
© AFP/Carl de Souza
Frankreich gewinnt Rugby-Gold: Die sportliche Fortsetzung der Olympia-Eröffnungsfeier
80.000 Fans feiern den Sieg der französischen Rugby-Mannschaft. In Sachen Stimmung hätte diesen Sommerspielen nichts Besseres passieren können.
Stand:
Frankreich hatte schon gewonnen, bevor es überhaupt losging: 80.000 Menschen schmetterten im proppevollen Stade de France so ausgelassen und voller Vorfreude die französische Hymne, dass man sich gar nicht vorstellen mochte, dass dieser Abend nicht mit der Goldmedaille für Frankreichs Rugby-Männer enden könnte.
Andererseits hatte Fidschi seit 2016 jedes olympische Match gewonnen und sich beide Goldmedaillen seit dem olympischen Comeback dieser rasanten Kontakt-Ballsportart in Rio geholt. Erst zwei Tage zuvor hatten die Männer des Inselstaates Frankreich in der Gruppenphase besiegt.
Und doch endete der Abend, wie er begonnen hatte: 80.000 Menschen schmetterten die französische Nationalhymne. Dazu riss über dem Stadion die Wolkendecke nach einem verregneten Tag endlich auf, blauer Himmel lugte hervor und ein paar Sonnenstrahlen verliehen der Szenerie einen goldenen Schimmer. Gänsehaut pur.
Die Franzosen gewannen mit 28:7, fast schon unheimlich deutlich, getragen von einem elektrisierten Publikum und Superstar Antoine Dupont, der extra für die Spiele in Paris von der klassischen Rugby-Variante mit 15 Spielern zum rasanteren, kurzweiligeren Siebener-Rugby gewechselt war.
Es ist ein Traumstart für die Gastgeber in dieser hierzulande hochgeschätzten Sportart, für die sich in Deutschland nur wenige interessieren, deren Weltmeisterschaften aber als drittgrößtes Sportevent nach Fußball-WM und Olympischen Spielen gelten. Am Sonntag geht es mit den Frauen-Wettbewerben weiter.
Am Samstagabend standen die pfeilschnellen, muskelbepackten Männer der französischen Siebener-Rugby-Nationalmannschaft, ganz in weiße Trainingsanzüge gekleidet, hoch oben auf dem Podest – jeder mit Gold um den Hals. Das alles wirkte wie die überzogene Fortsetzung dieser schillernden, von versierten Regisseuren erdachten Eröffnungsfeier vom Vortag, und doch ist es schlicht Sport. Unberechenbar, dramatisch, faszinierend.
Das war sehr viel Energie im Stadion, das Publikum war unser achter Mann.
Frankreichs Trainer Jerome Daret
Die Zweitplatzierten tragen schwarze Trainingsanzüge, dazu ein mühsames Lächeln im Gesicht. Silber tröstete sie offensichtlich nicht darüber hinweg, den Nimbus der Unbesiegbarkeit auf olympischem Rasen verloren zu haben.
Kurz vor Schluss war Jerry Tuwai vom Platz gehumpelt, der 35-Jährige hätte hier seine dritte olympische Goldmedaille gewinnen können, doch der Oberschenkel machte nicht mehr mit. Es war sein letztes Spiel mit der Nationalmannschaft, künftig wolle er sich als Trainer versuchen, sagte Tuwai später. Aus seiner Enttäuschung machte er kein Geheimnis: „Wir sind hierhergekommen, um Gold zu gewinnen, aber es ist Silber geworden.“
Bei den Franzosen machte Antoine Dupont den Unterschied. 2021 vom Weltverband World Rugby als weltbester Spieler des Jahres ausgezeichnet, konnte er auch im Siebener-Rugby überzeugen. Er bereitete einen Versuch vor und setzte zwei selbst. „Essai“ sagen sie hier in Frankreich, „Try“ im Englischen. So heißt es, wenn ein Spieler den Ball in der Endzone ablegt, fünf Punkte gibt es dafür. Auf dem Weg dorthin wird gerangelt, geschoben, gehalten und gecheckt. Schnell sein allein hilft nicht, die Spieler müssen auch robust sein und einstecken können.
Auch nach der Siegerehrung leert sich das Stadion nur sehr langsam. Viele singen und tanzen noch eine Weile, feiern die Männer in Weiß da unten auf dem Grün, lassen sich von ihnen zu immer neuen Jubelstürmen dirigieren. Es ist einfach zu schön. Olympia von seiner allerbesten Seite.
Und Frankreichs Trainer Jerome Daret beendete den Abend bei der Pressekonferenz in den Katakomben des Stadions mit einem Dank an die fröhlichen Menschen da draußen: „Das war sehr viel Energie im Stadion, das Publikum war unser achter Mann.“
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