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Sport: „Im humanen Bereich“

DSV-Präsident Alfons Hörmann über zu viel Wintersport im Fernsehen und die Rechtefrage

Stand:

Seit November hat das öffentlich-rechtliche Fernsehen an jedem Wochenende Wintersport live übertragen, allein die ARD sendete 119 Stunden. Wird das nicht allmählich zu viel?

Ich meine nicht, dass wir eine Übersättigung haben. Wenn man das vergleicht mit Fußball, sind wir immer noch im humanen Bereich. Ich glaube auch, dass wir uns als Verband nicht so viele Gedanken darüber machen müssen, weil die Medien ein sehr feines Gespür entwickelt haben für Zuschauerinteresse und wirtschaftliche Zusammenhänge. Wenn kein Interesse mehr da wäre, würde auch die Berichterstattung aufhören.

Wie haben sich die Zuschauerzahlen entwickelt?

Die Einschaltquoten, die mir vorliegen, deuten darauf hin, dass das Interesse nach wie vor sehr groß ist. Biathlon hat sogar die Champions League im Fußball übertroffen, wenn man die gesehenen Stunden ins Verhältnis zur Zuschauerzahl setzt. Die besten Skisprungveranstaltungen liegen im Bereich von vier oder fünf Millionen Zuschauern. Aber man muss sicher auch feinfühlig rangehen und sich die Frage stellen, wie man die Wettbewerbe weiterentwickeln kann.

Ist diese Frage auch Teil der Verhandlungen über einen neuen Fernsehvertrag?

Wir sind da erst in der Ausschreibungsphase. Die denkbaren Partner sind mit den Unterlagen versorgt. In den kommenden Tagen läuft die erste Angebotsfrist aus. Danach werden wir entscheiden, mit wem wir Gespräche führen.

Werden Sie die Rechte für einzelne Sportarten wie Biathlon oder Skispringen einzeln anbieten oder als Paket verkaufen?

Jeder hat die freie Wahl, das anzubieten, was er gerne hätte. Es gibt mehr als zehn Kandidaten, die genaue Zahl weiß ich gar nicht. Ich bin gerne bereit, die Rechte an eine der professionellen weltweit tätigen Agenturen zu geben, die die Rechte dann weiterverkaufen. Wir müssen nicht auf direktem Weg mit den Medienpartnern verhandeln.

Für wie lange bieten Sie die Rechte an?

Es sind jetzt erst mal drei bis fünf Jahre in der Diskussion, aber auch in diesem Punkt sind wir flexibel.

Bisher haben RTL und die öffentlich-rechtlichen Sender übertragen. Spielt es bei der Rechtevergabe eine Rolle, wenn sich ein Fernsehpartner im Wintersport bewährt hat?

Das ist sicher ein Kriterium, das man miteinbeziehen muss, aber es ist nicht das entscheidende. Für uns ist entscheidend, wer bereit ist, ein vernünftiges Preis-Leistungs-Spektrum zu bieten.

In der Zeit von Sven Hannawald erhielt der Verband von RTL 70 Millionen Euro für fünf Jahre. Diese Summe dürften Sie für das Skispringen wohl nicht mehr erhalten.

Wie kommen Sie zu dieser Feststellung?

Weil RTL bereits geäußert hat, dass der Sender diese Summe für das Skispringen nicht mehr bezahlen wolle.

Da gibt es andere Aussagen, beispielsweise vom Internationalen Skiverband, dass der Sender diese Summen auch bezahlen würde. Ich warne davor, jede Äußerung für bare Münze zu nehmen. Was am Ende bezahlt wird, wird der Markt zeigen. Wir haben sehr positive Signale.

Wann entscheidet sich der Skiverband?

Ich denke, dass es mindestens zwei bis drei Wochen dauert, bis die Angebote eingetroffen und gesichtet sind.

Was können Sie den Sendern sportlich bieten?

Im nordischen Bereich und im Biathlon haben wir in dieser Saison Ergebnisse der Superlative erzielt. Mit 21 Medaillen bei Weltmeisterschaften in olympischen Disziplinen sind wir auf dem besten Niveau, was es je gab. Wir haben im Langlaufen den Gesamtweltcupsieger und Tour-de-Ski-Sieger, wir haben die beiden Gesamtweltcupsieger im Biathlon, haben Sportler des Jahres und Juniorsportler des Jahres. Bei den Skispringern kam Pech dazu, die Verletzungen von Neumayer und Uhrmann kann man nicht kompensieren. Im Alpinen haben wir noch eine schwierige Situation, bei den Herren wird die Durststrecke andauern, da braucht man nichts schönreden. Insgesamt aber passt die Gesamtbilanz.

Ist Deutschland eine Wintersportnation?

Alle Ergebnisse bei den Olympischen Spielen und in dieser Saison haben das eindrucksvoll bestätigt.

Das Gespräch führte Benedikt Voigt.

Alfons Hörmann, 46, aus Sulzberg (Allgäu) ist seit 2005 Präsident des Deutschen Skiverbandes. Vorher führte der Unternehmer drei Jahre lang den Bayerischen Skiverband.

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