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Sebastian Grönning beendete mit seinen beiden Treffern gegen Münster Herthas Torflaute.

© imago/Contrast/IMAGO/O.Behrendt

Grund zur Freude, Grund zum Hadern: Sebastian Grönning steht exemplarisch für Hertha BSC

Mit seinen beiden Toren sichert der dänische Stürmer Hertha nicht nur einen wichtigen Erfolg. Er zeigt auch, dass er bereit ist, den lange verletzten Dawid Kownacki zu ersetzen.

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Manchmal muss man die Dinge laufen lassen und einfach mal wegbleiben. So wie Sebastian Grönning das am Samstag getan hat, nach exakt einer Stunde im Spiel zwischen Hertha BSC und Preußen Münster.

Der Ball kam von der rechten Seite in den Strafraum der Münsteraner, und Grönning tat, was man als Mittelstürmer tun muss: Er ging ihm entgegen. Aber als der Ball auf seiner Höhe war, ließ Grönning ihn passieren. Und weil sein Gegenspieler ihm instinktiv gefolgt war, stand Marten Winkler in seinem Rücken völlig frei. Winkler hatte alle Möglichkeiten – und setzte den Ball an den Pfosten.

Es war ungefähr die achte von gefühlt siebenunddreißig exzellenten Chancen, die Hertha an diesem verregneten Samstag im Berliner Olympiastadion ungenutzt ließ. Auch Sebastian Grönning, der 28 Jahre alte Däne, hatte dem Hang zur Verschwendung nicht widerstehen können.

5
Monate musste Hertha BSC auf einen Heimsieg warten.

„Deshalb bin ich auch nicht hundertprozentig zufrieden“, sagte er nach dem 2:1-Erfolg seiner Mannschaft gegen Preußen Münster. „Ich kann natürlich nicht alle meine Chancen machen, aber ich muss drei oder vier Tore schießen heute. Es ist okay, weil wir gewonnen haben.“

So stand Grönning an diesem Nachmittag exemplarisch für seine gesamte Mannschaft. Einerseits hatte sie allen Grund zu ausgelassener Freude. Andererseits gab es mindestens genauso viele Gründe, mit sich zu hadern.

Gemessen daran, dass der Berliner Fußball-Zweitligist nach exakt fünf Monaten mal wieder ein Heimspiel gewonnen und erstmals in dieser Saison überhaupt ein Tor im Olympiastadion geschossen hatte, sah man nach dem Schlusspfiff erstaunlich viele zerknirschte Gesichter bei der Heimmannschaft.

Er hat ein bisschen gebraucht, sich an die neue Liga anzupassen. Aber er kommt immer besser rein.

Herthas Trainer Stefan Leitl

Dass der Ärger nicht noch ärger ausfiel, hatte Hertha nicht zuletzt Sebastian Grönning zu verdanken – auch wenn Trainer Stefan Leitl explizit darauf hinwies, „dass wir insgesamt als Mannschaft performt haben“. Aber Grönning tat das, was man tun muss, wenn mal Spiele gewinnen will: Er beförderte den Ball ins Tor, und das gleich zweimal.

„Es freut mich sehr für ihn. Er hat sich mit den Toren für seine Leistung belohnt“, sagte Leitl. Zumal der Däne ihn mit seinen beiden Treffern fürs Erste von einer nicht ganz leichten Sorge befreite. Denn Hertha muss bis zum Ende der Hinrunde auf Dawid Kownacki verzichten, der die erste Wahl für die Position des Mittelstürmers ist. „Wenn deine Neun Monate ausfällt und der Nächste kommt und zwei Tore macht, ist das natürlich überragend“, sagte Leitl.

Die Berliner haben Grönning im Sommer ablösefrei vom FC Ingolstadt verpflichtet. 17 Tore hatte er in der vergangenen Saison für den Drittligisten erzielt. Und trotzdem war ihm bei Hertha nur die Rolle des Herausforderers zugedacht.

In der Regel sollte Grönning als Joker von der Bank kommen, um noch einmal Wucht ins Angriffsspiel seiner Mannschaft zu bringen. So wie am ersten Spieltag, als er bei der 1:2-Niederlage gegen Schalke kurz vor Schluss Herthas erstes Saisontor erzielte.

Bis zu Kownackis Verletzung ist Grönning ausschließlich eingewechselt worden. Erst vor einer Woche, beim 3:0-Sieg in Nürnberg, stand er erstmals in der Startelf. „Er hat ein bisschen gebraucht, sich an die neue Liga anzupassen, natürlich auch an die Art und Weise, wie wir spielen“, sagte Leitl. „Aber er kommt immer besser rein.“

Grönning selbst gab zu, dass Qualität und Intensität in der Zweiten Liga schon anders seien als in der vergangenen Saison. „Aber ich hatte von Anfang an ein gutes Gefühl. Ich habe versucht zu verstehen, was das Trainerteam von mir sehen will“, sagte er. „Ich bin immer ruhig geblieben und wusste, dass meine Chance kommen würde.“

Zum zweiten Mal stand Grönning in der Startelf

Durch den langen Ausfall Kownackis ist die Chance nun sogar größer als gedacht – aber auch nicht so gewaltig, dass sie Grönning vor unlösbare Probleme stellen würde. Mit den Anforderungen der Zweiten Liga scheint er immer besser klarzukommen, nachdem vor allem in der Vorbereitung im Sommer bei ihm vieles noch zu eckig und kantig gewirkt hatte.

„Er macht’s im Training extrem gut“, sagte Herthas Abwehrchef Toni Leistner, „hat sehr an seinem Körper gearbeitet und Extraschichten geschoben. Harte Arbeit zahlt sich im Fußball immer aus.“

Bei seinem zweiten Startelfeinsatz gegen Münster wirkte vieles schon deutlich geschmeidiger als bei seinem Startelfdebüt in Nürnberg. „Es war besser als letzte Woche, wo ich mit meiner Leistung nicht zufrieden war“, sagte Grönning. „Die Verbindung zu den anderen Spielern da vorne ist besser. Ich habe ein gutes Gefühl auf dem Platz.“

Die meisten Torschüsse aller Hertha-Spieler

In Nürnberg kam Grönning in den 62 Minuten bis zu seiner Auswechslung auf einen einzigen Torschuss; gegen Münster waren es fünf – und damit die meisten aller Hertha-Spieler auf dem Platz. Zudem bereitete Grönning mit starkem Einsatz kurz vor der Pause eine glänzende Chance des Isländers Jon Dagur Thorsteinsson vor.

Die Aussichten stehen gut, dass Grönning in den kommenden Wochen weiter an der Feinabstimmung mit seinen Sturmkollegen arbeiten kann. In Herthas Kader gibt es außer ihm mit Luca Schuler nur noch einen weiteren Kandidaten für die Position im zentralen Angriff.

Aber Schuler ist zum einen ein anderer Typ Stürmer und zum anderen nach mehrmonatiger Verletzungspause noch nicht in bester Verfassung. Gegen Münster vergab er kurz vor Schluss eine Konterchance derart kläglich, dass er den Unmut seines Trainers Leitl auf sich zog. Die Hierarchie in Herthas Angriff dürfte fürs Erste geklärt sein.

„Für uns als Mannschaft ist es wichtig, einen zu haben, der trifft“, sagte Herthas Kapitän Fabian Reese über Sebastian Grönning, der die Rolle des Herausforderers nun wohl hinter sich gelassen hat. „Nächstes Mal macht er den Viererpack.“

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