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Kamerabilder bei Olympia: Wenn es im Fernsehen zu viel Tränen werden
Die Auswahl an Bildern und Streams von den Wettkämpfen ist enorm. Doch nicht alle zeigen gute oder überhaupt nur sportliche Ausschnitte. Den Athleten gegenüber ist das unsensibel.

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Es sind emotionale Bilder, die seit Wochen in den Medien kursieren. Von Sportler:innen, die endlich ihre ersehnte Medaille gewonnen haben, wie Isabel Gose. Die deutsche Schwimmerin konnte die Tränen nicht zurückhalten vor Glück, als sie das runde Stück Bronze in der Hand hielt.
Aber glückliche Gewinner bedeuten auch immer geplatzte Träume für die Verlierer. Das gehört dazu, und weckt mindestens genauso Emotionen bei den Zuschauenden wie die Siegermomente. Aber wie oft muss eine Kamera eine Person zeigen, für die gerade eine Welt zusammengebrochen ist?
Bei allen Emotionen, die die Menschen sehen wollen, muss das sein?
Am Freitag etwa war das Finale der Frauen im Trampolinturnen. Bryony Page aus Großbritannien ersprang sich den ersten Platz. Die Olympiasiegerin aus Tokio, Xueying Zhu aus China, erreichte nur den vierten Platz.
Schon bevor alle acht Finalistinnen gesprungen waren, war für die Olympiasiegerin von Tokio, Xueying Zhu aus China, klar, dass sie keine Medaille holen würde. Fast direkt nach ihrem Sprung flossen bereits die Tränen.
Während die restlichen Finalistinnen sprangen, schwenkte die Kamera immer wieder zurück auf Zhu, um zu zeigen, dass sie immer noch weint. Eine andere Turnerin hatte sich sogar eine Kapuze übergestülpt, um sich zu verstecken.
Beim dritten Schwenk auf sie wusste auch die Kommentatorin nichts anderes als erneut zu sagen, dass bei ihr die Tränen fließen. Bei allen Emotionen im Sport, die die Menschen auch sehen wollen, muss das sein?
Doch auch andere Kameraeinstellungen werfen Fragen auf. Im Beachvolleyball zeigen sie all ihre technischen Möglichkeiten: Eine Kamera ist oben an der Netzkante montiert. Eine andere zeigt, wie die Spieler:innen am Netz im Sprung einfrieren und dreht das gesamte Spielfeld um fast 180 Grad. Das sieht schnittig aus – bringt den Zuschauenden aber leider nichts.
Nicht nur die Replays sind ungünstig gewählt
War der Ball nun aus, den der Schwede David Åhman gegen die Kataris Cherif Younousse Samba und Ahmed Tijan Janko Richtung Grundlinie geschlagen hatte? Unklar. Immerhin gibt es im TV-Wiederholungen. Åhman holt langsam am Netz aus, der Ball fliegt am Block vorbei in die hintere Hälfte – und kurz vor der Linie wieder aus dem linken unteren Fernsehrand. Am Ende informiert der Kommentator über den Ausgang des Ballwechsels.
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Doch nicht nur die Replays waren teilweise ungünstig gewählt. Oft fehlten sie komplett und zeigten stattdessen jubelnde Fans, essende Fans oder einfach nur sitzende Fans. „Ich würde lieber Bilder sehen von ihm auf der Bank sitzend als permanent Fans“, sagte etwa ZDF-Mann Aris Donzelli während der Live-Übertragung von Alexander Zverevs Sieg gegen den Tschechen Tomas Machac.
Mit der Kritik ist Donzelli nicht allein: Fans wie Kommentatoren beschweren sich schon seit Tagen, dass öfter Zuschauer gezeigt werden – statt Sportler, wichtige Szenen oder Zeitlupen von spannenden Momenten.
Dafür sind jedoch nicht ARD und ZDF verantwortlich. Sie zeigen, wie die Sender in aller Welt, nur das Signal, das für das Internationale Olympische Komitee (IOC) vom OBS produziert wird.
Nach der Kritik wolle sich das Produktionsteam nun „vorrangig auf die Athleten und die Schlüsselmomente des Sportgeschehens konzentrieren“, kündigte das IOC am Freitag an.
Etwas Erstaunliches zeigt die Kritik allerdings auch. Die Zuschauenden wollen lieber die Athlet:innen kämpfen sehen und interessieren sich mehr für die sportlichen Momente, als den boulevardesken Trubel außen rum.
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