zum Hauptinhalt
Sheraldo Becker beim Torschuss für Surinam.  Der Stürmer spielte von 2019 bis 2024 beim 1. FC Union.

© IMAGO/Sebastian Bach

„Für dieses Land wäre das unfassbar“: Ex-Unioner Sheraldo Becker steht mit Surinam kurz vor dem Sprung zur WM

Surinam war bislang nicht als Fußballnation bekannt. Doch nun könnte es mit dem ganz großen Coup klappen. Es fehlt nur noch ein Sieg in Guatemala.

Stand:

Mit 30 Jahren hat Sheraldo Becker schon einige besondere Momente auf den größten Fußballbühnen der Welt erlebt. Ein Derby-Doppelpack im Berliner Olympiastadion gegen Hertha BSC etwa, oder das Champions-League-Debüt im Bernabeu gegen Real Madrid. Das größte Spiel seiner Karriere wird der frühere Stürmer des 1. FC Union Berlin aber erst diese Woche bestreiten. Und zwar vor 7000 Zuschauern in Guatemala-Stadt.

Als Nationalspieler von Surinam steht der Angreifer von CA Osasuna aus der ersten spanischen Liga kurz davor, Fußballgeschichte zu schreiben. Nach fünf von sechs Spieltagen in der WM-Qualifikation des nord- und mittelamerikanischen Verbands CONCACAF befindet sich die Nationalmannschaft auf Platz eins in Gruppe A.

In der Nacht zu Mittwoch europäischer Zeit steht nun das letzte Spiel gegen Guatemala an. Mit einem Sieg könnte sich Surinam direkt und zum ersten Mal überhaupt für eine Weltmeisterschaft qualifizieren. Diese wird 2026 erstmals mit 48 Mannschaften ausgetragen.

„Für dieses Land wäre das unfassbar, keiner würde das glauben können“, sagte Becker in einem Interview mit der FIFA im Oktober. „Mit Surinam die WM zu erreichen, wäre wie ein Titel. Für uns als Spieler wäre es der größte Erfolg überhaupt.“

Bis vor Kurzem wäre es völlig unvorstellbar gewesen. Sogar auf regionaler Ebene war das kleine Land an der karibischen Küste Südamerikas jahrzehntelang ein kleiner Fisch. Echte Hoffnungen auf die WM hatten sie das letzte Mal 1978. Zwischen 1985 und 2021 schafften sie es nicht einmal, sich für den kontinentalen Gold Cup zu qualifizieren.

Surinam verlor als ehemalige Kolonie seine besten Spieler oft an die Niederlande. Ob gebürtige Surinamer wie Edgar Davids und Clarence Seedorf oder die Söhne surinamischer Eltern wie Ruud Gullit und Frank Rijkaard: die Liste der Namen, die Surinam theoretisch hätten vertreten können, liest sich wie eine Oranje-Legendenelf. Auch in der aktuellen niederländischen Mannschaft gibt es viele Stars mit surinamischen Wurzeln wie Xavi Simons, Virgil Van Dijk und Georginio Wijnaldum.

Der Fluch kann aber auch ein Segen sein. Wie Becker sind viele surinamischen Nationalspieler gebürtige Niederländer, die bei holländischen Profiklubs ausgebildet wurden und ihre ganze Karriere in Europa verbracht haben.


Ex-Herthaner Jean-Paul Boetius spielt ebenfalls für Surinam

Die aktuelle Mannschaft, zu der auch Jean-Paul Boetius gehört (früher unter anderem bei Hertha BSC, aktuell beim SV Darmstadt 98), ist wohl die stärkste in der Geschichte Surinams. Und wie Becker neulich sagte, spielt sie nicht nur für die begeisterten Fans in der Heimat, sondern auch für die ganze surinamische Diaspora.

„Wo auch immer ich in Amsterdam hingehe, wollen die Leute mit mir über Surinam und die Qualifikation zur WM reden“, sagte er gegenüber ESPN. „Sie wollen, dass wir das für sie schaffen. Und das wollen wir auch: Wir machen das fast mehr für sie als für uns.“

Nun fehlt nur noch ein Sieg. Und falls Becker und seine Kollegen das große Ziel erreichen, könnte sein früherer Union-Mitspieler Danilho Doekhi womöglich auch auf ein Ticket zur WM hoffen. Der niederländische Verteidiger, der immer noch in Köpenick spielt, strebt gerade einen Wechsel zum surinamischen Verband an.

„Wir warten noch auf die Bestätigung der FIFA. Ich weiß nicht, warum das so lange dauert oder wann das passiert“, sagte Doekhi bei einer Medienrunde im September. „Ich spreche manchmal mit Sheraldo darüber. Er hofft auch, dass wir das hinkriegen.“

So würde Surinam bei der WM vielleicht zur kleinen Köpenicker Exklave werden. Doch zunächst müssen sie im kleinen Estadio el Trebol in Guatemala-Stadt über die letzte Hürde gehen. Denn wie Becker zuletzt sagte: „Es hilft nicht, so viel darüber zu reden, wenn wir das am Ende nicht schaffen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })