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Krawall und Remmidemmi: Beim Spiel gegen Dortmund eskalierte die Lage, als Ordnungskräfte versuchten, eine Flagge aus dem Fanblock zu ziehen.

© AFP

Bundesliga-Duell gegen RB Leipzig: Hertha BSC riskiert mit dem Banner-Verbot die Eskalation

Für die Hertha-Ultras ist das Fahnenverbot ein herber Schlag. Sie bekommen eine Machtdemonstration zu spüren, wo ein Dialog angebracht wäre. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Als vernunftbegabter Mensch muss man nicht alles verstehen, was die sogenannten Ultras denken und tun. Man kann es vermutlich auch gar nicht. Aber man sollte zumindest versuchen, irgendwie damit umzugehen. Genau das hat Hertha BSC nicht getan.

Am Donnerstag hat der Berliner Fußball-Bundesligist verkündet, dass beim Spiel an diesem Samstag gegen RB Leipzig Banner, Blockfahnen und Doppelhalter im Olympiastadion verboten sind. Seitdem rätseln alle, wie die Ultras wohl darauf reagieren werden: Entfachen sie jetzt erst recht einen Feuersturm aus Pyrotechnik? Oder verwandeln sie das riesige Olympiastadion durch ihr versammeltes Schweigen in eine Art Totenhalle? Wie auch immer: Klar ist, dass in dem seit Monaten zerrütteten Verhältnis zwischen Hertha und den organisierten Fans eine neue Eskalationsstufe droht.

Die Ultraszene pflegt ihre eigenen Rituale. Die kultische Verehrung des Feuerwerks zählt genauso dazu wie der Fetisch um die Fahne. Das mag vielen albern vorkommen. Mit dem Fahnenverbot aber ist es Hertha auf grandiose Weise gelungen, sich auf genau das Niveau herabzubegeben, das viele an den Ultras nervt: Wenn du mir meine Sandburg kaputt machst, nehm' ich dir dein Förmchen weg.

Deeskalieren heißt nicht einknicken

Muss sich Hertha denn alles gefallen lassen? Soll der Klub es einfach hinnehmen, dass er für die Vorfälle in Dortmund wieder ordentlich blechen muss? Gelten Regeln und Gesetze etwa nicht für Ultras? Alles richtig. Aber Gegenfrage: Soll das jetzt ewig so weiter gehen? Kann man auf Irrationalität nur mit Irrationalität reagieren? Und muss man sich wirklich auf dieses Machtspielchen einlassen: Wer hat den längeren – Atem? Wohin das führt, hat man bei Hannover 96 gesehen.

Deeskalieren heißt nicht: vor dem anderen einknicken. Es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern, im Gegenteil, von Stärke. Weil Deeskalation voraussetzt, dass man sich mit dem anderen und dessen Position auseinandersetzt, mag man sie auch für noch so hirnrissig halten. Man kann wieder und wieder argumentieren, dass Pyrotechnik in einem vollen Stadion aus gutem Grund verboten ist. Die Ultras wird man damit nicht erreichen – weil ihnen Pyrotechnik längst zum Symbol ihres Widerstands geworden ist.

Das betrifft nicht nur Hertha, sondern den ganzen deutschen Fußball. Deshalb ist der Umgang mit den Ultras auch kein Thema allein für Hertha, sondern für den ganzen deutschen Fußball. Der DFB muss den Dialog wieder aufnehmen, auch und gerade über Pyrotechnik. Man kann das für Symbolpolitik halten. Eine Lösung in dieser Frage, eine kontrollierte Legalisierung, aber hätte Folgen, die real und sehr konkret wären.

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