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Das bange Warten auf die Entscheidung des Videoschiedsrichters. Bei Union gegen Frankfurt war das am Sonntag gleich zweimal der Fall.

© Imago/Contrast

Gerecht, aber nicht menschlich: Der Videobeweis macht den Fußball kaputt

Der 1. FC Union trifft in der Nachspielzeit zum vermeintlichen Sieg gegen Frankfurt. Doch dann schaltet sich der VAR ein und das Drama nimmt seinen Lauf. Warum das nicht im Sinne des Sports sein kann.

Kit Holden
Ein Kommentar von Kit Holden

Stand:

Nach dem Schlusspfiff herrschte auf den Rängen Frust. Es wurde geseufzt, gepfiffen und gemeckert im Stadion an der Alten Försterei. Und das, obwohl die Fans des 1. FC Union ein hoch spannendes 1:1 gegen Eintracht Frankfurt gesehen hatten, das ihre Mannschaft sogar auf einen Champions-League-Platz brachte.

Grund für die Unzufriedenheit war – wie so oft – der Videoschiedsrichter. Und es waren eben nicht nur die Zuschauer, die die Welt nicht mehr verstanden. In den Katakomben waren auch die Spieler und Funktionäre von beiden Mannschaften entsetzt. Die Frankfurter wegen einer fragwürdigen gelb-roten Karte, die Berliner wegen einer Millimeter-Entscheidung, die ihnen ein vermeintliches Siegtor in der Nachspielzeit verwehrte.

„Ich finde es skandalös, muss ich echt sagen“, meine etwa Union-Stürmer Benedict Hollerbach. „Bei den VAR-Entscheidungen würde ich es mir wünschen, dass vor allem bei Abseits im Zweifel mehr zugunsten des Stürmers entschieden wird. Es ist eh schon schwer, ein Tor zu machen und die Leute wollen Tore sehen.“

Nun könnte man behaupten, dass da jemand durch die eigene Vereinsbrille geblickt hat. Denn Fakt ist nun mal: Das Tor von Tim Skarke wurde regelkonform aberkannt, weil Christopher Trimmel im Spielaufbau tatsächlich knapp im Abseits stand. Fakt ist auch, dass das 1:1 nach dem Spielverlauf ein faires Ergebnis war.

Doch in Wirklichkeit sprach der Union-Stürmer vielen Fußball-Liebhabern aus der Seele, als er eine Entscheidung kritisierte, die „nicht im Sinne des Fußballs“ sei. Die Ablehnung des VAR geht nämlich bei vielen Fans über alle Rivalitäten hinweg. In Köpenick wird, wie in vielen deutschen Stadien, der Videoschiedsrichter schon vor dem Anpfiff konsequent ausgepfiffen. Am Sonntag sangen die Union-Fans auch dann noch dagegen an, als der Assistent vor dem Ausgleichstor zugunsten ihrer Mannschaft eingriff.

Die Gründe dafür sind am Ende so simpel, wie Hollerbach und die singenden Fans es zur Sprache brachten: Der VAR macht einfach den Sport kaputt. Denn: So viel Geld und Gefühle da mittlerweile im Spiel sein mögen, ist der Fußball am Ende eben genau das: ein Spiel. Das Schöne an ihm war noch nie das Gerechte, sondern immer das Menschliche.

Gerade in einer Zeit, in der technische Hilfsmittel längst die Regel sind, sollte man das nicht aus den Augen verlieren. Ein Tor – gerade ein so spätes – ist ein viszeraler Rausch, ein Ausbruch der menschlichen Emotionen. Wenn es jedes Mal nur nach einer langwierigen Prüfung seiner Entstehung gelten darf, geht der Spaß daran verloren. Und so gerecht die Entscheidung auch sein mag: Am Ende bleibt dann nur noch der Frust.

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