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Sport: Hitzig, giftig, hektisch

Schalke 04 fällt beim 1:3 auf den neuen Hamburger Erfolgsstil herein und lässt sich zu harten Fouls hinreißen

Hamburg. Der Rudi Assauer sei ein alter Fuchs, hatte Trainer Kurt Jara vom Hamburger SV vor dem Spiel erzählt: „Der weiß genau, was er tut und sagt.“ Gemeint war das fortwährende Lamento des Managers von Schalke 04 über eine Art Verschwörung der Schiedsrichter-Innung gegen seinen Verein. Jara vermutete hingegen, der Kollege wolle auf diesem Weg günstige Entscheidungen herbeizwingen.

Der Erfolg dieser angeblich cleveren Strategie war am Samstagabend zu besichtigen: 1:3 in Hamburg verloren, dazu den begehrten Rang vier an den Gegner, und zwei Spieler durch Platzverweis eingebüßt. Schalkes Torwart Frank Rost hatte den Erklärungen seines Vorgesetzten gut zugehört. „Man sagt immer, Fehlentscheidungen würden sich im Lauf einer Saison ausgleichen. Bei uns gleicht sich gar nichts aus.“

Ob Assauer weiß, was er mit seiner Schiedsrichter-Schelte anrichtet, darf bezweifelt werden. Denn die Auswirkungen sind fatal. Die Spieler erhalten eine Ausrede, indem sie einfach ihren Manager wiederholen. Und womöglich trägt der Glaube an die Verschwörungstheorie sogar dazu bei, in hektischen Situationen die Fassung zu verlieren. An den Hinausstellungen für Poulsen (Gelb-Rot) und Matellan (Rot) gab es jedenfalls nichts zu deuteln, wie auch Assauer nach Ansicht der Fernsehbilder zugeben musste. Beide hatten die Kontrolle verloren und sich zu Unsportlichkeiten hinreißen lassen. „Durch diese Disziplinlosigkeiten haben wir uns selbst um den Lohn gebracht“, sagte Trainer Frank Neubarth, der bei Fans und Funktionäre inzwischen umstritten ist.

Das Endergebnis beinhaltete eine bittere Erkenntnis, denn tatsächlich war Schalke 04 vor 55 432 Zuschauern in der ausverkauften Hamburger Arena bis zum zweiten Platzverweis beim Stand von 1:1 die bessere Mannschaft. Van Hoogdalem hatte die Hamburger Führung durch Romeo ausgeglichen, und was die ersatzgeschwächte Schalker Mannschaft um den starken Regisseur Gustavo Varela bis in die Schlussminuten bot, war eine ihren besten Saisonleistungen. In der Schlussphase, als elf Hamburger gegen neun Schalker spielten, trafen Takahara und wieder Romeo.

„Das hätten wir unter normalen Umständen nie und nimmer verloren“, sagte Aussauer. Die Umstände wurden allerdings aus eigenem Verschulden weniger normal: Schalke ließ sich in eine taktische Falle locken, die der Hamburger SV regelmäßig auslegt. Dieser Trick dürfte das Geheimnis des anhaltenden Hamburger Erfolges sein. Fast immer nämlich wird es hitzig und giftig und hektisch, wenn der HSV spielt. In der Regel ist es aber Gegner, der dabei den Überblick und manchen Spieler verliert.

„Intensiv“ nennt Trainer Jara diesen Stil, der auf Härte, Kondition und sehr handfesten Duellen beruht; dafür hat der HSV Spezialisten wie Hollerbach, Ujfalusi und auch Barbarez. Das kann - wie in diesem Fall - eine spielerische Unterlegenheit durchaus wettmachen. Wenn der Gegner sich denn hineinziehen lässt in den sorgfältig provozierten Schlagabtausch. Schalke tat es, zog den Kürzeren und klagte anschließend weiter über Schicksal und Schiedsrichter. Allen voran Assauer. Wenn dahinter ein vernünftiger Plan steht, müsste er ihn bei Gelegenheit mal erklären.

Raim, Witkop

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