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Sport: Gnade für Beckham

Bei Real Madrid versucht Coach Fabio Capello, seinen Job zu retten

Real Madrids Trainer Fabio Capello dürfte seine Stirn heute Abend in noch tiefere Falten legen als gewöhnlich. Im Spiel beim Abstiegskandidaten Real Sociedad San Sebastian geht es für den Italiener um alles. Nach vier Niederlagen in den letzten sechs Spielen, zuletzt das blamable 0:1 gegen den Tabellenachtzehnten UD Levante braucht Capello einen Sieg dringender als je zuvor, um seinen Job bei Real zu retten. „Verliert Capello, wird ihm gekündigt“, will die Sportzeitung „Marca“ bereits aus Klubkreisen erfahren haben. Hilfe erhofft sich Capello dabei ausgerechnet von einem, der ihm zuletzt nicht einmal mehr eines Blickes wert war: David Beckham.

Der Engländer soll gegen San Sebastian spielen. Dabei durfte er die Spiele von Real nur noch von der Tribüne aus verfolgen, seit er seinen Wechsel zu Los Angeles Galaxy zum Saisonende bekanntgeben hat. „Manchmal irren sich Menschen bei dem, was sie sagen und was sie tun“, räumte Capello ein. Beckham habe ihm im Training bewiesen, „dass er ein großer Profi ist, deshalb kehrt er in die Mannschaft zurück“.

Lächelnd drehte Beckham am Freitagvormittag seine Trainingsrunden, bekam ein aufmunterndes Schulterklopfen von van Nistelrooy, Raúl umarmte ihn herzlich. Die Mannschaft hatte von Capello eine Rückkehr Beckhams in den Kader gefordert.

Dass der sonst so wenig dialogbereite Trainer diesen Wunsch erfüllte, soll ihn mit der Mannschaft wieder versöhnen. Die hatte das Vertrauen in Capello zuletzt verloren. Seit der einstige Star Ronaldo an den AC Mailand verschachert wurde, ist die Stimmung bei den Profis auf dem Tiefpunkt. Auf Capellos Blut-, Schweiß- und Tränen-Appell Anfang der Woche reagierten die Fußballer gereizt. „Nach sechs Monaten wissen wir immer noch nicht, wie wir eigentlich spielen sollen“, murrte ein Spieler, der lieber ungenannt bleiben will. „Vielleicht ist dies das Hauptproblem und nicht unser angeblich mangelnder Wille.“

Um nach der Mannschaft nun auch die Klubleitung versöhnlich zu stimmen, wird Capello mehr brauchen als eine bloße Geste – und mehr als einen Sieg gegen den Tabellenvorletzten Real Sociedad. Nachdem beim Debakel am vergangenen Sonntag, ironischerweise dem 1000. Heimspiel im Santiago-Bernabeu-Stadion, das Publikum mit wehenden Taschentüchern den Rücktritt des Ex-Juventus-Mannes gefordert hatte, ging selbst Intimus Predrag Mijatovic auf Distanz. Das Statement, mit dem sich der Sportdirektor hinter den von ihm engagierten Coach stellte, lässt weiterhin Raum für Spekulationen: „Capello verdient unser Vertrauen. Aber wir können nicht versichern, dass er bis Saisonende bleibt. Im Fußball weiß man nie, wie sich die Dinge entwickeln.“

Als seien die sportlichen Probleme nicht genug, verhielt sich Capello auch noch ungeschickt. Nach dem Votum der Fans per Taschentuch, bedankte sich der Trainer auf einer Pressekonferenz bei den einzigen, die ihm im Stadion applaudiert hatten, dem als gewaltbereit und rechtsextrem bekannten Block der Ultra Sur. Das brachte ihm eine Rüge der spanischen Anti-Gewalt-Kommission ein.

Sollte Capellos Vertrag vorzeitig aufgelöst werden, wäre das die erste Kündigung in seiner Karriere. Als aussichtsreichster Kandidat für die nächste Saison gilt Bernd Schuster. Ursprünglich hatte Real-Präsident Ramón Calderón den Trainer des FC Getafe schon für diese Saison verpflichten wollen.

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