zum Hauptinhalt
Herthas Fans protestieren gegen die Pläne der Politik.

© imago/Matthias Koch/IMAGO/Sebastian Räppold/Matthias Koch

Hertha BSC unterstützt den Protest der Kurven : „Wir wissen, was wir an unseren Fans haben“

An diesem und am nächsten Wochenende protestieren die aktiven Fans gegen die Pläne der Politik. Um zu zeigen, wie es ohne sie wäre, schweigen sie in den ersten zwölf Minuten.

Stand:

Das Banner mit weißer Schrift auf schwarzem Grund zog sich über die gesamte Breite das Oberrangs in der Ostkurve des Berliner Olympiastadion. „Populisten legen die Axt an“, stand darauf. Im Unterrang wurde derweil das riesige Konterfei von drei düsteren Männern präsentiert.

Zu sehen waren der Bundesinnenminister Alexander Dobrindt in der Mitte, und zu seinen Seiten Hendrik Große Lefert, der Sicherheitsbeauftragte des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), sowie Hamburgs Innensenator Andy Grote. Alle drei hielten eine Axt in der Hand.

Jeder einzelne Verein weiß, dass er auf seine Fans angewiesen ist und sich dafür auch einsetzt.

Herthas Geschäftsführer Peter Görlich

Die düstere Choreografie zu Beginn des Zweitligaspiels zwischen Hertha BSC und Eintracht Braunschweig am Freitagabend war Teil des konzertierten Protests, mit dem sich die aktiven Fans an diesem und am kommenden Wochenende gegen die Pläne der Innenminister aus Bund und Ländern wenden.

Sie fürchten weitere Repressionen von Seiten der Politik und sehen durch die geplanten Maßnahmen die Fußballkultur in Gefahr – vor allem wenn die Ideen beim Thema Stadionverbot umgesetzt werden. Nach den Plänen der Innenpolitiker soll künftig schon die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zwingend ein dreimonatiges Stadionverbot nach sich ziehen.

Nach der Fan-Demonstration am vergangenen Sonntag in Leipzig wird an diesem Wochenende in allen deutschen Fußballstadien zwölf Minuten lang von den aktiven Fans geschwiegen. So war es auch am Freitagabend im Berliner Olympiastadion.

„Es war schon eine madige Stimmung im Stadion“, sagte Herthas Trainer Stefan Leitl. Seinem Braunschweiger Kollegen Heiner Backhaus kam es vor „wie zu Corona-Zeiten“. Als die Stadionuhr auf 12:01 Minuten sprang, setzte die Unterstützung auf beiden Seiten wieder ein.

„Soll das die Zukunft des Fußballs sein?“, fragten Herthas Fans parallel zu ihrem Stimmungsboykott auf einem Spruchband. „Vereine wehrt euch für eure Fans!“ Man sollte dieses Anliegen ernst nehmen, sagte Braunschweigs Trainer Backhaus.

Peter Görlich, Herthas Geschäftsführer, äußerte ebenfalls Verständnis für den Protest. „In der Demokratie ist das letzte Wort nie gesprochen“, sagte er. „Also dürfen die Fans sich auch artikulieren, solange es respektvoll abläuft. Sie haben Kritik geübt, das dürfen sie.“

Die Fans beklagen die Intransparenz

Beim Spiel zwischen Hertha BSC und der Eintracht war neben DFB-Präsident Bernd Neuendorf auch Berlins Innensenatorin Iris Spranger im Stadion. Mit denen habe man sich intensiv ausgetauscht, berichtete Görlich. „Wir arbeiten sehr intensiv daran, dass wir unseren Einfluss geltend machen können“, sagte Herthas Geschäftsführer. „Wir nutzen unsere Netzwerke. Wir sind in engem Austausch mit unseren Kollegen im Ligaverband und mit den DFL-Kollegen.“

Vom 3. bis zum 5. Dezember tagt die Innenministerkonferenz (IMK) in Bremen. Dann schon sollen die Maßnahmen beschlossen werden. Die organisierten Fans werfen der Politik vor, dass sie ihre Pläne weitgehend im Verborgenen vorbereitet habe. Was genau geplant ist, ist bisher unter Verschluss. Auch das kritisieren die Fans.

Gerade bei der geplanten Verschärfung der Stadionverbotsrichtlinien setzen die Anhänger auf die Unterstützung der Klubs. Denn die müssten die neuen Richtlinien umsetzen.

„Die Äußerungen der IMK und die geplanten Änderungen zerstören nicht nur freie Fankultur, sondern greifen auch massiv und unbegründet in die Vereinsstrukturen ein“, heißt es in einer Mitteilung der Fanszenen. „Die jahrelange gute Arbeit der Vereine und ihrer Partner wird ohne tatsächlichen Anlass mit Füßen getreten, das Erlebnis Stadionbesuch durch Unwahrheiten und egoistische Politiker massiv in seinem Ruf geschädigt.“

In einem Statement, das Hertha am Tag nach dem Spiel veröffentlichte, widersprach Geschäftsführer Görlich dem Eindruck, der zuletzt aus der Politik erweckt wurde. „Wir haben sichere Stadien“, sagte er. Auch die Fanvertreter haben immer wieder darauf hingewiesen, dass die von den Sicherheitsbehörden selbst erhobenen Daten keine Verschlimmerung der Zustände belegten. Im Gegenteil.

„Jeder einzelne Verein weiß, dass er auf seine Fans angewiesen ist und sich dafür auch einsetzt“, sagte Görlich. Hertha werde sich „tatsächlich dahingehend positionieren, dass wir Fußballkultur in der eigentlichen Form beibehalten wollen“. Denn: „In den ersten zwölf Minuten haben wir erlebt, was wir nicht wollen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })