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Trainer Steffen Baumgart war mit einigen Gesängen der Union-Fans in Leverkusen nicht einverstanden.

© imago/Matthias Koch/imago/Matthias Koch

Hässliche Gesänge im Gästeblock: Steffen Baumgart spielt beim 1. FC Union den Konfliktverwalter

Bei der 0:2-Niederlage in Leverkusen zeigen sich die Union-Fans nach der Verletzung eines Gegenspielers nicht von ihrer besten Seite. Vom eigenen Trainer werden sie zu Recht gestellt.

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Als Fußballtrainer erlebte Steffen Baumgart am Sonnabend einen Tag zum Vergessen. Aber falls er von den Höhen und Tiefen des Profisports irgendwann genug hat, könnte der 53-Jährige immerhin über eine zweite Karriere in der Diplomatie nachdenken.

Nach dem 0:2 seiner Mannschaft bei Bayer Leverkusen sprach der Trainer des 1. FC Union von einer verdienten Niederlage, „und das meine ich auch über die 90 Minuten“. Tatsächlich war er der Einzige bei Union, der an diesem Tag nur halbwegs glänzen konnte, und zwar als Konfliktverwalter.

Ich glaube, dass die Situation sehr weit weg war und die Fans nicht erkannt haben, dass da mehr passiert ist.

Trainer Steffen Baumgart zu den Schmähgesängen aus der Union-Kurve

Nur ein paar Minuten waren in der ersten Halbzeit noch zu spielen, als Leverkusens Kapitän und Spielmacher Alejandro Grimaldo plötzlich blutüberströmt auf dem Boden lag. Bei einer Ecke der Gäste war er mit dem eigenen Teamkollegen Christian Kofane zusammengeprallt und hatte dabei einen Ellenbogenschlag an der Augenbraue abbekommen. Der Spanier musste minutenlang behandelt werden und wurde schließlich vom Feld getragen.

Ein Schreckmoment, bei dem sich die mitgereisten Union-Fans zunächst nicht von ihrer besten Seite zeigten. Während der Behandlung machten die Berliner auf der anderen Seite des Stadions das, was sie und andere Fangruppen im Männerfußball immer in solchen Situationen reflexartig machen. Sie verhöhnten den Spieler des Gegners, in diesem Fall mit dem Gesang: „Steh auf, du Sau!“

Baumgart beruhigte die Lage

Darauf reagierten die Leverkusener Fans zu Recht erzürnt, und für einen Moment kochte es in der Bayarena. Erst, als Baumgart Richtung Gästeblock lief und wild gestikulierte, beruhigte sich die Lage.

Auf den Fernsehbildern war zu sehen, wie die Union-Fans kurz nach der Botschaft vom Trainer einen anderen Gesang anstimmten. In solchen Fällen kann es offensichtlich auch mal helfen, einen bei den Fans beliebten und kommunikativ etwas ruppigen Trainer an der Seitenlinie zu haben.

„Wir sind alle emotional, und zwar alle Blöcke“, sagte Baumgart nach dem Spiel zu seiner Einmischung. „Ich glaube, dass die Situation sehr weit weg war und die Fans nicht erkannt haben, dass da mehr passiert ist. Den Hinweis habe ich ihnen gegeben. Deswegen war ich froh, dass die dann aus meiner Sicht die richtige Reaktion gezeigt haben.“

Das Schockierende an den Hohngesängen der Union-Fans war schließlich nicht deren Inhalt, sondern das fehlende Feingespür. So hässlich die Formulierung „Steh auf, du Sau“ auch sein mag, ist sie weder unüblich noch das Schlimmste, das die deutsche Fankultur zu bieten hat. Wie die „Schieber“-Rufe nach jedem nicht gegebenen Freistoß gehört sie vielmehr zu einer ganzen Liturgie an eingespielten Reaktionen, die nur selten im Verhältnis zum wahren Geschehen auf dem Platz stehen.

In bestimmten Situationen ist es jedoch schon üblich, dass man auf den Rängen etwas mehr Zurückhaltung zeigt. Wenn die Gesundheit eines Spielers tatsächlich gefährdet ist, gerade bei einer blutigen Kopfverletzung, gehört es generell zum guten Ton, dass man ihn nicht auch noch beleidigt. Deshalb der Eingriff von Baumgart.

Bei Grimaldo gab es zum Glück relativ schnell Entwarnung. Schon als er weggetragen wurde, konnte der Spanier sprechen und einen Schwamm an seine Stirn halten. Wie seine Mitspieler später verrieten, hatte er sogar nach der Pause weiterspielen wollen, was vom Arzt allerdings untersagt wurde. Auf Instagram schrieb er später, dass es „zum Glück nichts Ernstes war“.

„Es geht ihm soweit ganz in Ordnung“, sagte auch Bayers Torwart Mark Flekken bei Sky nach dem Spiel. „Er hat eine sehr schöne Platzwunde an der Augenbraue. Das wird ein paar Tage wehtun, aber danach geht es ihm wieder gut.“

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