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Obenauf. Dawid Kownacki feiert Herthas Siegtorschützen Sebastian Grönning (unten).

© imago/Noah Wedel/IMAGO/Noah Wedel

Update

Hertha BSC hat die besseren Nerven: Die Berliner siegen gegen Münster im Elfmeterschießen

Hertha BSC liefert bei Preußen Münster lange eine maue Vorstellung ab und zieht trotzdem in die zweite Runde des DFB-Pokals ein. Die Berliner setzen sich mit 5:3 im Elfmeterschießen durch.

Stand:

Stefan Leitl schlich durch die Coaching-Zone. Gemächlichen Schrittes, die Arme vor der Brust verschränkt und mit gesenktem Kopf. Das Erstrundenspiel seiner Mannschaft im DFB-Pokal gegen Preußen Münster war erst ein paar Minuten alt, aber der Trainer von Hertha BSC schleppte offenbar bereits richtig schwere Gedanken mit sich herum.

Exakt 101 Tage nach seinem letzten Auftritt in Münster, einer ernüchternden 0:2-Niederlage, lieferte der Berliner Fußball-Zweitligist erneut über weite Strecken ein maues Spiel ab. Und doch hatte Hertha am Ende das bessere Ende für sich. Nachdem es nach 120 Minuten 0:0 gestanden hatte, setzten sich die Gäste vor 10.635 Zuschauern und in einer beeindruckenden Atmosphäre auf Münsters Stadionbaustelle mit 5:3 im Elfmeterschießen durch. „Wir wollten’s unbedingt“, sagte Herthas Rechtsverteidiger Julian Eitschberger.

Die Berliner konnten sich vor allem bei ihrem Torhüter Tjark Ernst bedanken, der in der regulären Spielzeit mehrere Großchancen der Preußen vereitelte. Im Elfmeterschießen musste er hingegen nicht eingreifen. Denn während bei Hertha alle Schützen – Fabian Reese, Leon Jensen, Michael Cuisance, Maurice Krattenmacher und Sebastian Grönning – trafen, setzte Münsters Haralambos Makridis den Ball an die Latte.

In der Zweiten Liga bewegen sich beide Mannschaft mit je einem Punkt aus den ersten beiden Saisonspielen aktuell auf Augenhöhe, aber davon war am Montagabend zunächst wenig zu sehen. Vor allem in der ersten Hälfte waren die Berliner, die in dieser Saison so gerne aufsteigen möchten, den Preußen, die vermutlich zufrieden wären, wenn sie in der Liga bleiben, klar unterlegen.

Leitl änderte sein System

Vor der Pause spielte nur eine Mannschaft Fußball: Das waren die Münsteraner, die den Ball gepflegt durch ihre Reihen laufen ließen, sich auch von den Pressingversuchen der Berliner nicht von ihrer Linie abbringen ließen, sondern stets bemüht waren, von hinten herauszukombinieren. Meist mit Erfolg. „In den ersten 20 Minuten dachte ich, wir spielen gegen Barcelona“, sagte Herthas Abwehrchef Toni Leistner.

Die Berliner verzichteten lange auf jeden Hauch von Spielkultur. Stattdessen wuchteten sie den Ball vor allem hoch und weit nach vorne und wollten auf diese Weise das Pressing der Preußen überspielen. Mit überschaubarem Erfolg. Am Ende hatte Hertha eine Passquote von nur 72 Prozent. Münster kam auf 88. „Im Pokal kommt es nicht darauf an, gut zu spielen“, sagte Michael Cuisance. „Im Pokal musst du gewinnen.“

In den ersten 20 Minuten dachte ich, wir spielen gegen Barcelona.

Herthas Verteidiger Toni Leistner über Gegner Preußen Münster

Anders als in den beiden Ligaspielen hatte Leitl sein Team diesmal in einem 3-4-3-System aufgeboten, mit Dawid Kownacki als Mittelstürmer und Fabian Reese sowie Jon Dagur Thorsteinsson auf den Außenpositionen. Der Isländer Thorsteinsson war einer von drei Neuen bei Hertha. Zudem rückten Kevin Sessa und Julian Eitschberger in die Startelf.

Sessa feierte in Münster sein Saisondebüt, schaffte es, im Verbund mit Michael Cuisance, auf der Sechs aber nie, die Lücken im zentralen Mittelfeld zu stopfen. Die Preußen waren dort klar überlegen, konnten phasenweise in aller Ruhe kombinieren und sich in der ersten Hälfte einige gute Chancen erspielen.

„In der ersten Halbzeit war Münster klar besser. Wir waren nicht da“, sagte Sebastian Grönning, der am Ende eines packenden Pokalabends den entscheidenden Elfmeter zum Weiterkommen verwandelte und die gut 2000 Hertha-Fans in Ekstase versetzte.

Im Pokal kommt es nicht darauf an, gut zu spielen. Im Pokal musst du gewinnen.

Herthas Mittelfeldspieler Michael Cuisance

Danach hatte es lange nicht ausgesehen. „Wir haben über das komplette Spiel Riesenprobleme gehabt“, gab Trainer Leitl zu. Im Vergleich zu Herthas Defensive in der Anfangsphase ist der sprichwörtliche Hühnerhaufen eine straff organisierte militärische Formation. Vor der Pause musste Torhüter Ernst zweimal in höchster Not retten, erst gegen Marvin Schulz, anschließend gegen Etienne Amenyido.

Über einen deutlichen Rückstand hätten sich die Berliner nach der ersten Hälfte nicht beschweren dürfen – auch wenn sie unmittelbar vor der Pause eine große Chance zur Führung ausließen. Nach Reeses Flanke brachte Kownacki zu wenig Wucht und Präzision in seinen Kopfball. Es war die einzige herausgespielte Chance der Berliner in der ersten Halbzeit.

Leitl verzichtete zur Pause auf Wechsel, was durchaus überraschend war. Offenbar setzte Herthas Trainer auf die Selbstreinigungskräfte seines Teams. Mit mäßigem Erfolg – weshalb er nur zehn Minuten nach Wiederanpfiff Leon Jensen und Niklas Kolbe für Sessa und den erneut schwachen Marton Dardai brachte.

In der Folge lief es bei den Berlinern etwas besser, ohne dass sie offensiv wirklich zwingend wurden. Bis zur 89. Minute, als Kownacki den Ball nach einer Hereingabe Reeses aus vier Metern am Tor vorbeilenkte. Es wäre wohl der Lucky Punch für Hertha gewesen.

Stattdessen mussten die Berliner in die Verlängerung, in der sie nicht nur mehr Kontrolle über das Geschehen hatten, sondern auch fitter wirkten als die nun körperlich deutlich nachlassenden Preußen. Mit der letzten Aktion des Spiels vergab Reese die finale Chance des Spiels. Im Elfmeterschießen aber hatten die Berliner die besseren Nerven und schließlich das bessere Ende für sich.

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