Leverkusen - Hertha 3:3: Hertha holt einen Punkt in Leverkusen
Zu früh gefreut. Hertha kämpft sich nach einem Rückstand gegen Leverkusen zurück, geht in Führung und muss kurz vor Schluss das 3:3 hinnehmen.
Die Bayarena ist für die Fans von Hertha BSC ein Ort des Schreckens, seitdem dort vor zwei Jahren der Abstieg ihrer Mannschaft aus der Bundesliga besiegelt wurde. Am Samstag erlebten die Zuschauer im Stadion von Bayer Leverkusen einen kaum weniger emotionalen Nachmittag. Kurz nach der Pause führten die Gastgeber 2:0, Hertha sah wie der sichere Verlierer aus, doch die Mannschaft steckte nicht auf. Sie verkürzte auf 1:2, ging in Unterzahl 3:2 in Führung und kassierte dann gut fünf Minuten vor Schluss durch Stefan Kießling doch noch den Ausgleich zum 3:3-Endstand. Die 29.704 Zuschauer erlebten ein wahnwitziges Spiel, in dem die Berliner sich eigentlich als moralischer Sieger fühlen durften. Aber moralische Siege bringen einen im Abstiegskampf nicht richtig voran.
Die Berliner begannen wie erwartet mit Peter Niemeyer für den verletzten Roman Hubnik in der Innenverteidigung, Fanol Perdedaj rückte an seiner Stelle ins Mittelfeld. Trotz der ungewohnten Besetzung stand Herthas Defensive anfangs ähnlich sicher wie vor einer Woche beim 0:0 in Mönchengladbach. Beide Viererketten verschoben gut und machten die Räume eng, so dass die Leverkusener mit ihrem trägen Spiel kaum eine Lücke fanden. Nach einem Freistoß von Gonzalo Castro stand Bayers Innenverteidiger Manuel Friedrich völlig frei im Berliner Strafraum, er erwischte den Ball allerdings nicht. Nach einer Viertelstunde rettete Felix Bastians gerade noch vor Simon Rolfes, den Michael Ortega nach einem Solo freigespielt hatte.
Die Zuschauer in der Bayarena verloren bereits die Geduld - es war das Beste, was Hertha passieren konnte. Die Leverkusener riskierten etwas mehr, um ihr Publikum zu besänftigen und eröffneten ihrem Gegner damit Raum zum Kontern. Die Berliner, bis dahin in der Offensive ziemlich unbedarft, hatten in der Schlussphase der ersten Hälfte zumindest zwei ansehnliche Möglichkeiten. Beide vergab Änis Ben-Hatira. Bei der ersten stocherte er eine abgefälschte Hereingabe am Tor vorbei, ein paar Minuten darauf brachte der Deutsch-Tunesier aus der Drehung nur einen Hoppelball zustande, mit dem Bayers Torhüter Bernd Leno keine Mühe hatte.
Leverkusen fand vor der Pause nie richtig ins Spiel; von dem neuen Schwung durch den Trainerwechsel war nichts zu sehen. Der Tiefpunkt war ein Freistoßtrick, der damit endete, dass Michael Kadlec den Ball mit viel zu viel Wucht ins Toraus spielte. Trotzdem hieß es zur Pause 1:0 für die Gastgeber - weil sich Herthas Viererkette eine Minute vor der Pause einmal auseinander reißen ließ. Christian Lell stand zu weit weg vom bis dahin glücklosen André Schürrle. Der Nationalspieler legte sich den Ball am linken Strafraumeck auf den rechten Fuß und überwand Thomas Kraft mit einem Schlenzer genau unter die Latte zum 1:0.
Dem Tor direkt vor der Pause ließen die Leverkusener eins direkt nach dem Wiederanpfiff folgen. Stefan Kießling startete mangels Abspielmöglichkeiten ein Solo in Herthas Strafraum, ließ Niemeyer stehen, danach Christian Lell und Niemeyer gleich noch ein zweites Mal, ehe er den Ball zum 2:0 ins Tor trat. Dass Kießling an diesem Nachmittag ein Tor erzielen würde, hätte man sich fast denken können. Der Leverkusener hatte bisher gegen jeden der aktuellen Bundesligisten getroffen, nur gegen die Berliner nicht.
Herthas Trainer Otto Rehhagel brachte nach dem 0:2 mit Torun und Lasogga zwei neue Offensivkräfte - und seine Mannschaft steckte trotz der Nackenschläge nicht auf, hatte durch Ramos und Bastians gute Chancen auf den Anschlusstreffer, vergab sie, und kam schließlich durch Pierre-Michel Lasogga doch noch auf 1:2 heran. Der frühere Leverkusener traf nach einer Flanke von Lell zum 1:2. Aber die Berliner wurden weiter hart getroffen. Nur zwei Minuten später entschied Schiedsrichter Michael Weiner auf Elfmeter für Bayer. Lewan Kobiaschwili soll Eren Derdiyok festgehalten haben, eine strittige Entscheidung, die zudem noch die Rote Karte für Herthas Kapitän nach sich zog. Doch Kraft lenkte den Elfmeter von Rolfes an den Pfosten, Derdiyok trat den Ball am Tor vorbei.
Die Berliner zeigten nun eine bewundernswerte Moral gegen erstaunlich naive Leverkusener, die sich im eigenen Stadion bei Überzahl auskontern ließen. Nach einer Hereingabe von Nikita Rukavytsya traf Torun zum verdienten Ausgleich, kurz darauf brachte der türkische Nationalspieler die Berliner nach einem Konter sogar mit 3:2 in Führung. In der Berliner Coachingzone brach kurzzeitig der Wahnsinn aus. Ein bisschen zu früh.