag geht es gegen das zweite Team von Stern 1900 zum ersten Mal auf heimischen Platz um Punkte (10.30 Uhr, Sportanlage Vorarlberger Damm). Trotz der geringen Chance findet Schilling aufbauende Worte: „Wir sind aber auf einem guten Weg. Alle wissen, dass es nur darum geht, das hier über die Bühne zu bringen. Wir versuchen, aus den Spielen was zu lernen.“ Auch wenn es am Ende der Saison zurück in die Landesliga geht, haben die Schönebergerinnen schon jetzt eines sicher: die kurioseste Aufstiegsgeschichte der Berlin-Liga.
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